BI: “Mehr Autonomie für Fachanwender”
Business-Intelligence-Experten haben auf dem SAS Forum in Mannheim über die Trends in Sachen Business Intelligence (BI) und Business Analytics diskutiert. So ging es um die Fragen, wie man BI mit Hilfe eines ‘Business Intelligence Competency Center’ organsiert und warum sich ‘BI on demand’ noch nicht durchgesetzt hat.
Neue Trends gebe es vor allem im Datenmanagement und bei den BI-Applikationen, sagte Dr. Carsten Bange vom Forschungs- und Beratungsinstitut BARC. “Im Bereich des Datenmanagements sehen wir die Einführung von Werkzeugen zur Datenintegration, zum Datenqualitätsmanagement und Standardmanagement.” In Sachen Datenbanken gehe es vor allem um das Thema analytische Datenbanken – also die Fragestellung, wie man neue Hardware-Technologien nutzen könne, um Daten schneller bereitzustellen und den Aufwand für die Wartung der Systeme zu reduzieren.
In Sachen BI-Anwendungen investierten die Unternehmen derzeit vor allem in den Bereich Planung, Forecasting und Simulation sowie in mobile BI. Sehr relevant sei auch Self Service BI, da die Anwender mehr Flexibilität wollten. “Letztlich geht es immer um mehr Autonomie am Arbeitsplatz des Fachanwenders.”
Aus diesen Trends folge der Beratungsbedarf der Anwender, so Bange. So überlegten die technisch Verantwortlichen, wie sie die neuen Möglichkeiten in historisch gewachsenen IT-Landschaften nutzen könnten – etwa wie man eine analytische Datenbank in ein bestehendes Data-Warehouse-System integrieren könne. Self Sevice BI führe zu großen Diskussionen in der Frage, wie dies organisatorisch umgesetzt werden könne. Auch die Einbindung von Daten aus Social-Media-Aktivitäten in BI-Anwendungen sei im Kommen. Hier gehe es um die Auswertung und die Integration ganz neuer Datenquellen.
Diskutiert wurde in Mannheim die Frage, ob man BI mit Hilfe eines Business Intelligence Competency Center (BICC) besser organisieren könne – wie es etwa die Krankenkasse DAK eingeführt hat. Die IT und die Fachabteilungen hätten jeweils mit typischen Problemen zu kämpfen, sagte Tom Gansor vom TDWI e.V. So ringe die IT mit unterschiedlichen Datenquellen und Datenformaten, während die Fachbereiche über unzureichende Datenqualität klagten. In vielen Unternehmen verteilten sich die BI-Lösungen zwischen den Abteilungen – so liege ein Datenbanksystem etwa in der Hoheit der Fachabteilung. Wer aber die Verantwortung für die BI-Anwendung trage, sei unklar. Für manche BI-Anwendungen gebe es zudem “Könige” – Mitarbeiter, die sich als Einzige mit der Lösung auskennen. Ein Ausweg aus dieser Lage sei eine BI-Strategie, die durch ein BICC im Unternehmen umgesetzt werden könne.
In Deutschland seien BICCs noch nicht sehr verbreitet, so Gansor. So habe eine BARC-Studie aus dem Jahr 2010 ergeben, dass nur 43 Prozent der hiesigen BICCs älter als drei Jahre sind. 39 Prozent waren demnach ein bis drei Jahre alt und 18 Prozent jünger als ein Jahr. Ein typisches Problem bei der Einführung eines BICC sei die “Hidden Agenda” – etwa wenn ein BICC von Mitarbeitern vor allem als Profilierungsmöglichkeit betrachtet werde. Die Organisation eines BICC sei zudem sehr komplex. “Und ein BICC kostet richtig Geld – das ist vielen am Anfang nicht bewusst.” Sobald es aber bewusst werde, werde auch die Frage des Nutzens neu gestellt. Ein BICC solle einen Wertbeitrag zum Geschäft liefern – damit dieser nachgewiesen werden könne, müssten die Bewertungsmaßstäbe bereits mit dem Beginn der Einführung des BICC feststehen.
Dr. Ralf Finger, Geschäftsführer des Kölner BI-Dienstleisters Information Works, verwies auf Ängste in der Fachabteilung, die Kontrolle über die Daten zu verlieren. “Diese Ängste müssen nicht sein.” Abhilfe böten Konzepte einer “agilen BI“, die noch nicht so bekannt seien. So sei es möglich “agile BI-Sandboxen” zu installieren, die von der IT gemanagt werden und den Fachbereichen die Kontrolle über die Daten geben. Das BICC könne in diesem Fall viel im Hintergrund bereit stellen, etwa definierte Services. Stichwort sei hier “agile BI-Umgebung”.
In Mannheim stand zudem das Thema BI on Demand auf der Tagesordnung. BI on demand könne man im Prinzip sowohl dem Bereich Infrastructure as a Service (IaaS) als auch den Bereichen Platform as a Service (PaaS) sowie Software as a Service (SaaS) zuordnen, sagte Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group. Man könne BI on demand auch “Analytics on demand” nennen, ergänzte Volker Bay, Leiter Information Management DACH bei Accenture.
Bislang habe sich BI on demand noch nicht durchgesetzt, da die Lösungen noch nicht stark standardisiert seien – was dem SaaS-Gedanken widerspreche, so Zilch. Man könne nicht jede Anwendung in der Cloud laufen lassen. Zudem gelte es, die Kosten der Datenübertragung zu bedenken. Ein Modell für BI on demand könne die CRM-Lösung von Salesforce.com sein – eine Standard, der Individuelles zulasse. Big Data würden jedoch immer mehr zum Treiber der Entwicklung. Künftig seien BI-Anwendungen denkbar, in denen Unternehmensdaten mit den proprietären Daten des Cloud-Anbieters verknüpft werden – etwa für das Benchmarking.
Christian Bauckhage, Professor für Medieninformatik am B-IT, verwies darauf, dass BI on demand beziehungsweise die Cloud neue Fertigkeiten der Mitarbeiter erforderten. “Die IT-Mitarbeiter müssen lernen, wie man bei Amazon einen Server richtig konfiguriert.” Bisher habe es sechs bis acht Wochen gedauert, bis in einem Unternehmen ein Server bestellt und eingerichtet ist, sagte Zilch. Über Amazon könne man dies jetzt in ein bis zwei Tagen erledigen.
Cloud Computing schreibe die Outsourcing-Geschichte weiter, sagte Accenture-Mitarbeiter Bay.”Tendenziell geht die Entwicklung dahin, dass man nur noch Fachanwender hat.” Dann stelle sich den Unternehmen die Frage, was sie noch im eigenen Haus machen wollten. “Vielleicht gibt es dann eine neue Rolle, den Cloud Services Administrator.” Viele klassische IT-Rollen dürften dagegen wegfallen, so Bay.