Open Compute Project: Die Hassliebe der Hersteller

Die Open-Compute-Initiative ist eine Art Open Source für Rechenzentrums-Komponenten. Vor knapp zwei Jahren von Facebook ins leben gerufen, haben sich inzwischen viele renommierte Hersteller und auch Investment-Banken dem Projekt angeschlossen. Doch es ist eine Kooperation mit Zähneknirschen.

Zum vierten Mal trafen sich die Open-Compute-Freunde zu ihrer Summit-Veranstaltung im Silicon Valley. OCP steht für “Open Compute Project”, eine von Facebook im April 2011 gegründete Initiative, die eine Art Open Source für Rechenzentrums-Komponenten darstellt. Inzwischen sind viele renommierte Hersteller, wie Intel, AMD, EMC, Dell, HP, Western Digital, SanDisk, Hitachi, Seagate, Kingston und Fusion-IO in diesem Projekt vertreten. Seitens der Anwender haben sich inzwischen auch die Investmentbanken Goldman Sachs und Fidelty Investment der Facebook-Initiative angeschlossen.

Viele OCP-Spezifikationen sind inzwischen zum allgemeinen Standard geworden. Hierzu gehören beispielsweise die Spezifikationen von Open Rack, die äußerlich zu den Standard-19-Zoll-Racks passen, innen jedoch geräumiger sind und damit mehr Komponenten in einem Einschub-System aufnehmen können. Ein weiteres wesentliches Design-Element ist Open Vault. Dabei handelt es sich um eine standardisierte Storage-Unit, die auf einer 2U-Bauhöhe 30 Laufwerke unterbringt, die einfach ausgetauscht werden können.

Weitere Vereinheitlichungen betreffen die Stromversorgung sowie die Verbindung von Storage und Server. Derzeit konzentrieren sich die Entwicklungen auf eine weitere Server-Modularisierung. Mit einer neuen Platine, die Facebook selbst entwickelt hat, lassen sich die x86-Prozessoren eines Servers einfach austauschen – und zwar auch ein Intel-Prozessor gegen einen AMD-Prozessor oder umgekehrt. Doch das größte Interesse bei den Server-Prozessoren gilt den neuen ARM-Chips, beispielsweise den entsprechenden Calxeda- und NVidia-Prozessoren. Dell zeigte hierzu bereits Referenz-Server, die vollkommen der OCP-Definition entsprechen.

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Jason Taylor: Herrscher über das Kapazitätsmanagement in Facebooks Rechenzentren. Quelle: Harald Weiss.

Demnächst sollen die bislang monolithischen Strukturen innerhalb eines Servers aufgebrochen werden. Das heißt, man möchte in Zukunft ein Chassis mit den Prozessoren, eines mit dem RAM-Hauptspeicher und eines mit dem I/O-Teil haben. Doch diese drei Gruppen sind aus Geschwindigkeitsgründen über den Bus verbunden. Werden diese drei Einheiten jetzt separat als Chassis eingeschoben, müssen sie über einen seriellen Bus verbunden werden, der keine oder nur minimale Performance-Einbußen bewirkt. Intel stellt hierzu seine Silicon-Photonics-Verbindung bereit, die eine Geschwindigkeit von über 100 Gigabit pro Sekunde bietet.

Trotz der nach außen dokumentierten Kooperation arbeiten die Hersteller nur sehr zähneknirschend bei OCP mit, denn die Offenheit des Designs und die zunehmende Austauschbarkeit der einzelnen Komponenten verhindert nahezu jede proprietäre Technologie – und damit kann nur noch über den Preis verkauft werden. Andererseits können es sich die Anbieter nicht leisten, den Milliardenmarkt von Facebook, Goldman Sachs und Fidelity zu ignorieren.

Am Rande des Summits gab Facebook auch einen Einblick in seinen eigenen RZ-Betrieb. Obwohl der Social-Media-Gigant einer der größten Cloud-Provider ist, nutzt man dort keine Virtualisierung. “Virtualisierung ist etwas für diejenigen, die überschüssige Kapazität haben”, sagt Jason Taylor, Chef des RZ-Kapazitätsmanagements bei Facebook. Er geht sogar den umgekehrten Weg, in dem er die Server-Hardware optimal auf bestimmte Applikations-Services ausrichtet. Beispielsweise gibt es Services die viel Rechenleistung aber wenig RAM benötigen, während es bei anderen genau umgekehrt ist. Bei weit über 200 Services würde jedoch eine exakte Anpassung zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Servern führen.

“Wir praktizieren einen Kompromiss aus Hardware- und Kosten-Optimum”, sagt er über die Serverstruktur bei Facebook. Das bedeutet im Klartext, dass Facebook nur fünf Standard-Server-Typen einsetzt, und jeder Service auf einen von diesen Server-Typen ablaufen muss. Durch die Beschränkung auf nur fünf Server-Typen ergeben sich dann hohe Stückzahlen, was zu deutlichen Einkaufs-Rabatten und zu einer wesentlich vereinfachten Ersatz-Logistik führt.

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