Spezial-App warnt Autofahrer vor kreuzenden Rentierherden

Touristen freuen sich vielleicht darüber, für die Einheimischen ist es jedoch eher ein Ärgernis und eine häufige Unfallursache: Rentiere auf Lapplands Straßen. (Bild: Paikkatieto Online Oy)

Ein Drittel der finnischen Staatsfläche ist Rentierzuchtgebiet. Wenn die geschätzt 300.000 Tiere nicht gerade Schlitten ziehen und Pakete ausliefern, wandern sie darin relativ frei umher. Das führt immer wieder zu Unfällen. Die App “Porokello” (“Rentierglocke”) soll nun helfen, deren Anzahl deutlich zu reduzieren.

Die Lieferung der Geschenk an Weihnachten ist gerettet: Die App “Porokello” steht nach gut einjähriger Erprobungszeit jetzt allgemein zum Download bereit. Ziel der an der Entwicklung beteiligten lokalen Behörden ist es, mit der digitalen Version der “Rentierglocke” (so die wörtliche Übersetzung), die Zahl der Unfälle zu halbieren, in die im Norden Finnland Rentiere verwickelt sind.

App Porokello warnt vor Rentieren auf der Straße (Bild: Paikkatieto Online Oy)

Dazu übernehmen über 1800 Berufskraftfahrer, Bus-Chauffeure. LKW-Fahrer und Taxifahrer, die Rolle als Rentier-Sensoren. Sie haben im Erprobungszeitraum pro Tag auf Grundlage der von ihnen gesichteten, wandernden Herden zwischen 50 und 1000 Warnungen herausgegeben. Diese Warnungen kann nun jeder, der die Porokello-App installiert hat, standortabhängig empfangen.

Was zunächst etwas abenteuerlich klingt, soll ein echtes Problem lösen. 36 Prozent der Staatsfläche Finnland sind “Poronhoitoalue” (Rentierzuchtgebiet). Das erstreckt etwa aus der Mitte Finnlands rund 750 Kilometer nach Norden. In der Region können sich rund 140.000 Fahrzeuge und etwa 300.000 Rentiere begegnen. Und das tun sie regelmäßig auch relativ unsanft: 2015 kam es zu über 4300 Unfällen mit den friedlichen aber unvorsichtigen Tieren. Das ist nicht nur ärgerlich für den Autobesitzer, sondern auch für die Rentierzüchter.

Touristen freuen sich vielleicht darüber, für die Einheimischen ist es jedoch eher ein Ärgernis und eine häufige Unfallursache: Rentiere auf Lapplands Straßen. (Bild:  Paikkatieto Online Oy)
Touristen freuen sich vielleicht darüber, für die Einheimischen ist es jedoch eher ein Ärgernis und eine häufige Unfallursache: Rentiere auf Lapplands Straßen. (Bild: Paikkatieto Online Oy)

Frühere Versuche, die Anzahl der Unfälle zu reduzieren waren recht erfolglos: Schilder aufzustellen brachte nicht viel, da die Fahrer grundsätzlich ohnehin wissen, dass Rentiere unterwegs sein können, von deren Auftreten auf den langen, oft sehr gerade und durch Wald und Tundra führenden Straßen dann aber doch überrascht werden. Auch der eigentlich vielversprechende Versuch, die Geweihe der Rentiere mit reflektierender Farbe zu streichen und die Tiere so besser sichtbar zu machen, brachte nicht den erhofften Erfolg.

Über 1800 Berufskraftfahrer fungieren bei der App Porokello als Rentiermelder (Bild:  Paikkatieto Online Oy)
Über 1800 Berufskraftfahrer fungieren bei der App Porokello als Rentiermelder. (Bild: Paikkatieto Online Oy)

Die für Android und für iOS verfügbare App “Porokello” dagegen hat bereits in der Versuchsphase eine deutliche Verbesserung gebracht, wie die für Wirtschaftsentwicklung, Verkehr und Umwelt zuständige Behörde zum öffentlichen Start der App mitgeteilt hat. Die Zahl der Unfälle mit Rentieren sei bereits im vergangenen Jahr in der Erprobungsphase um über 800 auf knapp 3500 zurückgegangen. Ziel sei es jedoch, die Zahl der Unfälle mit Rentieren bis 2020 zu halbieren.

"Poroja Havaittu!" - auch ohne Finnischkenntnisse kann man sich auf Grund des dicken roten Kreises leicht denken, dass nun erhöhte Aufmerksmakeit angebracht ist (Bild:  Paikkatieto Online Oy)
“Poroja Havaittu!” – auch ohne Finnischkenntnisse kann man sich auf Grund des dicken roten Kreises leicht denken, dass nun erhöhte Aufmerksamkeit angebracht ist (Bild: Paikkatieto Online Oy)

Die App warnt Nutzer mittels Farbwechsel von Grün auf Rot sowie durch ein Tonsignal wenn auf der Straße, auf der sie sich befinden, einer der Rentiermelder in einem definierten Zeitraum bereits eine Herde gesehen hat. Sie können dann gezielt langsamer fahren und verstärkt auf die Straßenränder achten. Seit November 2016 sind die Warnungen auch in den in Finnland weit verbreiteten Navigationsdienst V-Traffic integriert. Ihn nutzen etwa eine halbe Millionen finnischer Autofahrer. Mit der App Porokello kann nun allerdings jeder – auch jeder Tourist – sich einfach und ziemlich zuverlässig warnen lassen.