Das Kind hat ja schon viele Namen. In Deutschland spricht man meist von Industrie 4.0. In den USA gibt es die Begriffe Advanced Manufacturing und Industrial Internet of Things. Häufig ist auch von der “smarten Fabrik” die Rede, wenn eine Entwicklung beschrieben werden soll, bei der sich Maschinen zunehmend miteinander vernetzen und dank Software intelligent werden.
Rockwell Automation spricht vom “Connected Enterprise”. Wie viele andere will auch das US-amerikanische Unternehmen seinen Kunden dafür passende Lösungen bereitstellen. Der Anbieter von industrieller Automatisierungstechnik bietet dafür gute Voraussetzungen. Zum Portfolio zählen zum Beispiel Sensoren, Steuerungs- und Antriebstechnik ebenso wie Entwicklungs- und Betriebssoftware sowie Produktionsleitsysteme. Rockwell produziert somit viele Komponenten, die in der vernetzten und intelligenten Fabrik eine Rolle spielen.
“Wir möchten Transparenz schaffen zwischen der IT- und der OT-Ebene”, sagt Kai Bergemann, Produktmanager für die Region Europa bei Rockwell. Die IT-Seite umfasst dabei Geschäftsanwendungen wie ERP oder CRM. Bei OT (Operational Technology) geht es um die Technik auf dem Shopfloor – also zum Beispiel Sensoren oder Controller. Das Ziel von Rockwell ist, die Daten aus den verschiedenen Systemen jeweils für alle anderen verfügbar zu machen. Das gilt unternehmensweit – über sämtliche Standorte hinweg. “Viele der Daten, die Sensoren liefern, werden heutzutage von den Unternehmen noch gar nicht genutzt”, so Bergemann.
In Karlsruhe demonstriert Rockwell in einem Kompetenzzentrum interessierten Anwendern die Möglichkeiten, die sich in einem Connected Enterprise bieten. Zum Beispiel erhalten Unternehmen mit einem Dashboard einen Überblick über ihre aktuelle Produktion. So sollen sich etwa Probleme früher erkennen lassen, was Ausfallzeiten reduziert. “Firmen wissen oft nicht, wie sie eigentlich im Detail produzieren”, sagt Bergemann. Auf dem Dashboard würden sie zum Beispiel Stillstandszeiten bemerken, die sie vorher nicht registrieren konnten, weil diese nur ein oder zwei Minuten gedauert hätten.
Basis für die smarte Fabrik ist bei Rockwell das hauseigene Produktionsleitsystem (MES) mit dem Namen FactoryTalkProductionCentre. Zu diesem gehören verschiedene Module wie etwa Komponenten zur Fertigungssteuerung oder für das Qualitätsmanagement. Das Integrationswerkzeug Enterprise Integration Hub soll die Vernetzung erleichtern und Unternehmensanwendungen sowie externe IT-Systeme miteinander verbinden. Die Anwendung prüft die von einem System eingehenden Informationen und wandelt sie in das für das Empfangssystem passende Format um.
Zum Rockwell-Angebot gehört auch die App FactoryTalk TeamOne. Über sie können Wartungstechniker, die Bediener von Maschinen oder IT-Mitarbeiter über ihr Smartphone auf Ereignis- oder Gerätedaten zugreifen und diese miteinander teilen. “Das ist quasi das Whatsapp für die Produktion”, sagt Bergemann.
Ein Mitarbeiter kann so zum Beispiel auf seinem Mobilgerät alle Parameter eines Frequenzumrichters einsehen. Die App bietet unter anderem Alarmfunktionen, die den Anwender bei Problemen an einer Maschine informiert. Wenn schnell gehandelt werden muss, um den Fehler zu beheben, kann der Nutzer die Meldung an den betreffenden Mitarbeiter oder das gesamte Team weiterleiten. Die Verbindung zwischen der Nutzerschnittstelle der Maschine und dem Smartphone läuft dabei über WLAN.
In Zukunft könnten Apps im MES-Umfeld eine noch größere Rolle spielen, wenn man Experten glaubt. Zu diesen zählt zum Beispiel Olaf Sauer, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB). Er geht davon aus, dass MES-Funktionen künftig verstärkt in Mikro-Services zerlegt werden und als Apps auf großen IOT-Plattformen bereitgestellt werden. Auch Rockwell arbeitet an einer Plattform, auf der weitere Apps angeboten werden sollen.
Daneben gewinnen Analysefunktionen für IOT-Anwendungen zunehmend an Bedeutung. Dieser Entwicklung trägt Rockwell ebenfalls Rechnung. Mit FactoryTalk Analytics for Devices erhalten Anwender eine Appliance, mit er sich der Status von Geräten analysieren lässt.
Sobald diese an das Fabriknetzwerk angeschlossen ist, erkennt sie die angebundenen Automatisierungsgeräte. Werksteams erhalten dann über das System Handlungsempfehlungen oder Aktionsmeldungen in Echtzeit. Laut Hersteller lernt die Anwendung, was für den Nutzer wichtig ist, indem sie die Geräte kontinuierlich analysiert und die Empfehlungen bereitstellt. So sollen Fehler früher erkannt und Systeme schneller repariert werden können.
“Viele verschiedene Daten aus dem Produktionsumfeld miteinander zu kombinieren und auszuwerten, wird zu einem immer wichtigeren Thema werden”, sagt Thomas Donato, der bei Rockwell Automation als Präsident für die Region EMEA zuständig ist. “Wir werden dabei auch in Richtung Predictive Maintenance gehen. Außerdem werden wir Möglichkeiten des Machine Learning nutzen.”
In diesem Webinar am 18. Oktober werden Ihnen die unterschiedlichen Wege, ein Software Defined Network aufzubauen, aus strategischer Sicht erklärt sowie die Vorteile der einzelnen Wege aufgezeigt. Außerdem erfahren Sie, welche Aspekte es bei der Auswahl von Technologien und Partnern zu beachten gilt und wie sich auf Grundlage eines SDN eine Vielzahl von Initiativen zur Digitalisierung schnell umsetzen lässt.
Beim Thema Analytics setzt Rockwell zur Zeit zwar noch auf eigen entwickelte Technologien. Laut Donato wird sein Unternehmen aber dabei in Zukunft auch mit Partnern zusammenarbeiten.
Partnerschaften mit Cisco und Microsoft
Ohnehin spielen Kooperationen mit IT-Anbietern für Rockwell eine wichtige Rolle. “Unsere Kernkompetenz liegt im Produktionsumfeld”, stellt Donato klar. Know-how und Technologien von den IT-Spezialisten – zum Beispiel, um Lösungen auch über die Cloud anbieten zu können – sind daher gerne willkommen. So sollen Unternehmen aus der Fertigungsindustrie künftig zum Beispiel Cloud-Versionen der MES-Module einsetzen können.
Die IT-Anbieter Cisco und Microsoft sind sogenannte Alliance-Partner. Gemeinsam mit Cisco entwickelt Rockwell unter anderem Netzwerkkomponenten. Die Kooperation mit Microsoft zeigt sich zum Beispiel bei einer Lösung, welche die amerikanische Craft-Beer-Brauerei GLBC einsetzt. Das Unternehmen nutzt die FactoryTalk Analytics for Devices, um den Zustand seiner Braumaschinen zu überwachen. Die Lösung basiert auf einem Bot namens Shelby, der mit den Produktionsmitarbeitern mithilfe von Spracherkennung kommuniziert. Die Technologie nutzt dafür das Bot-Framework von Microsoft.
Cisco bezeichnet die endgerätenahe Hardwareseite von IoT als Fog Computing. Für dieses Thema hat der Hersteller ein großes Portfolio, das naturgemäß vor allem bei Netzwerk-Devices stark ist. Projekte werden konsequent durch Partner umgesetzt. silicon.de gibt einen Überblick.
Rockwell will aber noch weitere Technik aus Redmond einsetzen. Laut Bergemann arbeitet der Automatisierungsspezialist daran, Microsofts Hololens zu nutzen, um Mitarbeiter in der Produktion über die Datenbrille mit Informationen zu versorgen. “In zwei bis drei Monaten werden wir eine entsprechende Lösung demonstrieren”, so der Produktmanager.
Aus dem ERP-System bis zu den Maschinen in der Werkshalle
Die Möglichkeiten seiner Technologien nutzt Rockwell Automation auch für seine eigene Fertigung. Das Werk in Kattowitz beispielsweise profitiert laut Plant Manager Szymn Krupinski von einer durchgängigen IT- und OT-Landschaft. Daten aus dem ERP-System würden etwa bis zu den Maschinen in der Werkshalle geschickt.
Bei Microsoft zentriert sich das IoT-Geschäft um die Azure-Plattform, obwohl IoT-Lösungen auch von dem Softwareriesen wie üblich in allen Delivery-Varianten – On Premise, hybride und Public Cloud – angeboten werden. silicon.de gibt einen Überblick
Dort zeigt sich laut Donato, dass IoT auch in manuelle Prozesse integriert werden könne – zum Beispiel in einer Linie zur Fertigung von Motorkomponenten. Die Bauteile kommunizieren dabei mit dem MES. Per Monitor erhalten dann die Werker Informationen, wie das jeweilige Bauteil bearbeitet werden muss. So sei auch jeder Prozessschritt rückverfolgbar, erklärt Donato.
Rockwells EMEA-Präsident glaubt, dass sich durch IOT die klassische Automatisierungspyramide verändern werde. “Es wird zunehmend Brücken zwischen den einzelnen Stufen geben, die bisher weit voneinander entfernt waren – zum Beispiel wenn ein Sensor seine Daten direkt an das ERP-System schickt.” Dann wird Realität, was bei dem einen Industrie 4.0 und bei dem anderen Smart Manufacturing oder Connected Enterprise heißt.
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