Social Media meets Arbeitsrecht: Der Chef macht`s auch, weshalb darf ich nicht? (Teil 5)

Im fünften und letzten Teil unserer Serie zum Thema “Social Media meets Arbeitsrecht” steht die Frage im Mittelpunkt, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für Führungskräfte und Manager in diesem Bereich gelten. Denn gerade wer gewohnt ist, schnell und viel zu entscheiden, übersieht womöglich kleine Fallen, die der Gebrauch von Social Media stellt.

Viele Chefs in KMUs und mittelständischen Unternehmen bleiben dem Thema immer noch in weiten Teilen fern. Gerade junge Führungskräfte und Manager nutzen Social Media hingegen teilweise aktiver als ihre Mitarbeiter. Häufig nutzen Führungskräfte dieses Medium zum schnellen Wissensaustausch oder zu Recruiting-Zwecken. Es lohnt sich also zu beleuchten, wie es für diesen Personenkreis um die rechtlichen Rahmenbedingungen steht.

Weshalb überhaupt ein Unterschied

…wird sich so mancher vielleicht fragen. Die Antwort lautet schlicht: Weil leitende Angestellte, Geschäftsführer und Vorstände teilweise unter anderen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen agieren.

Wann ist die Führungskraft ein leitender Angestellter

Die Begriffe “Führungskraft” und “Manager” tauchen häufig auch in Fällen auf, die arbeitsrechtlich gesehen keine Unterschiede zu den Angestellten aufweisen. Wer ein “echter” leitender Angestellter ist, lässt sich nicht etwa anhand der Vergütung, der Visitenkarte oder der Überschrift des Dienst- oder Arbeitsvertrags erkennen.

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist leitender Angestellter nur, wer

– nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt ist, oder
– Generalvollmacht bzw. gewichtige Prokura hat, oder
– Regelmäßig weisungsfrei und selbständig Aufgaben wahr nimmt, die den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens beeinträchtigen, oder
– Aufgrund anderer Formalkriterien, die sich in § 5 Abs. 4 BetrVG finden.

Danach muss selbst ein Geschäftsführer nicht zwingend ein leitender Angestellter sein. Dies ist etwa bei einem “schwachen” Fremdgeschäftsführer der Fall, der ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung oder nur in gemeinschaftlicher Entscheidung mit einem anderen Geschäftsführer Mitarbeiter einstellen und entlassen darf. Ob und wann eine solche Regelung sinnvoll ist, soll hier nicht näher vertieft werden.

Nach der Definition des Kündigungsschutzgesetzes ist der Kreis der leitenden Angestellten noch enger. Hiervon sind nur diejenigen erfasst, die tatsächlich weisungsfrei und selbständig Mitarbeiter entlassen dürfen. Auch reicht es nicht, dass diese Praxis im Arbeitsvertrag zu lesen ist. Sie muss tatsächlich stattfinden.

Da gerade in größeren Unternehmen häufig die Personalabteilung die Kompetenz für alle Recruiting-Prozesse eigenverantwortlich innehat, ist dieses Kompetenzfeld von dem Verantwortungsbereich, auch wichtiger, Leistungsträger in aller Regel ausgenommen.

Die Anzahl der klassischen leitenden Angestellten nach oben stehenden Vorgaben ist daher – insbesondere in größeren Unternehmen – überschaubar, auch wenn es dort ganz viele Führungskräfte gibt.

Rechtliche Rahmenbedingungen der “echten” leitenden Angestellten

Die früheren Artikel dieser Kolumne haben gezeigt, dass der Betriebsrat in weiten Teilen ein zwingendes Mitbestimmungsgremium ist, wenn es um Nutzung von Social Media im Unternehmen geht. In mitbestimmungspflichtigen Unternehmen sind Guidelines zum Social-Media-Gebrauch daher Betriebsvereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat.

Betriebsvereinbarungen gelten nicht für die leitenden Angestellten und damit auch Social Media Guidlines in dieser Form nicht unmittelbar. Vertretungsorgan der leitenden Angestellten ist der Sprecherausschuss welcher andere Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber treffen kann. In vielen Unternehmen gibt es das Gremium des Sprecherausschusses aber gar nicht. Im Gegensatz zum Betriebsrat kann der Sprecherausschuss auch keine Vereinbarungen erzwingen. Häufig nehmen Vereinbarungen mit dem Sprecherausschuss auf die Betriebsvereinbarungen Bezug.

Fazit

Auf den ersten Blick gibt es also häufig keine arbeitsrechtlichen Vorgaben für Social-Media-Nutzung der leitenden Angestellten. Dies mag dazu führen, dass mancher über bestimmte eigene Verhaltensweisen in dem Zusammenhang zunächst einmal nicht nachdenkt. Rechtsverstöße gegen andere als arbeitsrechtliche Vorschriften oder allgemeine Faux Pas im Zusammenhang mit der Außenwirkung des Unternehmens sind dann die Folge. Daher tut gut, wer mit gutem Beispiel voran geht und den eigenen, unternehmensrelevanten Umgang mit Social Media stets

– mit den Mitarbeitervorgaben abgleicht
– und je nach dem Grad des öffentlichen Interesses auch vermeintlich private Nutzung von Social Media im Vorfeld kritisch hinterfragt.

Mit der Position des leitenden Angestellten geht aufgrund der weitgehenden Selbstverantwortung meistens eine sehr weitgehende Compliance-Haftung einher. Wer für die Einführung von Compliance-Systemen und die Einhaltung der teilweise selbst gesetzten Compliance Regeln verantwortlich ist, muss diese zwingend und zuallererst selbst befolgen. Ganz abgesehen davon gelten die arbeitsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten, wenn auch leicht modifiziert, für leitende Angestellte genauso wie für alle Arbeitnehmer.

Wer gewohnt und gehalten ist, schnell und viel zu entscheiden, übersieht womöglich kleine Fallen, die der Gebrauch von Social Media stellt.

Für die große Mehrheit aller anderen Führungskräfte gelten…

…in rechtlicher Hinsicht ohnehin die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, welche die Autorin in den vorangegangen Teilen ihrer Kolumne für Arbeitnehmer dargestellt hat, weil sie keine leitenden Angestellten im betriebsverfassungs- und kündigungsschutzrechtlichen Sinne sind.