Trotz Fachkräftemangel: Mehrheit der Bürger gegen mehr Zuwanderung

Die Forderung der deutschen Wirtschaft nach mehr Zuwanderern findet bei den Bundesbürgern nur wenig Zuspruch. “72 Prozent der Bürger plädieren dafür, benötigte Arbeitskräfte verstärkt selbst auszubilden. Nur 26 Prozent möchten daneben auf Arbeitskräfte aus dem Ausland setzen”, schreibt Allensbach-Chefin Renate Köcher in einem Beitrag für die “WirtschaftsWoche”.

Viele Bürger zweifelten daran, dass die viel beklagte Fachkräftelücke tatsächlich ein gravierendes Problem in Deutschland sei. Damit hat sich die Skepsis der Bürger im Zeitverlauf sogar noch verstärkt. Vor zehn Jahren, auf dem Höhepunkt der Greencard-Debatte um IT-Experten aus dem Ausland, glaubten nur 66 Prozent, die Personalprobleme ließen sich allein schon durch Qualifizierung lösen.

Köcher sieht dies kritisch. “Es gibt in Deutschland zweifelsohne unausgeschöpfte Potenziale, die durch Qualifizierungsmaßnahmen und neue Anreize gewonnen werden können. Angesichts der ungünstigen demografischen Entwicklung ist es jedoch problematisch, dass die meisten einseitig auf diesen Weg setzen – und die notwendige Diskussion über qualifizierte Zuwanderung für überflüssig halten”, warnt die Allensbach-Chefin in der WirtschaftsWoche.

Derweil verschärft sich der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft. 34 Prozent der Unternehmen können derzeit freie Stellen nicht besetzen, zeigt eine Umfrage der Wirtschaftsverbände “Die Familienunternehmer-ASU” und “Die Jungen Unternehmer-BJU” ebenfalls für die “WirtschaftsWoche”.

Bei 66 Prozent der freien Stellen seien die Interessenten nicht ausreichend qualifiziert. Für 26 Prozent der vakanten Jobs gebe es überhaupt keine Bewerber. “Der Fachkräftemangel entwickelt sich gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen zu einer gefährlichen Wachstumsbremse”, so die BJU-Vorsitzende Marie-Christine Ostermann.

Immerhin acht Prozent der 450 befragten Unternehmer haben laut Umfrage im ersten Halbjahr 2010 Aufträge ablehnen müssen, weil ihnen geeignetes Personal fehlt. Die wachsende Lücke vor allem bei Ingenieuren, IT-Experten und Naturwissenschaftlern lässt sich laut Ostermann nur noch schließen, wenn die Unternehmen künftig “weltweit anwerben”.

Die Forderung der Unternehmerin an die Politik: Das Mindesteinkommen, das Hochqualifizierte aus Nicht-EU-Staaten nachweisen müssen, um schnell eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, sollte von 65.000 auf 40.000 Euro gesenkt werden.