Kommentar zum Aus von LiMux: “Weniger Bürgernähe?”

Mux, Kolab, ESG, München (Kollage: silicon.de)

Grandios gescheitert ist die Stadt München mit dem weltweit beachteten Projekt, die Stadtverwaltung auf ein quelloffenes System umzustellen. Gerald Pfeifer, VP Products & Technology Programs von SUSE, will mit seinem Gastbeitrag zeigen, dass Münchens neuer Weg nicht nur eine technologische Entscheidung ist.

Als erste deutsche Großstadt stellte München unter dem Open-Source-Projekt “LiMux” von Windows auf Linux um. Mittlerweile laufen über 17.000 Desktop-Rechner der Stadt mit Open-Source-Software. Nun hat der Münchner Stadtrat vier Monate nach Microsofts Umzug nach München mehrheitlich beschlossen, die Neustrukturierung der städtischen IT prüfen zu lassen. Dies bedeutet wohl auch einen Umstieg von Linux zurück auf Windowsletztlich das Aus für das meistdiskutierte Linux-Projekt Deutschlands.

Ein Systemwechsel hat manchmal nichts mit der Technik zu tun

Open-Source-Software hat sich in den letzten 15 Jahren von einer spannenden Alternative zum Mainstream in deutschen Unternehmen entwickelt. Zahlreiche deutsche und europäische Städte und Einrichtungen arbeiten erfolgreich mit Linux. Wenn wir vom gleichen Level an technischer und politischer Unterstützung ausgehen, bleibt Open Source gegenüber proprietärer Software die bessere Wahl.

Gerald Pfeifer, VP Products & Technology Programs bei SUSE sieht in offener Software mehr Bürgernähe. (Bild: SUSE)
Gerald Pfeifer, VP Products & Technology Programs bei SUSE sieht in offener Software mehr Bürgernähe. (Bild: SUSE)

Ich sehe hier drei eindeutige Vorteile von Open-Source-Lösungen. Erstens bietet Open Source aufgrund des freien Informationsaustausches innerhalb der Open-Source-Gemeinschaften die Freiheit, den Anbieter jederzeit zu wechseln – und dennoch die gleiche Technik zu bekommen. In der Realität wechseln städtische Verwaltungen (wie auch Anwender im Allgemeinen) nur selten den Anbieter. Das ist oft ein aufwändiges und langwieriges Verfahren. Doch nur dank Open Source haben sie überhaupt die realistische Möglichkeit zum Wechsel.

Zweitens ist Open Source sicherer. Proprietäre IT-Monokulturen sind wie ihre biologischen Vettern anfälliger für Krankheiten und öfter Opfer von Angreifern. Open Source profitiert von tausenden von Augen, die sich mit Schwachstellen beschäftigen – diese Zusammenarbeit macht stark. Heute sind es nicht mehr nur einzelne Experten, die sich in Open-Source-Communities tummeln, sondern große Anbieter, die gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wer sich heute für Open-Source-Lösungen entscheidet, profitiert von der geballten Kraft der innovativsten Unternehmen.

Die Vorbildfunktion von Städten

Der dritte und wichtigste Punkt: Städte sind mehr als nur Unternehmen, die zuverlässige Software brauchen. Städte sind Vorbilder. Als Open-Source-Nutzer ermutigen sie lokale Unternehmen, auf Basis freier Software eigene Innovationen zu entwickeln und sich in Open-Source-Communities einzubringen. So bleiben Unternehmen unabhängig und können selbst wählen, ob und wo sie Beiträge in der Entwicklung beisteuern bzw. woher sie diese konsumieren – anstatt von einem Hersteller in einem anderen Land abhängig zu sein.

Vor allem aber signalisiert der Staat, das Bundesland, die Stadt oder Kommune mit ihrem Einsatz von Open Source Offenheit für Bürger. LibreOffice beispielsweise ist so entwickelt, dass es gut mit allen Dateiformaten arbeiten kann – ob der Bürger nun eine Excel-Datei einreicht oder mit Numbers von Apple arbeitet. Die Wahlfreiheit der Software liegt in den Händen der Bürger.

Letztlich stärkt Open Source also nicht nur die Gemeinschaft der Entwickler und Unternehmen, sondern auch die der Städte und ihrer Bürger. Die technische Frage der Leistung ist längst beantwortet. Wichtig ist allein die Unterstützung – sowohl auf technischer Seite von kompetenten Partnern wie auch von einer Verwaltung, die für eine offene Gesellschaft eintritt.

Autor dieses Gastbeitrages ist Gerald Pfeifer, VP Products & Technology Programs von SUSE.