Categories: Politik

Yahoo hat für Geheimdienste offenbar E-Mails seiner Nutzer durchsucht

Yahoo hat anscheinend über einen längeren Zeitraum alle E-Mails seiner Kunden im Auftrag von US-Geheimdiensten durchsucht. Der Agentur Reuters zufolge war die Grundlage dafür ein geheimer Gerichtsbeschluss. Sie beruft sich dabei unter anderem auf Aussagen von drei ehemaligen Yahoo-Mitarbeitern.

Demnach hat Yahoo auf Anforderung eines nicht näher bezeichneten Geheimdiensts alle Nachrichten nach “bestimmten Zeichenfolgen” durchsucht. Zwei der ehemaligen Mitarbeiter erklärten gegenüber Reuters, CEO Marissa Meyer habe persönlich angeordnet, dass dem geheimen Gerichtsbeschluss Folge zu leisten ist. Allerdings seien die zuständigen leitenden Manager nicht informiert worden. Der damalige Chief Information Security Officer Alex Stamos habe daher im Mai 2015 die Aktivitäten zuerst für einen Hackerangriff gehalten. Der darauf folgende Streit habe schließlich zu seinem Wechsel zu Facebook im Juni 2015 geführt. Stamos wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

Experten gehen davon aus, dass US-Geheimdienste auch an andere Internetfirmen herangetreten sind. Google und Microsoft erklärten gestern jedoch, sie hätten keine derartigen Scans durchgeführt. “Wir haben niemals eine solche Anfrage erhalten. In dem Fall hätte unsere Antwort ‘auf keinen Fall’ gelautet”, sagte ein Google-Sprecher gegenüber Reuters. Ein Microsoft-Sprecher erklärte ebenfalls, sein Unternehmen habe keine E-Mails gescannt. Ob der Softwarekonzern eine gerichtliche Anweisung dafür erhalten hat, ließ er offen.

Die US-Bürgerrechtsorganisation America Civil Liberties Union hält den Gerichtsbeschluss für verfassungswidrig. “Die Regierung hat Yahoo anscheinend gezwungen, genau die Art von allgemeiner und anlasssloser Suche durchzuführen, für deren Verbot der vierte Verfassungszusatz geschaffen wurde”, erklärt ACLU-Anwalt Patrick Toomey.

Der Gerichtsbeschluss erging durch das Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC), dass sich dabei auf den Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) stützte. Erst Details dazu fanden sich 2013 in Unterlagen von Edward Snowden. Einen Gerichtsbeschluss des FISC dürfen betroffene Firmen nicht offenlegen. Die meisten über das Gericht gestellten Anfragen nach Nutzerdaten werden erfüllt. Nach aktuellem Stand wurden seit Schaffung des Gerichts im Jahr 1978 nur 12 Anfragen abgelehnt.

[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

Tipp: Wissen Sie alles über Edward Snowden und die NSA? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Redaktion

Recent Posts

Bahn lässt Robo-Hund auf Graffitis los

In München läuft ein vierbeiniger Roboter durch die Abstellanlagen der S-Bahn und meldet Auffälligkeiten an…

20 Stunden ago

Positiver ROI ist das beste Argument für KI-Projekte

2023 war das Jahr des Experimentierens mit KI. 2024 zieht KI in den Arbeitsalltag ein,…

21 Stunden ago

Industrie 4.0-Adaption: China fast immer in der Pole Position

Laut Umfrage nutzen 94% der chinesischen Fertigungsunternehmen KI-basierte Lösungen. In der DACH-Region liegt der Vergleichswert…

2 Tagen ago

Cybersicherheit: Deutsche Autobauer fahren hinterher

Laut Kaspersky-Umfrage hat kaum jeder zehnte den neuen UN-Standard WP.29 implementiert. Weiterer 28% haben noch…

2 Tagen ago

BSI warnt vor kritischen Schwachstellen in Microsoft Exchange Server

Rund 17.000 Exchange-Server-Installation in Deutschland gelten als stark gefährdet. Sie werden entweder nicht mehr von…

2 Tagen ago

Porsche eBike Performance setzt auf KI-gestützte Software

Die Porsche-Tochter hat mit Automatisierungsfunktionen und Bots in Freshservice den IT-Service automatisiert und skaliert.

3 Tagen ago