Deutschlands erste Windows-7-Migration

silicon.de: Ist das denn tatsächlich billiger als eine Volumenlizenz?

Bayerl: Über den Volumenlizenz-Vertrag erwerben sie keine Vollversion, sondern nur ein Update. Man braucht also als Grundlage im Vorfeld ein Betriebssystem. Wir haben 600 PCs gekauft und wenn man 600 Lizenzen kauft, braucht man auch 600 Vorgänger-Versionen. Das bedeutet, sie müssten zum Beispiel den PC mit Windows XP Home kaufen und könnten dann den Rechner auf Windows 7 upgraden. Windows 7 ist auch mit einem Volumenlizenz-Vertrag noch relativ teuer, auch wenn wir durch unsere Zugehörigkeit zum Genossenschaftlichen Verbund wie eine Großbank behandelt werden.

silicon.de: Die OEM-Lizenz ist also günstiger?

Bayerl: Ein Single Upgrade kostet 132 Euro plus Mehrwertsteuer. Und eine OEM-Version kostet 95 Euro. Auf diese 132 Euro kommt ja noch die Lizenz für die Vorgängerversion hinzu. Das heißt man kommt leicht auf über 200 Euro.

silicon.de: Gibt es denn keine anderen Vorteile, wenn man über einen Volumenlizenz-Vertrag einkauft?

Bayerl: Man hat natürlich ein Punktesystem, wo man zum Beispiel Schulungs-Voucher erwerben kann. Aber da muss man realistisch sein, ob man sich durch die Einsparungen bei den Lizenzkäufen diese Schulungen nicht auch leisten könnte.

silicon.de: Welche Windows-7-Version verwenden Sie jetzt?

Bayerl: Wir haben die Business-Version. Denn die Enterprise-Version bekommen sie nur über die Volumenlizenz. Insgesamt sehe ich bei einem Unternehmen unserer Größe auch die Vorteile der Enterprise-Versionen nicht so deutlich. Ich bekomme zwar zum Beispiel eine Festplattenverschlüsselung, aber ich habe keine Management-Konsole für diese Verschlüsselung. Wir haben außerdem mit McAfee schon ein Produkt, das sich auch verwalten lässt und wo wir ein schönes Challenge-Response haben.

silicon.de: Verzeihen Sie mir die Spitzfindigkeit, aber haben sie den Rollout eigentlich mit der OEM-Lizenz gemacht?

Bayerl: Nein, wir haben mit der Volumenlizenz ausgerollt und das ist auch zulässig. Es gibt das so genannte Reimaging-Recht. Das heißt, wenn sie eine Lizenz aus dem Volumenvertrag erwerben, dann dürfen sie damit alle OEM-Rechner mit der Volumenlizenz betanken. Wir haben letztendlich die neuen PCs mit dem OEM-Windows platt gemacht. Dann haben wir ein Image vom Volumen-Betriebssystem gemacht, und das nicht mit dem Key auf dem OEM-Aufkleber, sondern mit dem Lizenz-Key aus unserer Volumenlizenz freigeschalten. So haben wir dann alle 600 PCs ausgerollt.

silicon.de: Warum haben Sie denn nicht gleich die Rechner mit den OEM-Versionen verwendet?

Bayerl: Sonst hat man das Problem, dass man bei jedem Rechner diese Aktivierung machen muss. Bei einer Einzelaktivierung müsste man ja bei jedem Rechner diesen besonderen Key eingeben und sich dann nochmal ins Internet verbinden.

silicon.de: Das fällt aber weg, wenn man die Rechner mit anderen Lizenz-Keys freischaltet?

Bayerl: Man braucht ja den Key-Server und der Klient muss diesen Server alle sechs Monate erreichen können, sonst fällt er aus der Aktivierung. Es heißt nicht, dass ein PC, der einmal aktiviert ist, für immer aktiviert bleibt. Hintergrund ist der, dass ein raubkopierter PC außerhalb des Unternehmens nicht funktionsfähig ist.

silicon.de: Funktionsfähig müssen aber nicht nur die Betriebssysteme sein, sondern auch die Anwendungen. Bei Windows 7 hat Microsoft nach heftiger Anwenderkritik wegen Inkompatibilitäten bei Vista den so genannten XP-Mode eingeführt. Hat dieses Feature bei Ihrem Migrationsprojekt irgendeine Rolle gespielt?

Bayerl: Das klingt zwar verlockend, aber wenn man sich die Sache genauer anschaut, dann ist der XP-Mode nichts weiter als ein zweites Betriebssystem. Der einzige Unterschied ist der, dass ich es über ein Icon starte. Dieses zweite Betriebssystem aber müsste ich auch wieder pflegen. Ich bräuchte zum Beispiel einen eigenen Virenschutz. Letztendlich hätte ich mit dem XP-Mode zwei Umgebungen bekommen.

silicon.de: Dann hätten Sie ja auch gleich auf XP bleiben können…

Bayerl: Eben… Aber unser Ziel war, wirklich alle XP-Rechner auszuschalten. Sonst hätten wir ein Übergangszeit von einem Jahr oder länger. Wir haben uns dann vorgenommen, dass Applikationen, die nicht mit Windows 7 laufen, entweder irgendwie zum Laufen gebracht werden müssen oder durch neue abzulösen sind.

Das ist auch ein psychologisches Problem, denn es liegt dann nahe zu sagen, “dann verwenden wir einfach die alte Applikation weiter”. So kann man aber eine Systemmigration sehr schnell konterkarieren, wenn man sich zu solchen Ausnahmen hinreißen lässt. Man muss den Mut haben, einen Systemwechsel zu machen und den auch komplett durchzuführen.

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Silicon-Redaktion

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  • Gibt ja keine anderen Betriebssysteme ...
    Mit einem beschränkten Windows-Horizont letztendlich die einzige Migrationsmöglichkeit.

  • Risiken und Nebenwirkungen
    Darf man die indiskrete Frage stellen, ob ein Sicherheitsvorfall am 1. Oktober noch auf das Konto des alten oder schon auf das Konto des neuen Systems ging
    ?

  • Risiken
    Danke schön für den Bericht. Einer meinen großen Kunden wird demnächst migrieren und da ist der Artikel für mich als Software Lieferant im HR Bereich sehr, sehr hilfreich

  • Super Beitrag, für alle die demnächst auf Windows 7 migrieren
    Ich finde, dass der Beitrag wirklich toll die Problemstellungen aufzeigt, was an einer Windows 7 Migration wichtig ist zu beachten.

    Applaus.

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