Nokia auf der Suche nach Sonnenschein

Beim kriselnden Mobilfunkkonzern Nokia knirscht es derzeit gewaltig im Gebälk. An diesem Freitag will Konzern-Chef Stephen Elop den ultimativen Plan vorlegen, wie die das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur kommen will. Microsoft, Google und das Silicon Valley könnten eine entscheidende Rolle spielen.

Für Nokia ist es fünf vor zwölf, um doch noch Anschluss an den Smartphone-Markt zu bekommen. Oder wie der neue Konzern-Chef Stephen Elop es kürzlich in einem internen Memo ausgedrückt hat: “Unsere Plattform brennt”.

An diesem Freitag nun wird Elop auf einer Investorenkonferenz in London sprechen und – das gilt unter Branchenbeobachtern als ausgemacht – einen weitreichenden Konzernumbau verkünden. Dazu könnte auch der Abschied von den Betriebssystemen Symbian und MeeGo gehören. Stattdessen steht angeblich ein Wechsel auf die Microsoft-Plattform Windows Phone 7 zur Debatte, schreibt das Wall Street Journal und beruft sich auf Insider.

Daneben gibt es Analysten-Stimmen, die es für möglich halten, dass sich die Finnen dem Google-Betriebssystem Android zuwenden. Wie nicht anders zu erwarten, wollte bislang keiner der drei Konzerne zu den Spekulationen Stellung nehmen.

“Das iPhone erschien 2007, und wir haben noch immer kein Produkt, das ihm annähernd ebenbürtig ist. Android ist keine drei Jahre alt und hat vergangene Woche die Marktführerschaft übernommen. Unglaublich!”, wettert Elop in der nach außen gesickerten internen Mail. Vor weniger als fünf Monaten war er von Microsoft an die Nokia-Spitze gewechselt – und hatte bereits kurz danach größere Veränderungen angekündigt. Auch, das Nokia auf ein externes Betriebssystem wechseln könnte. “Es wird eine riesige Anstrengung, unser Unternehmen zu verändern”, schreibt er nun.

Dazu wird auch ein größeres Stühle-Rücken in der Management-Etage gehören, berichtet das WSJ weiter unter Berufung auf den Insider. Elops Pläne in dieser Beziehung seien so geheim, dass nicht einmal die betroffenen Manager davon wüssten. Sie würden erst kurz vor der Investorenkonferenz in London über ihr Schicksal informiert.

Vor allem die wichtigsten Mitarbeiter um den Ex-Konzernchef Jorma Ollila dürften dieser Tage unruhig schlafen. Fast tatenlos hatten sie zugeschaut, wie die Konkurrenz neue und wichtige Marktsegmente besetzte und die eigenen Marktanteile Stück für Stück schwanden. Zu den Wackelkandidaten gehören Entwicklungschef Kai Öistämö ebenso wie Tero Ojanperä, der für Services und mobile Lösungen verantwortlich ist. Zudem werde für Nordamerika-Chef Mark Louison ein Nachfolger gesucht, heißt es. Auch das wollte Nokia nicht kommentieren.

Vor kurzen haben die Finnen ein neues Forschungszentrum im kalifornischen Sunnyvale eröffnet. In der Nachbarschaft residieren all jene Konzerne, die Nokia zuletzt in rasender Geschwindigkeit den Rang abgelaufen haben. Beobachter gehen davon aus, dass diese Nähe kein Zufall ist. Elop ist der erste Nicht-Finne an der Spitze der einst teuersten Firma Europas. Er hat im Silicon Valley Karriere gemacht und ist, so sagen Weggefährten, überzeugt davon, dass technologische Innovationen in Kalifornien angestoßen werden. Hausintern wird das frisch eingeweihte Nokia-Forschungszentrum in Sunnyvale deshalb bereits als “virtuelle Konzernzentrale” des neuen Chefs bezeichnet.

Derzeit sind sechs der zehn wichtigsten Nokia-Manager Finnen. Elop wird das vermutlich ändern. Jeff Leopold von der Headhunter-Firma Cook Associates warnt vor Schwierigkeiten. Elop müsse behutsam vorgehen, um eine wirklich globale Firmenkultur zu entwickeln – und nicht einen Konzern, der am Ende in Finnen und “Nicht-Finnen” gespalten ist. Zudem könnte es schwierig werden, kreative Köpfe von Apple oder Google abzuwerben. Nokias Ruf ist so gar nicht cool.

Auch von Analystenseite kommt wenig ermutigendes. Befragt nach den Aussichten einer möglichen Partnerschaft mit Microsoft schütteln sie sorgenvoll den Kopf. Es könne Nokia “hunderte Millionen” kosten, ein differenziertes Windows-Gerät zu entwickeln, schreibt Pierre Ferragu, Analyst bei Sanford C. Bernstein & Co, in einem Infoschreiben für Investoren. “Den Markennamen Windows, den die Anwender für Mobiltelefone nicht sehr schätzen, mit der – gerade im High-End böse angeschlagenen – Marke Nokia zusammenzubringen, klingt nach einer potentiellen Katastrophe.”

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