Wer ist fanatischer? iFans oder Pinguine?

Die Pawlowschen Hunde des Internets zerreißen sich nur zu gerne das Maul. Im Kampf gegen die Feinde Jehovas ist nämlich jedes Mittel geheiligt. Ein Leidartikel.

Weitere Fanatiker, die an dieser Stelle auf keinen Fall unerwähnt bleiben dürfen, sind die Killer-Kunden. Oder das Killer-Kommando, wie sie von mir liebevoll genannt wurden. Als der verdiente und langjährige Kolumnist von silicon.de Achim Killer im vergangenen Spätsommer seine Tätigkeit einstellte und durch ein literarisches IT-Quartett (wieder unter Beteiligung des als Ketzer längst entlarvten Hermann Gfaller) mit der Bezeichnung “sillycom” ersetzt wurde, begann eine wochen- ja monatelange Beschimpfungsorgie. Die Kommentatoren “forderten” mit dem ihnen gottgegeben Recht als Nutzer eines für sie kostenfreien Portals die Wiederaufnahme der Tätigkeit ihres Gottes und die Verbannung der neuen, vermeintlichen Stümper in den hintersten sibirischen Gulag. Was dem Chefredakteur am besten zustoßen sollte, wollen wir hier aus Gründen des Jugendschutzes nicht ausbreiten.

Was uns zu einem weiteren Phänomen des interaktiven Internet bringt: den sich selbst verstärkende Mob. Merke: Setzt ein Kommentator einen Haufen unter einen Artikel, setzen viele andere noch weitere, gerne größere darauf. Der eine schimpft, der nächste droht und der dritte holt die Mini-Nuke aus der Hosentasche. Garantiert und immer wieder mit Freude gesehen.

Das Killer-Kommando war es auch, das nur zu gerne die “Maximalkeule” zückte. Mangels anderer Mittel – Beschimpfung und Aufruf zur physischen Gewalt sind bereits ausgeschöpft – wird im Falle der Maximalkeule mit dem Abmelden des Newsletters beziehungsweise dem Einstellen des Seitenaufrufs und damit der Lektüre gedroht. Sie sei praktisch längstens vollzogen, Reaktionen auf diesen Kommentar seien mithin nutzlos. Man sei quasi verreist ohne Rückfahrschein und lasse den Ketzer nun zurück in seinem einsamen Elend.

Im Falle der Killer-Kommandos wurde zu dieser äußersten Waffe in hunderten Fällen gegriffen. Tatsächlich aber hatten sich von den damals knapp 100.000 zufriedenen Newsletter-Abonnenten nicht einmal 80 verabschiedet. Ein Blick in die Statistik rückt die Perspektiven schnell wieder gerade.

Auch Interessant: Aggressivität und Intoleranz findet sich nur zu gerne unter den Jüngern vermeintlich friedlicher Religionen, die eine bessere Zukunft für die Menschheit auf ihre Fahnen geschrieben haben. Streng genommen also jede Religion und jede Ideologie. Erkennen lässt sich das bekanntlich leicht durch ein “-ismus” am Schluss. In unserem konkreten Falle steht auf der Fahne der Fanatiker: “Besseres Leben durch bessere IT”. Letztere wird wahlweise definiert durch Quelloffenheit (Linuxismus bzw. Limus und Open-Sourcemus), durch weltweit hohe Verbreitung (Windismus/Microsoftismus) oder durch vermeintlich einfache Benutzerführung (Apfelmus). Zur Not tut’s auch eine politisch gefärbte Betrachtung zum Wochenausklang, womit wir beim Sozialismus wären. Das war übrigens Sarkasmus.

Gleich kennzeichnend ist ihnen die Humorlosigkeit und hirnbefreite Aggressivität. Sie finden sich auch bei überzeugten Trotzkisten, Anhängern diverser Führer, aber auch bei langjährigen Öko-Aktivisten. Glauben Sie nicht? Gehen Sie mal auf einen Parteitag der Grünen und lassen die Bemerkung fallen: “Mistwetter. Also das mit der Erderwärmung war ja wohl nix”. Wahlweise können Sie auch das Ausbleiben des Waldsterbens oder des atomaren Weltkrieges bekritteln. Wurde einem schließlich auch alles versprochen! Echt, ich war dabei!