Konkurrenz für Siemens: GE Digital überzeugt deutsche Kunden

Konkurrenz für Siemens: GE Digital (Grafik: GE Digital)

Bei seiner diesmal in Berlin stattfindenden Jahreskonferenz Minds + Machines konnte GE Digital interessante Kundenbeispiele aus Deutschland präsentieren. Damit erwächst Siemens auch auf dem Heimatmarkt eine ernstzunehmende Konkurrenz.

“Meine wichtigste Aufgabe ist, stärker zu kommunizieren, was wir sind und was wir können”, sagt Deborah Sherry, bei GE Digital General Manager und Chief Commercial Officer Europe. Das Angebot von GE Digital sei umfassend und weltweit führend, und sobald potenzielle Kunden dies verstünden, würden sie es auch nutzen.

Konkurrenz für Siemens: GE Digital (Grafik: GE Digital)

Tatsächlich scheint das GE-Digital-Angebot auch deutsche Kunden zu überzeugen. Ein Beispiel dafür ist DB Cargo, die Fracht-Tochter der Deutschen Bahn: Statt, wie man durchaus vermuten könnte, Software für die Betriebsoptimierung von Siemens, selbst ebenfalls Lok-Produzent, zu beziehen, verlässt sich der Transportdienstleister zumindest teilweise auf GE Digital. Die Daten von rund 250 mit Sensoren ausgerüsteten Loks werden mit GE-Digital-Software ausgewertet, um beispielsweise die vorbeugende Wartung zu ermöglichen, ungeplante Ausfälle zu verhindern und so weiter. Auch mit Bosch ist man intensiv im Geschäft. Hier entsteht ein sogenanntes Analytics Exploration Kit. Dabei bringt Bosch die maschinennahen Elemente wie Gateways oder Sensoren mit, die Analytik stammt aus aus GE Digitals IoT-Plattform GE Predix.

GE Digital ist ein selbständiges Tochterunternehmen von General Electric. Es ist vor sechs Jahren aus der ehemaligen IT-Abteilung des Konzerns entstanden. Heute beschäftigt das Unternehmen alleine in Deutschland über 1000 Mitarbeiter, europaweit sind es knapp 7000. Die Europazentrale befindet sich in Paris und ist damit von den Brexit-Wirren unberührt. Die deutsche Zentrale ist München.

Mit digitalen Produkten bedient GE Digital interne und externe Kunden, wobei das Unternehmen seine internen Umsätze nicht bekannt gibt. Im Mittelpunkt steht derzeit – wie fast in der gesamten Branche – die intensive Verzahnung zwischen Maschinen und digitaler Welt über Technologien wie IoT, Big Data und Analytics.

Auf der GE-Konferenz Minds + Machines demonstrierte der US-Konzern anhand eines Modells, wo er im Digitalzeitalter mitspielen will: eigentlich überall (Bild: Rüdiger)
Auf der GE-Konferenz Minds + Machines demonstrierte der US-Konzern in bErlin anhand eines Modells, wo er im Digitalzeitalter mitspielen will: eigentlich überall (Bild: Rüdiger)

Nun fand Minds + Machines, die weltweite Firmenkonferenz des Digitalablegers, zum ersten Mal auf europäischem Boden statt, um zu belegen, dass man die hiesigen Geschäfte intensivieren möchte. Gleich zu Anfang wurde verkündet, dass der langjährige GE-Chef Jeff Immelt sich zurückzieht, weshalb er auch nicht in Berlin erschienen war, sondern sich von Vorstands-Vize Beth Comstock vertreten ließ.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand GE Digitals IoT-Plattform Predix, in etwa vergleichbar mit Siemens Mindsphere. Außerdem wurden zwei neue Tochterfirmen vorgestellt. Eine überwacht mit Hilfe von Drohnen und intelligenter Software Infrastrukturen wie Strom- oder Bahnnetze. Die andere, GE Additive, beschäftigt sich mit additiver Fertigung. Während also Siemens sich durch den Zukauf von Mentor Graphics besonders auf der Design- und Modellierungsseite verstärkt, setzt GE Digital eher auf eine direkte Beeinflussung des Fertigungsbereichs seiner Kunden.

Additive Fertigung ist das Drucken zu fertigender Teile aus Materialpulver, bei Metallen meist mit einem Laser, und senkt die Einstiegshürden in den Maschinenbau. Gekoppelt mit Plattformen wie Predix eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für eine durch Anwendungserfahrungen modifizierte Fertigung beispielsweise von Ersatzteilen.

Aufbau der Predix-Plattform (Bild: GE)
Aufbau der Predix-Plattform (Bild: GE)

Predix ist als fertige IoT-Plattform seit etwa 18 Monaten am Markt. Die Basis der Lösung besteht vollständig aus Open-Source-Software der Apache-Foundation, die GE Digital selbst an die eigenen Bedürfnisse angepasst hat. Die analytische Plattform soll einheitliche analytische Technologien “Edge to Cloud” verwenden. Die Daten aus den Endgeräten fließen dafür zunächst in sogenannten Edge-Servern zusammen. Diesbezüglich arbeitet GE etwa seit Jahresende 2016 besonders eng mit HPE zusammen, das seine Edgeline-Server zu Komplettlösungen von GE Digital beisteuert und dafür wohl seine eigene IoT-Plattform nicht mehr weiterentwickelt. Auch Dell/EMC-Hardware darf am Edge eingesetzt werden, allerdings ist hier die Kooperation weniger eng.

Im Stack der Lösung befindet sich ganz unten die Datenmanagementschicht. Darüber folgen fünf Module, die GE Digital selbst mit Hilfe von Open-Source-Lösungen wie Spark oder Kafka entwickelt hat. Die Asset Services verwalten die digitalen Modelle (“Digital Twins“) der mit Sensoren ausgerüsteten Geräte. Data Services basiert auf Apache Cassandra und stellt Elemente wie Zeitreihen zur Verfügung.

Vorzugsweise mit Edgeline-Servern von HPE als Ergänzung zu seiner Predix-Plattform will GE Digital seine Edge-to-Cloud-Strategie in IoT-Umgebungen umsetzen (Bild: Rüdiger)
Vorzugsweise mit Edgeline-Servern von HPE als Ergänzung zu seiner Predix-Plattform will GE Digital seine Edge-to-Cloud-Strategie in IoT-Umgebungen umsetzen (Bild: Rüdiger)

Das Orchestration-Modul sorgt dafür, dass Analysen in der richtigen Reihenfolge stattfinden und so aufeinander aufbauen, dass sie zu relevanten Ergebnissen führen. Die Event Services verarbeiten Ereignisse wie Ausfälle, Überschreitungen von Schwellwerten und anderes. Operations erledigt Sicherheitsaufgaben, die sich direkt auf die im Edge angebundenen Systeme beziehen. Beispielsweise werden hier Zugriffsrechte, Alarme etc. verwaltet.

Die nächste Schicht konstruiert aus den eingespeisten Daten die digitalen Zwillinge (Digital Twins) und passt sie entsprechend neuer Daten-Inputs an. Den oberen Abschluss der Suite bilden Programmierschnittstellen, über die GE- und Drittentwickler Apps für Predix ankoppeln können. Programmiermethodik und –plattform für Predix-Software ist Cloud Foundry, hier folgt GE Digital also einer Cloud-First-Strategie.

Predix-Apps selbst bauen

GE Digital konnte bereits 700 Partner und rund 30.000 Entwickler dafür begeistern, Software für Predix zu entwickeln. Das Unternehmen stellt anderen GE-Geschäftsbereichen, die neun Branchen und besonders intensiv den Energiebereich bedienen, seine Lösungen über den GE Store zur Verfügung, einer Web-Plattform zum konzerninternen Einkauf digitaler Produkte. Damit das Interesse weiter wächst, wurde nun Predix Studio vorgestellt.

“Wir wollen, dass jeder Software für Predix schreiben kann”, erklärt dazu Marc-Thomas Schmidt, der für die Entwicklung des Digital Twin zuständig war. Predix Studio bietet eine vordefinierte Methodik und umfangreiche vorgefertigte Templates, mit denen Anwender ohne Programmier-Know-how schnell Apps schreiben können. Die Oberfläche erinnert ein wenig an Tools wie Qlik und Tableau.

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Weiter plant GE Digital, mit der Zeit für alle von dem Unternehmen bearbeiteten Branchen komplette Softwaresuiten zur Lösung aller technischen und betrieblichen Aufgaben vorzustellen, die umfassend mit Echtzeitdaten aus Betrieb und Fertigung angereichert sind. Bereits auf dem Markt ist eine Suite für Energieerzeuger und –provider. Sie basiert auf Predix plus. einem Sicherheitsmodul, das auch mit anderen Digitalprodukten des Unternehmens verwendet werden kann.

Dazu kommen ein intelligentes, datenbasierendes Asset Performance Management, einer Operations- und schließlich eine betriebswirtschaftlich orientierte Lösung. Letztere soll ihren Nutzern helfen, ihr Geschäftsmodell gewinnbringend zu gestalten und beispielsweise Preise in Echtzeit an die Gegebenheiten anzupassen. Das Asset Performance Management hat GE Digital mit der im Januar aufgekauften Field-Service-Management-Lösung Servicemax zu einer erweiterten Lösung für Support-Techniker im Feld, Digital Worker, zusammengeführt. Später sollen Funktionen von Servicemax auch eng mit dem Betriebsmanagement integriert werden. Bereits 51 Unternehmen nutzen die Lösung.