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Wie Unternehmen mit KI den Geschäftsnutzen optimieren können

Es gibt eine breite Palette von Anwendungsbereichen, in denen Künstliche Intelligenz (KI) zum Zuge kommen kann. Einige Beispiele sind die vorausschauende Wartung von Maschinen (Predictive Maintenance), der Schutz von IT-Systemen vor Cyber-Angriffen, die Beantwortung von Kundenanfragen und das Erstellen von Prognosen über Marktentwicklungen und Absatzzahlen. Will ein Unternehmen abwägen, in welchen Bereichen KI erfolgreich einsetzbar wäre, gilt es zu prüfen, welchen wirtschaftlichen Nutzen die Technologie bringen kann. Der Maßstab dafür sind Faktoren wie Wachstum, Profitabilität, Innovation und Return on Investment (ROI). Hinzu kommen Punkte wie das eigene Geschäftsmodell, die Preisgestaltung sowie die Reputation eines Unternehmens.

In Deutschland nutzen derzeit nur wenige Unternehmen künstliche Intelligenz. Vor allem Startups setzen auf diese Technologie (Grafik: Bitkom Research)

Die zentrale Frage ist, welche Rolle Künstliche Intelligenz in diesem Kontext spielen kann. Dabei gilt es eines zu bedenken: Was die Nutzung von KI betrifft, ist der Reifegrad der meisten Unternehmen noch nicht sonderlich hoch. So setzen in Deutschland derzeit vor allem Startups Künstliche Intelligenz und Machine Learning ein, wie eine Studie des Markforschungsinstituts Bitkom Research belegt. Demnach nutzten 2018 39 Prozent der Startups diese Technologie; weitere 38 Prozent planten den Einsatz. Dagegen greifen von allen Firmen in Deutschland nur 11 Prozent auf KI-Anwendungen zurück oder haben vor, dies zu tun. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatz hilfreich, mit dem Unternehmen schnell und einfach einen Geschäftsnutzen aus KI ziehen können. Das lässt sich in drei Schritten erreichen.

Erster Schritt: Geschäftstätigkeit analysieren und Ziele definieren

Zunächst gilt es, die Art der Geschäftstätigkeit und die Zielrichtung des eigenen Unternehmens zu untersuchen. Das lässt sich beispielswiese anhand folgender Fragen überprüfen:

  • Stehen niedrige Kosten oder eine hohe Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt?
  • Konzentriert sich das Unternehmen auf schnelles Wachstum oder basiert seine Strategie auf Investitionen in Forschung und Entwicklung, Innovationen und eine hohe Produktqualität?
  • Sind Ausgaben in Ausrüstung und Betriebsgebäude geplant?
  • Steht der Shareholder Value im Vordergrund oder der Kundennutzen?

Die Antworten geben Aufschluss darüber, auf welche Weise KI-Anwendungen dazu beitragen können, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in seinem Marktumfeld zu stärken. Ausgangspunkte sind dabei die Branche, die Art der Geschäftstätigkeit sowie die mittel- und langfristige Unternehmensstrategie. Ein Einzelhändler hat beispielsweise die Möglichkeit, mithilfe von KI die Werbemaßnahmen und Bezahlverfahren zu optimieren. Außerdem liefert die Technologie Prognosen über die Nachfrage seitens der Kunden. Ein Industrieunternehmen wiederum kann Produktionsverfahren, die Wartung von Maschinen und die Logistik verbessern.

Künstliche Intelligenz kann allerdings mehr als bestehende Prozesse optimieren. Es handelt sich um eine disruptive Technologie. Daher bietet es sich an, auf Basis von KI neuartige Produkte und Services zu entwickeln, die einem Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das erfordert allerdings, vorhandene Denkmuster aufzubrechen und eine Innovationskultur zu etablieren.

Zweiter Schritt: Bestandsaufnahme des KI-Reifegrades

Der zweite Schritt besteht im Wesentlichen aus einer Bestandsaufnahme des KI-Reifegrades des Unternehmens. Zu klären ist beispielsweise, ob die erforderliche Dateninfrastruktur und das Datenmanagement vorhanden sind, welche KI-Algorithmen zum Einsatz kommen und wie es um die Rechenkapazitäten bestellt ist. Außerdem sollte das Unternehmen prüfen,

  • ob das Know-how vorhanden ist, um KI-Funktionen wie Natural Language Processing (NLP), Predictive Analytics und Bilderkennung zu nutzen;
  • ob bereits Produkte und Services vorhanden sind, die auf KI basieren;
  • ob die Geschäftsführung eine Agenda mit dem Ziel ausgearbeitet hat, den Nutzen von KI in möglichst vielen Unternehmensbereichen zu maximieren.

Die Resultate dieser Analyse lassen sich mit den Ergebnissen von Schritt eins in Beziehung setzen. Das heißt, es erfolgt ein Abgleich der Ziele (“Was wir wollen”, also einen höheren kommerziellen Nutzen durch KI erreichen) und der vorhandenen Mittel (“Was wir haben”, also einen bestimmten KI-Reifegrad). Auf diese Weise lässt sich ermitteln, wie sich vorhandene KI-“Assets” in einen wirtschaftlichen Vorteil umwandeln lassen. Außerdem zeigt die Analyse, in welchen Bereichen Nachholbedarf besteht. Wichtig ist dabei, sich auf die vorhandene Expertise rund um KI zu konzentrieren und auf dieser Grundlage neue Services und Geschäftsmodelle zu erarbeiten. Überzogene Erwartungen sind dagegen wenig hilfreich.

Strategische Faktoroen: Hilfestellung durch KI (Tabelle: Futurice)

Dritter Schritt: Die passende Taktik erarbeiten

Nun ist es an der Zeit, eine Vorgehensweise zu erarbeiten, um KI-basierte Lösungen zu Geld zu machen. Wie bei den ersten beiden Schritten ist es auch in diesem Stadium hilfreich, diverse Aspekte zu berücksichtigen, etwa:

  • Inwieweit das Unternehmen seinen Kunden KI-Lösungen oder darauf basierende Services anbieten kann.
  • Ob sich mithilfe von KI auf indirekte Weise der Geschäftsnutzen erhöhen lässt, etwa durch die Optimierung der Geschäftsaktivitäten.
  • Wie Künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, den Nutzwert bestehender Assets zu erhöhen und die Produktivität von Mitarbeitern zu steigern.
  • Oder ob sich ein Unternehmen mit KI-basierten Angebote “neu erfinden” und neue Kundengruppen ansprechen kann.

Futurice hat rund 20 solcher Taktiken identifiziert. Sie eignen sich insbesondere für Unternehmen, die kurzfristig Erfolge mithilfe von KI erreichen möchten. Je nach Unternehmen, dessen KI-Reifegrad, seiner Angebotspalette und Marktrelevanz sind jedoch viele weitere Optionen denkbar.

Eine Gewinn-Verlustrechnung für KI erstellen

Bei der Wahl eines Ansatzes ist ein weiterer Punkt zu beachten: Unternehmen sollten nicht auf eine einzelne Taktik setzen, sondern mehrere Vorgehensweisen miteinander kombinieren. Gefordert ist somit eine ganzheitliche Sicht auf KI-Ansätze und deren Vorteile für ein Unternehmen. So eröffnen KI-Lösungen nicht nur neue Geschäftschancen, sondern übernehmen zudem aufwändige manuelle Prozesse. Auch dies wirkt sich positiv auf den Geschäftsnutzen aus, etwa in Form niedrigerer Kosten und einer höheren Agilität.

Daher ist es empfehlenswert, eine Gewinn-Verlustrechnung zu erstellen. Sie sollte alle Anwendungsbereiche von KI-Lösungen und deren Wertschöpfungstreiber (“Value Driver”) erfassen. Zwei Beispiele: “Dank KI können wir in der Sparte X intelligentere Produkte anbieten, deren Preis um zehn Prozent höher liegt” – oder “KI optimiert unser Knowledge-Management, sodass wir die personelle Ausstattung von Entwicklungsprojekten um 20 Prozent optimieren können.”

“Was wollen wir” und “Was haben wir” sind die Ausgangspunkte für eine Analyse mit dem Ziel, mit KI den Geschäftswert eines Unternehmens zu steigern (Grafik: Futurice)

Tipps für Einsteiger

Zum Abschluss noch einige Tipps für Unternehmen, die mit KI den Geschäftswert steigern und die Kosten senken wollen. Klein anzufangen und einen Ansatz schrittweise weiterzuentwickeln, ist besser, als sofort mit einem voluminösen Projekt zu starten. Außerdem ist es eine Überlegung wert, Kunden in den Planungsprozess einer KI-Initiative einzubeziehen. Ein Unternehmen erhält dadurch Rückmeldung, ob die Kunden bereit und in der Lage sind, Geld für KI-basierte Angebote auf den Tisch zu legen.

Ein weiterer Punkt ist die Unterstützung durch die eigenen Mitarbeiter, da der Aufwand, KI-Ansätze zu wirtschaftlich lukrativen Lösungen weiterzuentwickeln, nicht zu unterschätzen ist. Um Konfliktpotenzial zu vermeiden, ist es daher notwendig, die Mitarbeiter frühzeitig in diese Prozesse einzubinden und ihnen die Angst vor der neuen Technologie zu nehmen.

Um KI zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen, stehen unterschiedliche Vorgehensweisen zur Wahl. Empfehlenswert ist, mehrere dieser Taktiken zu kombinieren (Bild: Futurice).

Wichtig ist außerdem, dass das Management hinter KI-Initiativen steht. Geschäftsführer und Bereichsleiter sollten prüfen, ob das Unternehmen, seine Kunden und die Mitarbeiter willens und in der Lage sind, mithilfe von künstlicher Intelligenz die Wettbewerbsfähigkeit und den Geschäftsnutzen zu steigern. Nach den Erfahrungen von Futurice fehlt es derzeit noch häufig am entsprechenden Engagement von Führungskräften. Nur wenige beschäftigen sich ganzheitlich mit Künstlicher Intelligenz und entsprechenden Geschäftsmodellen. Vielmehr überlassen sie Data Scientists und Software-Entwicklern das Feld. Das ist keine gute Idee. Denn nicht nur technische Erwägungen sind im Rahmen von KI-Projekten wichtig, sondern in immer stärkerem Maße das richtige Mindset und ein strategisches Geschäftsziel.

Über den Autor

Helmut Scherer hat über 20 Jahre Erfahrung in großen und auch kleineren Unternehmen. Als einer der Direktoren führte er ein europaweit agierendes Start-Up, das nach Japan und in die USA expandierte und baute eine digitale Business Unit eines globalen Konzerns auf. Seit 2015 treibt er als Managing Director das deutschlandweite Geschäft der Futurice GmbH voran und berät DAX 30-Unternehmen beim Wandel Ihrer Organisationskultur und der Digitalen Transformation.

Redaktion

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