Kampf um Venedig

Abseits der Biennale und romatischen Fahren mit schwarzen Gondeln kämpft man mit einem gigantischen Bau gegen die steigenden Fluten der Adria, die dieser einzigartigen Stadt immer mehr zusetzen.

Immer häufiger steht der Markusplatz im Herzen der auf Baumstämmen errichteten Stadt unter Wasser. Als Gründe nennen Experten Ablagerungen am Grund der Lagune, den Ausstoß von Methangas, das die Inseln unterspült, und auch der allgemein steigende Wasserspiegel der Meere. Mehrere Male im Jahr ist daher der Markusplatz überflutet.

Das Mega-Projekt Mose soll die Fluten abwehren. Mit einem ausgeklügelten System von Klappen und Schleusen sollen die Fluten der Adria aus der Lagune gehalten werden. Jedoch ist das auch finanziell äußerst aufwändige Projekt nicht unumstritten, wie das eben bei Bauvorhaben dieser Größenordnung so üblich ist.

Geplant und gebaut wird Mose von einem Konsortium des italienischen Ministerium für Infrastruktur und Transport, dem örtlichen Wasseramt und dem Zusammenschluss mehrerer lokaler Baufirmen, dem Consorzio Venezia Nuova. Ursprünglich sollten die Baumaßnahmen 2014 abgeschlossen werden. Aber weil Italien aufgrund der Schuldenkrise deutliche Einsparungen umsetzen muss, könnte das Projekt jetzt wie auch andere italienische Großprojekte, etwa die Brücke nach Sizilien, vor dem Aus stehen, wie der ORF berichtet. Demnach seien nur etwa 1,4 Milliarden Euro der auf 4,3 Milliarden Euro geschätzten Kosten gesichert. Bei den Planungen war man bislang von einem niedrigeren Wert ausgegangen.

Jetzt plädiere der Stadtrat von Venedig für Alternativen, die den gleichen Nutzen wie Mose bringen sollen, jedoch nur die Hälfte kosten dürften. Auch sei bereits der Regierung in Rom eine Liste mit Alternativen zugegangen, heißt es von der Stadtregierung. Zudem scheint es keine Studien über den Einfluss auf die Natur durch den Bau zu geben.

Jedoch ist Mose eines der Lieblingsprojekte von Silvio Berlusconi und er hatte 2003 selbst den Grundstein gelegt. Es ist seitdem also bereits eine Menge Geld in das Projekt geflossen.

Mose besteht im Wesentlichen aus 78 Klappen, die erst dann ausgefahren werden, wenn die Flut innerhalb der Lagune 110 Zentimeter übersteigt. Diese oszillierenden Klappen sind in insgesamt drei Inlets installiert. 44 dieser Klappen werden um das Lido-Inlet herum gebaut, 29 bei Malamocco und weitere 18 bei Chioggia. “Normalerweise liegen die Barrieren mit Wasser vollgepumpt auf dem Grund des Meeres”, so heißt es in einer Informationsbroschüre des Consorzio Venezia Nuova. “Bei einer Flutvorhersage wird das Wasser über Druckluft aus den Tore gepumpt, die Gates steigen auf und hindern die Fluten daran, in die Lagune zu fließen.” Je nach Höhe der Flut können diese Dämme alle zusammen oder nur einzeln eingesetzt werden. Auf diese Weise sollen selbst Fluten bis zu 3 Meter zurückgehalten werden können. Die höchste bekannte Flut in Venedig brachte im November 1966 1,94 Meter Wasser mit.

Der Schiffverkehr soll jedoch durch diese Gates nicht beeinträchtigt werden. Bei Malamocco wird es eine große Schleuse geben, die selbst große Tanker noch passieren können. An den beiden anderen Inlets wird es auch für kleinere Schiffe Schleusen geben.

Die vielleicht größte Herausforderung beim Bau von Mose ist die Verankerung der Klappen auf dem Meeresgrund. Riesige Betonfundamente müssen die 20 Meter großen Klappen tragen. Um diese Fundamente errichten zu können, wurde bereits ein riesengroßer Pier aufgeschüttet.

Die Fundamente werden auf dem Pier gebaut und dann über ein “Syncrolift” genanntes System in die Nähe der Stellen gebracht, an denen die Fundamente im Wasser stehen. Dank großer Hohlräume schwimmen die Fundamente, so dass sie dann an Ort und Stelle gebracht werden können. Mit großen Scharnieren werden anschließend die Klappen angebracht.

Beim Lido hat man dafür das Gebiet auf dem die Klappen errichtet werden sollen trocken gelegt. Kommendes Frühjahr, sofern das Projekt nicht gestoppt wird, soll der Bereich dann wieder geflutet werden, wie der CNET-Autor Daniel Terdiman bei seiner Reise durch Europa erfahren hat.