HP bekennt sich zu ARM, OpenFlow und Autonomy

Zum ersten Mal nennt Hewlett Packard auf der Kundenkonferenz Discover einen konkreten Termin für den Marktstart der ARM-basierten Server. Neues gibt es auch in Sachen Netzwerk und trotz Millardenverlusten stellt sich CEO Whitman hinter Autonomy, nicht aber ohne auch die Bedeutung von Hardware für HP hervorzuheben.

HP-CEO Mag Whitman stellt sich trotzt Milliardenabschreibungen hinter Autonomy. Quelle: ITespresso.de
HP-CEO Mag Whitman stellt sich trotzt Milliardenabschreibungen hinter Autonomy. Quelle: ITespresso.de

Ab sofort können sich interessierte Unternehmen als Betatester für die SDN-Controller aus der OpenFlow-Familie melden, so Dave Donatelli, Executive Vice President und General Manager der Enterprise Group auf der HP-Kundenveranstaltung Discover in Frankfurt am Main. Donatelli hatte zudem diesen Rahmen gewählt, um zum ersten Mal einen Termin für das Projekt Moonshot zu nennen. Hier entwickelt HP derzeit zusammen mit dem Startup Calxeda besonders energieeffiziente Servermodule für spezielle Einsatzszenarien. Mitte 2013 soll es so weit sein, verspricht der HP-Manager.

Die Server mit ARM-CPU benötigen laut Donatelli 80 Prozent weniger Platz, verbrauchen 90 Prozent weniger Strom – womit sie auch wesentlich weniger Abwärme erzeugen – und kommen für Kunden 63 Prozent günstiger, als “herkömmliche Server” – also so genannte General Purpose Server mit AMD- oder Intel-CPUs. Die Ankündigung erfolgte auf einer Veranstaltung, auf der Donatellis Chefin Meg Whitman zuvor den beiden Hauptsponsoren Intel und Microsoft für die Unterstützung gedankt hatte.

HP muss sich im Markt differenzieren. Außerdem sitzt HP beim Thema ARM-basierte Server auch der Hersteller Dell im Nacken. So kündigte Dell bereits im Mai an, ARM-Server “zum passenden Zeitpunkt” auf den Markt zu bringen, wann dieser Zeitpunkt gekommen sei, verlautbarte Dell, das seit 2010 an ARM-Servern entwickelt jedoch bislang nicht.

Man geht offenbar davon aus, dass hier großes Potential besteht. Erst vor wenigen Tagen hatte Donatelli prognostiziert, dass 2015 schon 20 Prozent der ausgelieferten Server mit ARM-basierten CPUs ausgerüstet sein werden. Das Interesse scheint zu wachsen, denn neben verschiedenen ISVs hat inzwischen auch der Intel-Konkurrent AMD Pläne veröffentlicht, Server-CPUs auf ARM-Basis entwickeln zu wollen.

Neben den besseren Kennzahlen hob Donatelli eine weitere Eigenschaft der unter dem Namen Moonshot entwickelten ARM-Server hervor: Diese ARM-Server lassen sich für bestimmte Anwendungen anpassen. “Damit wird erstmals eine massenhafte Individualisierung von Servern nach Kundenwünschen möglich”, so Donatelli. Diese Anpassung der Server machen architekturelle Besonderheiten der ARM-Architektur und die ARM-Desigs V8 oder Cortex 15, die eben auf ganz bestimmte Workloads wie etwa Big Data, Cloud oder Social Media-Plattformen ausgerichtet werden müssen.

Im weiteren Verlauf seiner Präsentation vor Partnern und Kunden gab Donatelli den Startschuss für die Betaphase des SDN-Controller. Dieser ist ein wesentlicher Baustein in der Strategie der Netzwerksparte des Unternehmens, durch den es die Vorreiterrolle beim Thema OpenFlow, dem sogennanten Software Defined Networking, übernehmen will. Laut Donatelli hat HP inzwischen bereits 25 unterschiedliche Switch-Modelle für OpenFlow vorbereitet. Damit seien rund 15 Millionen Switchports, die bei Kunden stehen, für die neue Technologie einsatzfähig.

OpenFlow ermöglicht – vereinfacht gesagt –, dass ein Switch nicht über alle für seine Tätigkeit erforderlichen Informationen verfügen muss, sondern im Zweifelsfall bei einer zentralen Instanz – eben dem Controller – nachfragt, was zu tun ist. Dadurch wird die Verwaltung insbesondere großer und komplexer Netzwerke einfacher, da Regeln nicht immer an alle Switches, sondern nur an die Controller verteilt werden müssen. Dadurch muss der einzelne Switch weniger Intelligenz mitbringen und kann so günstiger sein.

Außerdem loben Befürworter, dass sich damit vor allem in Rechenzentren, weniger bei der Vernetzung von Bürogebäuden, das erreichen lasse, was Virtualisierung bei Servern gebracht habe: Ressourcen zusammenzufassen, neu zu gruppieren und dynamisch zuzuweisen – auch herstellerübergreifend. Schmerzen würde das vor allem diejenigen Hersteller, die über eine große installierte Basis hochwertiger Produkte mit vielen Finessen verfügen – bei Netzwerken in großen Firmen. Ein Beispiel dafür wäre Cisco. Obwohl inzwischen alle wichtigen Hersteller in dem OpenFlow fördernden Industriegremium vertreten sind, kommt die Entwicklung vor allem einigen kleinen, spezialisierten Anbietern zugute – oder solchen, die wie NEC oder IBM über keine relevante installierte Basis verfügen. Hewlett-Packard kann die Technologie helfen, den Abstand zum Marktführer Cisco zu verkürzen.

Auf der HP Discover hatte auch CEO Meg Whitman das Wort und sie nutzte die Veranstaltung um ein starkes Bekenntnis zu dem übernommenen Software-Hersteller Autonomy auszusprechen: “Wir stehen weiterhin zu 100 Prozent hinter den industrieweit führenden Technologien und den Mitarbeitern von Autonomy. Autonomy wird bei unserer künftigen Wachstumsstrategie eine wichtige Rolle spielen.”

Whitman hatte erst vor wenigen Wochen Abschreibungen in Milliardenhöhe auf die 10,2 Milliarden Dollar teure Autonomy-Übernahme bekannt geben müssen. Als Grund dafür nannte HP Ungereimtheiten bei der Buchhaltung des Spezialisten für unstrukturierte Suche.

Trotz des deutlichen Bekenntnisses zur Software-Sparte des Unternehmens, machte Whitman in Frankfurt auch die Bedeutung von Hardware für HP klar.

“Hardware ist die Grundlage unserer Firma.” 70 Prozent der Einnahmen stammten bei HP aus dem Geschäft mit Infrastruktur. Und darüber hinaus sei HP der einzige Hersteller, der Geräte, Software und Services vom Highend-Enterprise bis hin zu Verbrauchern im Portfolio habe.

Und das solle auch so bleiben. Whitman verwies etwa auf auf neue Ultrabooks, die in den Startlöchern stünden, zum Beispiel das Convertible EliteBook Revolve, sowie eine neue Officejet-Druckerserie, mit der sich HP der Tintentechnologie verschreibt: “Tinte ist nicht mehr teurer und langsamer als Laser”, verdeutlichte Whitman.

“Drucker sind die Brücke zwischen der physischen und der virtuellen Welt”, so Whitman weiter, und pries dann noch einmal die E-Print-Technologie ihres Unternehmens an. Damit lassen sich Druckaufträge per E-Mail an HP-Druckgeräte schicken – was treiberloses Drucken auch von mobilen Endgeräten aus ermöglicht. Allerdings ist HPs Ansatz nur einer von mehreren. Einerseits sind viele Hersteller bemüht, ähnliche Funktionen mit eigenen Apps bereitzsuetllen. Andererseits gibt es Firmen wie Cortado, Nuance und Lantronix mit der Produktreihe xPrintServer, die in diesem Feld herstellerübergreifend aktiv sind.

Darüber hinaus stellt Whitman in ihrer Ansprache die Fortschritte im Storage-Markt heraus. Dafür hatten ihre Mitarbeiter der Presse schon am Vortag drei wichtige Neuerungen angekündigt: die überarbeitete Backup-Lösung StoreOnce, mit StoreAll eine neue Gesamtlösung für Archivierung, die sich vor allem durch die dafür neuentwickelte Suchtechnologie auszeichnet, sowie die Produktreihe HP 3Par StoreServe 7000. Letztere ergänzt offiziell die traditionsreiche, aber schon etwas in die Jahre gekommene EVA-Serie von HP, löst sie aber in der Praxis zumindest mittelfristig wohl ab.

Auch die Netzwerksparte ließ Whitman nicht unterwähnt: Man sei hier hinter Cisco guter zweitplatzierter im Markt, presche aber technologisch “wieder einmal” vor: Mit der Hinwendung zu Software Defined Networking bringe man das erste Mal Geschäftslogik in die Switches. Außerdem, so Whitman, dehne man damit das Konzept Software Defined, das man mit den nun als HP StoreVirtual VSA vermarktet (die mit der Übernahme von Lefthand erworbene Technologie) im Storage etabliert habe auch auf das Netzwerk aus – und sei so dank Servervirtualisierung auf dem besten Wege zum Software Defined Datacenter.

[mit Material von Peter Marwan, ZDNet.de und ITespresso.de]

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