Telekom-Chef Höttges: Programmiersprachen gehören in die Lehrpläne

Timotheus Höttges , Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG (Bild: DTAG)

Timotheus Höttges hält die Beherrschung von Programmiersprachen für ebenso wichtig wie Multiplizieren oder Lesen. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung fordert er daher eine Reform des Schulsystems: Einfallsreichtum statt Auswendiglernen sei gefragt.

Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom, hat in einem ausführlichen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht nur seine Ansichten zum Thema Big Data dargelegt, sondern auch eine Reform des Schulsystems gefordert, das den Anforderungen des digitalen Zeitalters nicht mehr gerecht werde. Nach Ansicht von Höttges bedroht die Digitalisierung künftig auch hochqualifizierte Arbeitsplätze. Daher müsse man schon jetzt mit neuen Ausbildungsinhalten gegensteuern.

Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom, rennt mit seinen Forderungen zumindest bei Eltern und Schülern offfene Türen ein (Bild: DTAG).
Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom, rennt mit seinen Forderungen zumindest bei Eltern und Schülern offfene Türen ein (Bild: DTAG).

Die Sorgen von Höttges sind wohl grundsätzlich berechtigt, die daraus abgeleiteten Forderungen aber keineswegs neu. Bereits 2004 forderte die Gesellschaft für Informatik e.V. – die diese Forderung dann in einer in einer Stellungnahme mit dem Bitkom (PDF) 2007 noch einmal aufgriff, “dass alle Schülerinnen und Schüler an deutschen Oberschulen im Fach Informatik unterrichtet werden.” Diese Forderung wurde seitdem immer wieder und von unterschiedlichen Seiten vorgebracht und ausgeweitet.

Im Sommer 2014 untermauerte sie der Bitkom mit den Ergebnissen einer Umfrage zur Einstellung der Bevölkerung zum Pflichtfach Informatik. Damals sprachen sich mehr als 78 Prozent der Bundesbürger dafür aus. Zum Vergleich: Bereits 2004 waren es schon 78 Prozent – damals laut einer von Forsa im Auftrag des Bitkom durchgeführten Befragung.

2014 befürwortete zudem jeder Fünfte die Einführung auch dann, wenn sie zu Lasten bereits bestehender Fächer ginge. 59 Prozent wünschen sich ein zusätzliches Unterrichtsfach. Besonderes Eltern mit schulpflichtigen Kindern setzten sich für den Informatik-Unterricht ein: In dieser Gruppe wünschen sich 85 Prozent ein verpflichtendes Fach, lediglich 14 Prozent hielten freiwillige Angebote für ausreichend.

Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG (Bild: DTAG)
Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG (Bild: DTAG)

Die Schüler sind in dem Punkt, so eine weitere Befragung des Bitkom, deren Ergebnisse im Januar 2015 veröffentlicht wurden, ausnahmsweise einmal weitgehend mit ihren Eltern einverstanden. In der repräsentativen Befragung Jugendlicher in den Klassenstufen 5 bis 10 sagten 75 Prozent aller Befragten, Informatik als Pflichtfach sei eine gute Idee. Lediglich 8 Prozent lehnen derartige Pläne ab. Bei einer vergleichbaren Bitkom-Umfrage 2010 hatten sich erst 53 Prozent der Schüler für Informatik als Pflichtfach ausgesprochen und noch 23 Prozent dies abgelehnt.

In der 2015 vorgelegten Befragung ist der Wunsch nach verpflichtendem Informatik-Unterricht übrigens an den Hauptschulen besonders groß. 83 Prozent der Schüler dort wollen dieses Fach, nur 4 Prozent sind dagegen. An Gesamtschulen beträgt die Zustimmung 78 Prozent, an Gymnasien und Realschulen 73 Prozent.

Kind am computer (Bild: Shutterstock)

Ein weiteres Thema, das dem Telekom-Chef in dem FAZ-Interview am Herzen lag, ist die Auswertung von Massendaten. Seiner Ansicht nach ist es “fahrlässig”, vorhandene Daten nicht zu nutzen und Big Data “das Ende der Theorie.” Man könne heute “die Welt in Echtzeit vermessen und auswerten”. Um das auch zu tun, wünscht Höttges sich mehr Freiräume und mehr Mut schränkt jedoch gleich ein, dass Datenschutz und digitale Souveränität respektiert werden.

Das dies nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis ist, hat die Telekom 2014 mit der Einrichtung eines Datenschutz-Lehrstuhls an der Hochschule für Telekommunikation Leipzig (HfTL) gezeigt. Der Lehrstuhl an der konzerneigenen Hochschule ist zunächst auf fünf Jahre begrenzt. Ziel ist es, Lehre und Forschung zu drei zentralen Fragestellungen zu unterstützen: Wie sich in der Gesellschaft ein größeres Bewusstsein für die Bedeutung von Datenschutz und IT-Sicherheit in Beruf- und Privatleben schaffen lässt, wie sich Risiken im Umgang mit großen Datenmengen von Mitarbeitern und Kunden auf ein Mindestmaß beschränken lassen, sowie die Frage, wie Computerprogramme sicherer werden können, ohne dass die Bedienungsfreundlichkeit oder die Barrierefreiheit eingeschränkt werden muss.