Netzpolitik.org-Affäre: Range ist nur ein Bauernopfer

Der Chefredakteur des Blogs fordert nach der Entlassung des Generalbundesanwalts weitere Konsequenzen. Es sei unglaubwürdig, dass die Bundesregierung nicht über die Ermittlungen wegen Landesverrat Bescheid wusste. Justizminister Maas und Innenminister de Maizière geraten zunehmend in die Kritik.

Die Betreiber von Netzpolitik.org fordern weitere Konsequenzen aus den Ermittlungen wegen Landesverrats. Die gestrige Entlassung des Generalbundesanwalts Harald Range sei nicht ausreichend, erklärte der Chef des Blogs Markus Beckedahl Rbb Online zufolge.

Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte Range am Dienstag in den Ruhestand versetzt. Dieser hatte sich zuvor beschwert, dass der Minister Einfluss auf die Ermittlungen nehme. Dies sei ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz, so der Generalbundesanwalt weiter.

Beckedahl glaubt nicht, dass die Bundesregierung keine Ahnung über die Ermittlungen gegen den Blog hatte. “Das ist entweder geballte Inkompetenz oder es ist etwas faul”, sagte er dem Rbb in einem Interview.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete Range in der Passauer Neuen Presse als Bauernopfer. “Die Minister Maas und Thomas de Maizière kommen mit Range als Bauernopfer nicht davon. Sie müssen jetzt umgehend erklären, wer welche Rolle bei dem Angriff auf die Pressefreiheit hat”, sagte sie.

Der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen soll hinter der Anzeige gegen Journalisten von Netzpolitik.org wegen Landesverrats stehen. (Bild: BfV)
Der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen hat die Anzeige gegen Journalisten von Netzpolitik.org wegen Landesverrats eingereicht. (Bild: BfV)

Während die Grünen umfassende Informationen in einer Sondersitzung des Bundestags-Rechtsausschusses fordern, will Die Linke einen Untersuchungsausschuss. Grünen-Politikerin Renate Künast will die Frage geklärt haben, wie der Justizminister und der Bundesinnenminister mit der Strafanzeige des Verfassungsschutzes umgegangen seien. De Maizière (CDU) habe Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen “einfach machen lassen und dann nahm das Unglück seinen Lauf”, so Künast im Rbb Radio am Mittwochmorgen.

Die Entlassung Ranges steht auch beim Koalitionspartner CSU in der Kritik. CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl bezeichnete sie im Handelsblatt als “merkwürdiges Verhalten”. “Ich halte das für überzogen und deswegen auch für falsch”, so Uhl weiter. Im Gegensatz dazu befürwortet der CDU-Vorsitzende Thomas Strobl die Entscheidung von Maas. Auch CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach kann die Entlassung nachvollziehen, fordert aber eine Aufklärung.

“Wir wollen, dass die Fakten auf den Tisch kommen. Generalbundesanwalt Range war nicht mehr zu halten, allerdings darf er jetzt nicht als Sündenbock einer verfehlten Politik herhalten”, sagte Grünen-Chefin Simone Peter am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin.

Ende Juli hatte der Generalbundesanwalt Ermittlungen gegen den Blog Netzpolitik.org wegen Landesverrat eingeleitet. Maaßen hatte gegen die Betreiber Anzeige erstattet, weil sie im April vertrauliche Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht haben. Sie bezogen sich auf die Schaffung einer Überwachungseinheit, die Kommunikation und Organisation von Extremisten im Internet untersuchen sollte.

Die Ermittlungen wurden temporär eingestellt. In einem aktuellen Blog erklären die Macher von Netzpolitik.org warum die Veröffentlichung der Dokumente aus ihrer Sicht nicht für eine Anklage wegen Landesverrat ausreicht.