Die 10 CIO Prioritäten für 2014

Nur weil bestimmte Themen heiß gehandelt werden, heißt das noch lange nicht, dass sie auch für den CIO in den nächsten zwölf Monaten auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Experton-Analyst Luis Praxmarer schildert aus seiner Sicht, welche für CIOs und IT-Manager seiner Meinung nach angehen sollten.

Nach der Betrachtung der 10 Technologietrends für 2014 stellt sich die Frage, sind das auch die Prioritäten für den CIO? Nein, der CIO muss sich ganz klar um den Mehrwert der IT für das Unternehmen kümmern. Das ist seine persönliche Aufgabe und Herausforderung und deshalb haben wir andere Themen und Prioritäten als im reinen Technologieumfeld. Es geht in erster Linie um den Wertbeitrag der IT-Organisation durch den Einsatz von IC-Technologie. Aber die Technologie und auch der Betrieb werden zu einem Werkzeug und nicht zum Selbstzweck. Es reicht auch nicht mehr aus, die Anforderungen der Geschäftsbereiche fleißig und gewissenhaft abzuarbeiten. Technologie ist der wichtigste Faktor für den Erfolg und vor allem auch nachhaltigen Erfolg des Unternehmens, so sehen es zumindest die Firmenchefs. Von den CEOs sind wiederum 98 Prozent der Meinung, dass es gravierende Geschäftsmodellveränderungen geben wird und diese Veränderungen werden durch IT nicht nur ermöglicht, sondern oft ausgelöst. Hier gilt es den Dialog mit den Geschäftsbereichen zu intensivieren, insbesondere den proaktiven Dialog.

  1. Aufbau von Innovations-Teams: In fast allen Unternehmen steht das Thema Innovation ganz oben auf der Agenda. Die IT muss funktionsübergreifende Teams aufbauen, um alle Innovationsbereiche pro aktiv angehen zu können – also Innovationen bei Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen. Fast 75 Prozent der Verantwortlichen auf der Geschäftsseite sehen die IT nicht als Innovationsführer, und noch mehr sprechen den IT-Experten die dafür erforderlichen Qualifikationen ab. Die Technologietrends wie “Digitalisierung”, Mobilität, Cloud und Social Business eröffnen viele neue Möglichkeiten für Unternehmen, sich durch Innovationen zu differenzieren. Allerdings funktioniert das nicht sehr gut, wenn IT auf die Anforderungen der Lines of Business (LOBs) bzw. Geschäftsbereiche wartet. Hier ist Initiative und Mut gefordert, eine Kommunikation in beiden Richtungen mit einer intensiven Zusammenarbeit aufzubauen. Hier ist nicht nur Business – IT Alignment gefordert, sondern Innovation und Integration. Alignment ist ein Verhalten, das in natürlichen Schwärmen auftritt. Ein Individuum, das dieses Verhalten zeigt, passt seine Bewegungsrichtung der Bewegungsrichtung seiner Nachbarn an. Es gilt auszubrechen aus dem üblichen Denkmuster, allerdings muss IT dazu schon die Anerkennung im Unternehmen als Geschäftspartner aufgebaut haben.
  2. Business Prozess Know-how, Self-Service, TCE:
    • Entwicklung von Geschäftsprozesswissen: Zunächst einmal müssen die vorhandenen Anwendungen agiler gemacht werden und dazu braucht die IT ein besseres Verständnis der Geschäftsprozesse. Angesichts der neuen Möglichkeiten durch SaaS und Web Services muss die IT zweitens proaktiver bei der Umgestaltung der Geschäftsprozesse mitarbeiten und anhand dieses Wissens wiederum Prozessinnovationen vorantreiben.
    • Geschäftsprozess-Masterplan, Self-Service, Total Customer Experience (TCE): Die Geschäftsseite ist für die Prozesse zuständig, doch die IT muss das nötige Prozesswissen aufbauen, um diese Prozesse entsprechend unterstützen und integrieren zu können. Viele der neuen Möglichkeiten der Automatisierung und der Verbesserung der horizontalen Prozesse, beispielsweise Self-Service Angebote, setzen ein umfassendes Verständnis und die Umgestaltung durch die IT-Organisation voraus.
    • Die Total Customer Experience als letztendliches und oberstes Ziel muss gemessen werden, da die TCE-Qualität in vielen Unternehmen heute oft nicht bekannt ist und damit auch die Qualität der gesamten Customer-Supply-Chain nicht entsprechend gemanagt und verbessert werden kann.
  3. BI, Big Data, Enterprise Performance Management: Business Intelligence steht auf der Prioritätenliste schon eine ganze Weile ganz oben. Die Implementierung schreitet allerdings nach wie vor relativ schleppend voran und erfolgt meist auf isolierte Weise für einzelne Applikationen. Jetzt steht mit dem Schritt auf die nächste Ebene die Implementierung eines Enterprise Performance Management Konzepts an. Angesichts der zunehmenden Datenmenge aus vielen unterschiedlichen Quellen bieten “Big Data” Konzepte vielen Unternehmen einen exzellenten Mehrwert. Für Datenmengen, die bei großen Unternehmen künftig leicht Terabytes und Petabytes umfassen können, sind neue Verfahren, Algorithmen und Geschäftsprozesse hinsichtlich der Verwaltung, Verarbeitung, Analyse und Verteilung erforderlich. Diese schaffen wiederum einen Mehrwert aus Informationen in einer heute nicht immer vorstellbaren Art und Weise. Dies zu stimulieren ist die Herausforderung der IT-Organisation. Die Möglichkeit und Technologie alleine liefert noch keinen Mehrwert.
  4. Industrie 4.0, Branchen-Trends, IT als Produkt: Der vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0, bescheinigt die Experton Group enormes Potenzial und dies obwohl es von der Regierung initiiert wurde. Laut Wiki ist Industrie 4.0 ein Zukunftsprojekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung, mit dem die Informatisierung der klassischen Industrien, wie zum Beispiel der Produktionstechnik, vorangetrieben werden soll. Das Ziel ist die intelligente Fabrik (Smart Factory), die sich durch Wandlungsfähigkeit, Ressourceneffizienz und Ergonomie sowie die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse auszeichnet. Technologische Grundlage sind Cyber-physische Systeme und das Internet der Dinge. Bei Industrie 4.0 verschmelzen reale und virtuelle Welt. Maschinen entscheiden autonom, Geräte kommunizieren selbstständig untereinander, Anlagen und Werkzeuge können innerhalb kürzester Zeit an wechselnde Produkt- oder Produktionswünsche angepasst werden. Wie ein unsichtbares Nervennetz durchzieht Automatisierungstechnik die gesamte Produktionsanlage. Die Kunden und Lieferanten sind alle in die Value Chain mit eingebunden. Die technologischen Grundlagen sind u.a. hochverfügbare und performante Netze, neue Applikationen, Mobile Devices  und das “Internet der Dinge” (M2M Kommunikation). Neue intelligente Produkte erlauben eine “Produkt-Service-Transformation” und IT wird zum Produkt, statt einem Werkzeug wird eine “SW und Service-Lösung” verkauft. Natürlich sind nicht alle Unternehmen von Industrie 4.0 betroffen und sind vielleicht in ganz anderen Branchen als der Fertigungsindustrie zu Hause, aber die Grundprinzipien der Transformation sind oft ähnlich. Es gilt für die IT die Markttrends der Branche in dem das Unternehmen tätig ist, gut zu kennen und zu analysieren. Scenario Analysen und Out-of-the-Box Denken, helfen dabei einen Weitblick aufzubauen.
  5. Workspace of the Future – Mobility: Nicht mehr der Arbeitsplatz steht im Mittelpunkt sondern der Arbeitsraum. Wer hat noch einen festen Arbeitsplatz im herkömmlichen Sinn? Ja, es werden noch viele in den nächsten Jahren sein, aber eben schon lange nicht mehr alle. Es kommt zu einer radikalen Verschiebung durch die Mobilität, die wir heute mit dem Einsatz von ICT erreicht haben. Der “Bring your own Device”-Ansatz (BYOD) hat zu allerlei Kontroversen geführt. Doch Tatsache ist: BYOD wird nicht mehr zu unterbinden sein. In den meisten Firmen sind die leitenden Mitarbeiter die ersten, die ihre eigenen Geräte mitbringen. Die Angestellten werden ihre privaten bevorzugten Produktivitäts-Tools nutzen und selbst entscheiden, ob sie nun mit dem Notebook, dem Tablet oder dem Smartphone arbeiten wollen. Die IT muss entsprechend handeln und eine Strategie entwickeln, dabei aber einen Schritt weitergehen und sich mit dem Arbeitsmodellen und Arbeitsumgebung der Zukunft auseinandersetzen. Wie sollte dieser Arbeitsplatz aussehen und wie kann er dem Unternehmen einen Mehrwert bringen, die Mitarbeiter motivieren und als Differenzierungsmerkmal dienen?
  6. Social Business, Strategie & Richtlinien: Social Collaboration bedeutet Dezentralisierung der Organisation und des internen Kommunikationsstils. Bei der externen Kommunikation und geschäftlichen Ausrichtung wird oft vom Social Enterprise / Social Business gesprochen, auch wenn das mit “sozial”, verantwortungsvollen Investitionen oder Achtsamkeit eigentlich nichts zu tun hat. Wir alle wissen ja, wie sich durch die sozialen Medien der Kommunikationsstil zwischen Menschen und Organisationen verändert hat. Das muss bei der übergreifenden ICT-Strategie bedacht werden, und die IT-Organisation ist gefordert, entsprechende Empfehlungen für das Unternehmen aufzusetzen. Der Begriff Social Business steht für eine neue Ära der Unternehmensführung mit Hilfe von neuen Arbeitskonzepten sowie der professionellen Nutzung von Anwendungen und Software- bzw. Service-Komponenten (Medien / Software / Netzwerke) mit sogenannten “Social Features”, um die generelle Effizienz und Kommunikationsqualität im Geschäftswesen zu steigern. Erklärtes Ziel hinter allen Methoden und Tools ist dabei stets die Gewinnmaximierung.
  7. Dynamic Infrastructure dem Business anpassen (Cloud!): Cloud Computing als neue IT-Architektur des Jahrzehnts, ermöglicht mehr Flexibilität und Business-Fokus für die IT-Strategie. In den meisten Unternehmen gibt es inzwischen eine stabile IT-Umgebung und auch die Effizienz wurde in den letzten Jahren gesteigert. Eine agile IT ist allerdings in den meisten Fällen noch nicht umgesetzt worden. Agilität bedeutet, die sehr schnelle Anpassung der Ausgaben und Ressourcen an sich verändernde Märkte. Bei der IT-Strategie sieh es ähnlich aus. Meistens ist eine solche Strategie vorhanden, aber die Kapitel über Business-Vision, Ausrichtung und Anforderungen sind noch nicht mit Inhalten gefüllt worden. Mit der Dynamic Infrastructure Strategie wird die vorhandene Infrastruktur (zum Beispiel RZs) mit vorhandenen oder zukünftigen Cloud-Lösungen verknüpft. Dies wird dann oft über eine lange Roadmap umgesetzt, da es massive Veränderungen im Assett-Bereich, den Netzwerken, Servern sowie Storage und System Management gibt, ebenso die DR/BR und Risk Strategie maßgeblich beeinflusst. Wichtig ist, dass dabei jetzige, zukünftige und auch in weiter Ferne liegende Geschäftsmöglichkeiten (und nicht nur schriftlich formulierte Anforderungen!) berücksichtigt werden.
  8. Security & Datenschutz (Cloud, BYOD, Mobility): Cloud Computing, BYOD und Mobility werden immer wichtiger. Damit sind Sicherheit und Datenschutz ein Muss und eine unabdingbare Voraussetzung. Das Thema Identitätsmanagement nimmt ja bereits seit einiger Zeit eine hohe Priorität ein. Bei der Implementierung vieler Cloud-Lösungen spielt es nun eine ganz entscheidende Rolle. Es muss ein Cloud-Framework aufgebaut werden, das auch die Themen Single-Sign-On, Provisionierung, Verrechnung und Sicherheit adressiert. Das Thema Datenschutz hat und hatte insbesondere in Deutschland immer schon einen sehr hohen Stellenwert und muss natürlich all diese neuen Lösungen mit beinhalten. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die NSA-Affäre, hat sie doch wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie transparent die Welt doch geworden ist. Gezielte Industriespionage bzw. deren Abwehr ist für viele Unternehmen noch keine hohe Priorität, was insbesondere für die vielen Weltmarktführer und Hidden Champions in Deutschland aber sein sollte. Gerade sie sind ein logisches Ziel ausspioniert zu werden. Grundsätzlich ist die Abwehr einer solchen Bedrohung in fast 90 Prozent aller Unternehmen nur rudimentär und unzulänglich umgesetzt.
  9. Skill Analyse & HRM-Strategie: In der Mehrheit der Unternehmen liegt bei der IT-Qualifikation der Fokus zu 90 Prozent darauf, die Systeme am Laufen zu halten. Es geht also um Skills wie Management des IT-Betriebs, Helpdesk, Infrastrukturmanagement, Desktops und mobile Endgeräte und Anwendungsunterstützung. IT-Architekten und Geschäftsprozess-Spezialisten sind dagegen dünn gesät. Anders ausgedrückt, die meisten Skills sind in Bereichen vorhanden, die bereits heute oder spätestens in nächster Zukunft Standard sind und dem Unternehmen keine Wettbewerbsdifferenzierung bieten. Skill-Aufnahme und -Auswertung ist ein erster Schritt und darf in keiner Personalstrategie fehlen. Als nächster Schritt gilt es zu definieren, welche Ressourcen das Unternehmen in den nächsten Jahren benötigt und wie diese entwickelt oder beschafft werden können. Das muss entsprechend angegangen und geändert werden, doch die erforderlichen Qualifikationen sind Mangelware, um die Anwender- und Anbieterfirmen gleichermaßen kämpfen.
  10. Sourcing Strategie überarbeiten (Commodity/Value): 80 Prozent des Server-basierten Computings wird bis zum Jahr 2020 ausgelagert sein. Es gilt, diesen Trend zu verstehen und sich entsprechend vorzubereiten, zu entscheiden, was Standard ist und was dem Unternehmen einen Mehrwert bringen kann. Auch wenn die Rechenzentren regelmäßig aufgerüstet wurden, sind viele doch nicht in der Lage, moderne Strom- und Kühlungsbedarfe zu erfüllen. Dasselbe gilt für die Disaster Recovery und Business Continuity. Auch Server-Virtualisierung wird noch nicht hinreichend genutzt. Im Bereich Storage wurden vielerorts die neuesten Technologien, wie zum Beispiel Deduplizierung, Thin Provisioning, Datenkompression und Verschlüsselung noch nicht implementiert. Es muss unter Berücksichtigung der erforderlichen Stabilität und Agilität die richtige Balance zwischen internen und externen Services gefunden werden. Das betrifft auch das Cloud Computing. Damit ist es notwendig auf einer Strategie für Dynamic Infrastruktur aufzubauen, um dann zu entscheiden, in welchen Bereichen ein Mehrwert gesehen wird, also was ist Commodity und was bring Value, welche Skills heute und morgen benötigt werden und wie dies mit internen und externen Ressourcen und Services optimal abgedeckt werden können. Die IT-Organisation wird dabei zum Service Broker und Manager. Allerdings ist Outsourcing und Service Einkauf bei weitem noch kein Selbstläufer und bedarf dem Aufbau und Einkauf des dafür notwendigen Know-hows.