Zum Tod des Apple-Gründers Steve Jobs

Eine seltsame Woche war das. Das wichtigste Branchenereignis hätte die Vorstellung des iPhone 5 werden sollen. So stand’s in den einschlägigen Terminankündigungen. Und in der Vorberichterstattung darüber war sogar spekuliert worden, ob Steve Jobs aus diesem Anlass noch einmal öffentlich auftreten würde.

Es ist dann aber anders gekommen: Das iPhone 5 fällt aus – vorerst einmal – und Steve Jobs auch – für immer. – Ein Nachruf wäre jetzt eigentlich fällig.

Aber Steve Jobs war Perfektionist. So jemand überlässt derartiges nicht andern.

Er hat bereits vor sechs Jahren in seiner berühmten Rede vor Stanford-Absolventen seinen eigenen Nachruf verfasst – perfekt, wie es seine Art war. “No big deal”, wie er es formulierte.

Er befand darin, dass der Tod ein “nützliches intellektuelles Konzept” sei. Denn es kann einen davor bewahren, sein Leben zu verschwenden. – Steve Jobs hat das nicht getan.

Sein Leben war bestimmt von Brüchen. “It startet before I was born”, sagte er in Stanford.

Seine Mutter hatte ihn zur Adoption freigegeben. Die von ihr ausgesuchten Adoptiveltern hatten ihn abgelehnt. Die neuen akzeptierte sie erst, nachdem sie versprochen hatten, ihn später studieren zu lassen.

Aber Steve Jobs brach schon nach sechs Monaten das College ab: “Looking back, it was the best decision, I ever made.” Denn er konnte sich jetzt mit dem befassen, was ihn wirklich interessierte: mit Kalligraphie.

Seine damals erworbenen Kenntnisse flossen in die Schrifttypen der Mac-Benutzer-oberfläche ein. Wäre es anders gekommen, das, was Unsereins einen Großteil seines Lebens vor Augen hat, sähe weniger schön aus: “Since Windows just copied the Mac, it’s likely that no personal computer would have them.”

1976 gründet Jobs zusammen mit Steve Wozniak Apple, 1985 wurde er gefeuert: “Getting fired from Apple was the best thing that could have ever happened to me.” Denn: “It freed me to enter one of the most creative periods of my life.” – Eine stringente Karriere sieht anders aus.

1996 kehrte Jobs zurück. Wieder fügten sich einige Bruchstellen in seinem Leben zusammen, was sich aber erst im Nachhinein feststellen lässt: “You can only connect them looking backwards.”

Der Rest der Geschichte ist hinlänglich bekannt. Steve Jobs weiteres Berufsleben und sein Gesundheitszustand spiegelten sich öffentlich an den Kurstafeln der Wall Street, in London und in Hongkong wieder.

Am Mittwoch hat sich dann alles endgültig zu einem Ganzen zusammengefügt. Dieses Ganze wäre nicht so groß geworden, wenn Steve Jobs gemacht hätte, was andere von ihm wollten, und nicht das, was er selbst wollte.

Für einen kurzen Moment kam dann sogar der vernichtende Konkurrenzkampf zwischen den Internet-Konzernen zum Erliegen. Google verlinkte mit dem Hypertext “Steve Jobs, 1955 – 2011” auf seiner Homepage zu Apple.

Und Steve Jobs hinterlässt Google das vielleicht beste Video auf Youtube. Darin formuliert der Apple-Gründer, was angesichts des Todes zu sagen ist: “Your time is limited, so don’t waste it living someone else’s life.”