Interview: Cloud und Realität

“IBM geht davon aus, dass der Markt für Cloud Computing von 2008 bis 2012 jährlich um durchschnittlich 28 Prozent, von 47 Milliarden auf 126 Milliarden Dollar wächst.” – Solche und ähnliche Statements hören wir nun schon seit gut drei Jahren. “Was ist wirklich dran am Hype?”

silicon.de: Sie berichten, dass sich auf der Kundenliste von Amazon prominente Namen finden. Welche Amazon-Dienste werden Ihrer Erfahrung nach am meisten nachgefragt?

Treitz: Es werden große Datenmengen für gemeinsamen Zugriff zwischen Unternehmen bei Amazon gelagert und es wird spontan Rechenkapazität genutzt.

silicon.de: Welche Services werden von deutschsprachigen CIOs zuallererst nachgefragt?

Treitz: Das ist keine Frage der Sprache sondern eine Frage der IT-Organisation. Aus IT-Organisationen mit klassischen Services gibt es ein geringeres Cloud-Bedürfnis. Für mein SAP, für meine Fertigungssteuerung, für mein Hochregallager ist die Cloud nicht unbedingt zwingend. Aber für die Zusammenarbeit zwischen Firmen ist die Nutzung eines “neutralen” Platzes doch viel einfacher als die Schaffung eines Zugangs in die innere Umgebung des Partners. Schnell aufgebaut, einfach integriert und schnell wieder entsorgt. Der zentrale Punkt ist die Geschwindigkeit der Servicebereitstellung in hoher Qualität bei Vermeidung von Fixkosten.

silicon.de: Sehen Sie einen Trend bei der Cloud-Nutzung?

Treitz: Wir sind knapp jenseits des Höhepunkts im Hype-Cycle. Nun kommt die Phase in der die Cloud breit genutzt wird und sich gute und weniger gute Ideen voneinander trennen. Es wird weniger spektakulär – dafür breiter genutzt.

silicon.de: Sie verfügen doch sicherlich über eigene Erfahrungen mit der Cloud? Können Sie darüber berichten?

Treitz: Die positiven Erfahrungen: Ja, wir nutzen Cloud Server für Collaboration mit Partnern. Das ist enorm entspannend, was die Sicherheitsaspekte angeht und kostet weniger, weil alles schnell und zuverlässig aufzubauen ist. Und wir nutzen die Cloud, wenn wir flexibel Rechenkapazität benötigen.

Die negativen Erfahrungen: Auch wir wagen es nicht, sensible Kundendaten in die Cloud zu legen und damit entgeht uns potentieller Nutzen. Und die fehlende Bereitschaft der Anbieter zu kernigen SLAs macht die Cloud für einige andere Nutzungsansätze uninteressant, weil risikobehaftet.

Ein weiterer Punkt sind die unterschiedlichen Preismodelle, die es erforderlich machen sich mit verschiedenen Themen an unterschiedliche Anbieter zu wenden. Wenn Sie z.B. punktuell hohe Ressourcen an Rechenkapazität benötigen, sind Sie bei Amazon gut bedient, wenn sie aber eine Service-Funktion anbieten wollen, die immer erreichbar sein muss, dann bietet 1&1 das bessere Preismodell. Dafür ist hier der Kapazitätsausbau nach oben limitiert.