“Potential im Niemandsland zwischen Business und IT”

Die Studie FAME des Kasseler Beratungshauses CTI Consulting beleuchtet das Management von Unternehmensarchitekturen in Deutschland. Demnach steht und fällt der Erfolg von Enterprise Architecture Management mit der Unternehmenskultur, sagt Managing Consultant Dr. Dietmar Gerlach im Gespräch mit silicon.de.

Dr. Gerlach: Sie sollten sehr stark den Nutzen des Architekturmanagements für das Business in den Vordergrund stellen. Derzeit sind insbesondere die Hausaufgaben vieler Unternehmen bei den Geschäftsprozessen nicht gemacht. Man hat hier wenig Transparenz, es gibt keine übergreifende Verantwortlichkeiten, keine End-to-End-Sicht, Probleme im Rahmen von IKS (interne Kontrollsysteme), keine Möglichkeit zur Darstellung von Geschäftsprozesskostenrechnung etc..

EAM kann nicht zuletzt als Brücke zwischen Business und IT wirken. Im Niemandsland zwischen Business und IT schlummern derzeit noch die ungenutzten Potenziale der Unternehmen. Ein funktionierendes EAM kann den CEO nicht zuletzt im Rahmen seiner strategischen Management-Entscheidungen unterstützen (z. B. bei M&A und Carve-Out). Es gibt eine Reihe von Beispielen dafür, dass Unternehmensübernahmen gerade deshalb gescheitert sind, weil IT-Themen von strategischer Bedeutung waren, aber unterschätzt wurden. EAM kann solche Programme planbarer machen und hilft dabei Fehler zu vermeiden.

silicon.de: Wie lange dauert es bis EAM messbare Vorteile bringt?

Dr. Gerlach: Hierbei ist zu unterscheiden, welcher Art die Maßnahmen sind, die ergriffen werden. Ein gelungener Standardisierungsprozesss, der zum Beispiel zu einem IT-Warenkorb führt, kann ein wichtiger erster Schritt zur Hebung von Einkaufspotenzialen sein und zu großen Einsparungen durch Enterprise Agreements mit großen IT-Anbietern führen (ca. 1-2 Jahre). Diese Maßnahme zielt in Richtung erhöhter Effizienz. Maßnahmen, die die Architektur selbst und deren Effektivität oder Agilität erhöhen sollen, sind im Allgemeinen längerfristiger Natur. Dazu benötigt man eher drei bis vier Jahre, bis sich signifikante Verbesserungen einstellen.

silicon.de: Haben Sie auch untersucht, welche EAM-Produkte welcher Hersteller am häufigsten zum Einsatz kommen?

Dr. Gerlach: Im Teilnehmerkreis war das deutsche Produkt planningIT der Firma alfabet häufiger zu finden. Der Teilnehmerkreis (12 deutsche, größtenteils international tätige Unternehmen) lässt hier aber sicherlich noch keine statischen Aussagen zu. Gut gesetzt ist im deutschen Raum auch noch das Werkzeug von Troux. Aber auch Anbieter, die nicht im Gartner Magic Quadrant vertreten sind, wie ADOit von BOC Group machen einen guten Eindruck.

Insgesamt sollte man den Einsatz von EAM Software für den Erfolg einer EAM Initiative aber nicht überbewerten. Hier gilt sicherlich auch, wie ein Studienteilnehmer es ausdrückte: ” A fool with a tool is still a fool…”. Die Bereitstellung von Architekturübersichten für Stakeholder zur Entscheidungsunterstützung ist aber insgesamt schon ein wichtiges Thema in den Unternehmen.

silicon.de: Lässt sich daraus ableiten, welches möglicherweise das Beste ist?

Dr. Gerlach: Ohne hier Namen zu nennen, haben wir festgestellt, dass häufig nicht das Werkzeug mit den umfangreichsten Funktionen zur besten Akzeptanz führt. Die Usablity hingegen spielt gerade bei dezentralen Pflegeprozessen der einzelnen Architekturkomponenten eine große Rolle.
Das Werkzeug sollte auch über eine ihm inhärente Governance verfügen, damit nicht jeder so modellieren kann, wie es ihm gefällt, sondern nach einheitlichen zentralen Vorgaben, damit die einzelnen Modelle auch wieder zusammenpassen. Viele Unternehmen waren zunächst der Meinung das Standard-Metamodell des Produktes unbedingt erweitern zu müssen und sind dann wieder zurückgerudert. Dieser Ausflug hat dann meistens viel Ressourcen und Geld gekostet.

silicon.de: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Gerlach!