Streit um Datenschutz für Arbeitnehmer

Löscht ein Mitarbeiter Daten wie etwa Termine, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Lidl überwachte Arbeitnehmer per Video, die Telekom durchforschte Telefondaten von Aufsichtsräten nach “undichten Stellen” und die Bahn ließ Kontodaten von Mitarbeitern nach Hinweisen auf Korruption durchsuchen. Nach den Datenschutz-Skandalen der jüngsten Zeit hat sich in der Politik die Überzeugung durchgesetzt, dass die Daten der Arbeitnehmer durch ein Gesetz geschützt werden müssen. Ein erster Entwurf hat Streit ausgelöst.

Zweck des Datenschutzes müsse es sein, den Einzelnen davor zu bewahren, dass durch den Missbrauch seiner Daten sein grundgesetzlich geschütztes Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. “Dieses Ziel verfehlt der Referentenentwurf komplett”, so Herzberg. Offensichtlich stünden die Interessen der Unternehmen an der Korruptionsbekämpfung und an der Einhaltung von Compliance-Anforderungen im Mittelpunkt.

Besonders bedenklich sei, dass Arbeitnehmer dem Entwurf zufolge Kontrolle und Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte hinnehmen müssten. So sollten die Überprüfungen durch Arbeitgeber auch Vermögensverhältnisse, Gesundheit oder frei zugängliche Daten im Internet ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts umfassen. Ganz offensichtlich orientierten sich Datenverarbeitung und Nutzung im Beschäftigungsverhältnis allein an der Verhinderung oder Aufdeckung von vermeintlichen Vertragsverletzungen oder Straftaten.

Dies betreffe etwa die geplanten Videoüberwachungen ohne Kontrolle durch betriebliche Interessenvertretungen oder Datenschutzbeauftragte. “Der Arbeitgeber wird durch diese Regelung zu einer Betriebspolizei, die selbst ermittelt und zur Betriebsstaatsanwaltschaft, die selbst Anklagen erhebt”, sagte Herzberg. “Die geplanten Regelungen greifen in die Rechte der Beschäftigten in möglicherweise verfassungsrechtlich bedenklicher Weise ein.”

Nach Meinung des Deutschen AnwaltVerein e.V. steht der Beschäftigtendatenschutz “im Spagat zwischen Persönlichkeitsschutz und Compliance”. Der Verein wies darauf hin, dass der Datenschutz der Arbeitnehmer bereits im Bewerbungsverfahren beginnt, zum Beispiel in Einstellungsinterviews. Der Datenschutz betreffe zudem vielfältige Regelungen im Beschäftigungsverhältnis – etwa Krankheitsdaten, Korruptionsbekämpfung, E-Mail und Internetnutzung – und erfasse auch den Umgang mit den personenbezogenen Daten nach der Vertragsbeendigung. Diese und weitere Fragen müssten in der Diskussion um den Beschäftigtendatenschutz berücksichtigt werden.

Andere Experten forderten derweil, den Arbeitnehmerdatenschutz den Betrieben selbst zu überlassen. “Bei allem Respekt vor dem Gesetzgeber: Das Datenschutzrecht läuft Gefahr, noch unüberschaubarer zu werden. Es sollte sich auf den Rahmen beschränken und mehr Raum für betriebliche Vereinbarungen lassen”, sagte Jochen Dieckmann, ehemaliger Justiz- und Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen und Rechtsanwalt der Bonner Kanzlei Eimer Heuschmid Mehle auf einer Tagung in Bonn.