SAP-Ökologen im Regen

Der freie Journalist Hermann Gfaller war für silicon.de in Frankfurt auf der Sapphire von SAP. Ein Kommentar.

Auf der diesjährigen Sapphire wurde das Zeitalter des Echtzeitcomputings ausgerufen. Das geschieht übrigens bereits zum zweiten Mal, denn schon das “R” im Client-Server-Programm-Paket R/3 hat einst Realtime versprochen – wenn auch nie gehalten. Nun soll In-Memory-Technik diesen Quantensprung ermöglichen und Manager rund um die Welt und auf jedem Device (sprich Handy) jederzeit mit Echtzeitdaten versorgen. Da aber selbst Mini-Apps für ERP-Aufgaben auf Handys etwas zu umständlich sind, stolzierten SAP-Manager auf ihrer Hausmesse stolzgeschwellt mit Apples iPad herum. Mobilität, so ihr Glaubenssatz, ist – spätestens seit dem Zukauf von Sybase – die unumkehrbare Zukunft.

Gleichzeitig präsentierte sich die SAP als nachhaltiges Unternehmen, wobei nicht nur – wie bei der Deutschen Bank – nachhaltige Gewinnsteigerungen gemeint waren, sondern tatsächlich das grüne Unternehmen. Medial vorbereitet wurde diese Ausrichtung durch Pressinformationen, in denen sich die SAP dafür lobt, es in den Lenkungsausschuss des Sustainability Konsortiums in den USA geschafft zu haben – wo über Ökologie nachgedacht wird. Für Jedermann augenfällig machten die Sapphire-Organisatoren das Öko-Engagement, dadurch, dass sie die Besucher nicht mit Diesel-Shuttles zur Messe karrten, sondern ihnen U- und S-Bahn zumuteten (oder Taxis, schließlich soll der feine Anzug nicht nass werden). Damit auch den derart chauffierten Herren und Damen das Öko-Engagement nicht entgeht, ließ sich das Unternehmen in einer Keynote von Ex-Vizepräsident Al Gore loben, der für diesen Auftritt immerhin die Entschuldigung hat, dass er dort ein Konzernpublikum vorfand, das er bitten konnte, bei der Rettung der Erde Führungsqualitäten zu zeigen.

Auch die forcierte Mobilitätsstrategie wurde als ökologisch angepriesen. Schließlich könne man auf Flüge verzichten, wen man überall auf der Welt auf seine SAP-Anwendungen zugreifen und daheim gebliebenen Kollegen ins Handwerk pfuschen kann. Das Top-Management selbst jedoch flog in den drei Messetagen zwischen Orlando und Frankfurt hin und her, um an beiden Orten physisch präsent sein zu können. Und auch sonst überzeugt das mobile Ökoargument wenig. Schließlich verbraucht Mobilfunktechnik in rauen Mengen Energie (insbesondere die Sendemasten) und angesichts der kurzen Innovationszyklen landen mobile Geräte massenweise auf dem Müll.