Große Chance oder unkalkulierbares Risiko?

Wie sich Unternehmen technisch richtig auf das Metaverse vorbereiten, beschreibt Srikumar Ramanathan von Mphasis in seinem Gastbeitrag.

Überflüssiges „Spielzeug“ oder Kommunikationsform der Zukunft? Die Meinungen über das Metaverse gehen weit auseinander. Doch es ist davon auszugehen, dass gerade die technikaffinen jüngeren Generationen das Metaverse schon bald als neuen Lebensraum für sich entdecken werden. Das bietet Unternehmen große Chancen für neue Geschäftsmodelle. Doch welche technologischen Hürden gilt es für Unternehmen und gerade auch für Banken und Versicherungen zu bewältigen, damit der Sprung sicher und am Ende profitabel ins Metaverse gelingt? Und wie wird diese neue „Metanomics“ genau aussehen?

Gartner: Metaverse im Steigflug

Die Sinnhaftigkeit des Metaverse ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Doch den Ritterschlag hat es schon erhalten, was den Hype nur anfeuert: Der alljährliche “Hype Cycle” des Marktforschungsunternehmens Gartner sieht das dreidimensional erlebbare Internet derzeit im Steigflug – allerdings mit einer langfristigen Perspektive von etwa zehn Jahren. Auch JP-Morgan geht ebenfalls davon aus, dass das Metaverse in den kommenden Jahren beinahe alle Sektoren des Lebens durchdringen wird und schätzt den potenziellen globalen Marktwert auf eine Billion-Dollar jährlich.

Unternehmen, die frühzeitig in Metaverse-native Produkte und Dienstleistungen investieren, haben also gute Chancen, sich zukünftig im Wettbewerb von der Konkurrenz abzusetzen. Auch für Finanzdienstleister bietet das Metaverse eine gute Gelegenheit, jüngere Generationen als Kunden zu erschließen. Gerade Generation Z und Alpha gelten als äußerst aufgeschlossen für Kundeninteraktionen, während sie etwa am Computer spielen, reisen oder ihre sozialen Kontakte im Web pflegen.

Doch der Einstieg in das Metaverse erfordert die richtige Vorbereitung. Unternehmen sollten nicht nur über die Chancen, sondern auch über Eintrittsbarrieren und technologische Hürden Bescheid wissen, bevor sie den Sprung in den „Dritten Ort“ wagen.

Risiken und Chancen im Metaverse

Risiken wie Identitätsdiebstahl und der Verlust von Vermögenswerten existieren im Metaverse genauso wie in der realen Welt. Governance- und Rechtsrahmen für Eigentum im Metaverse befinden sich jedoch noch im Anfangsstadium. So unterscheidet sich beispielsweise der Schlüssel für den Zugang zu digitalem Eigentum stark von dem Schlüssel für physisches Eigentum. Im Metaverse gewährt der Schlüssel das vollständige Eigentum und die Kontrolle über den zugrunde liegenden Vermögenswert. In der physischen Welt dagegen würde dies nicht dazu führen, dass jemand eine Immobilie sein Eigen nennen könnte. Hier Sicherheit zu gewährleisten ist einer der größten technischen Herausforderungen.

Das ist einfacher gesagt als getan: Das Metaverse setzt sich aus vielerlei technischen Komponenten und Konzepten zusammen: Blockchain, Distributed Ledger, Token & Tokenization, NFTs & Marktplätze, Mixed Reality, dezentralisierte Identität und Kryptowährungen. Das sind alles einzelne Bausteine im Geflecht des Metaverse. Diese technische Komplexität allein ist schon eine große Eintrittsbarriere, da die einfache Digitalisierung bestehender Prozesse nicht mehr ausreicht. Stattdessen sollten Unternehmen ihre nativen Produkte und Dienstleistungen im Metaverse an dessen spezielle technische Eigenschaften adaptieren. Die Blockchain bietet sich etwa für finanzielle Transaktionen im virtuellen Raum an. Der Handel wird dabei größtenteils über NFTs, Kryptowährungen und Asset Tokenization verlaufen.

Es wird mehrere Metaversen geben

Da das Metaverse aus dermaßen vielen Komponenten besteht, die dezentral entwickelt und verwaltet werden, wird es auch kein einzelnes Metaverse geben. Damit Nutzer trotzdem in der Lage sind, ihre Assets zuverlässig über mehrere Metaversen hinweg zu verschieben, braucht es Interoperabilität. Vorstellbar wäre eine Art von Omniversum – eine Brücke zwischen den verschiedenen Metaversen.

Obwohl das Metaverse virtuell ist, besitzt es reale Transaktionsmöglichkeiten, die sich auf die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen und die Finanzwelt auswirken. Dies wird als Metanomics bezeichnet. Insbesondere hier liegen die lukrativen Chancen des Metaverse. So können digitale Güter jeglicher Art an die digitale Repräsentation des Kunden verkauft werden. Ein Grundstück ist etwa ein digitaler Vermögenswert, der über NFT, Token oder Kryptowährung gehandelt werden kann. Die Volatilität von Eigentumswerten im Metaverse ist dabei eine Chance für den Versicherungsbereich. Denn auch digitales Eigentum kann und muss versichert werden, um das System zu stabilisieren und Resilienz gegenüber Vermögensverlusten zu garantieren.

Vertrauen ist wichtig – Kontrolle ist besser

Die technologischen Komponenten, auf die das Metaverse aufbaut, müssen sicher und zuverlässig für Kunden und Unternehmen gleichermaßen funktionieren. Ansonsten werden nur wenige den Umstieg wagen. Der Zusammensturz der Krypto-Börse FTX zeigt etwa, wie schnell das Vertrauen in neue Technologien zusammenbrechen kann, wenn das darunterliegende System instabil ist. Cybersecurity, Eigentumssicherheit und Währungsstabilität sind also die größten Hürden auf dem Weg ins Metaverse. Zum Glück gibt es auf dem Markt bereits einige spezialisierte Unternehmen, die sich mit Themen wie Blockchain, Kryptowährung, Tokenization, Wallet Development bestens auskennen und damit als Partner auf dem Weg ins Metaverse in Frage kommen. Sollten diese technischen Hürden schließlich genommen werden, erwarten innovationsfreudige Unternehmen lukrative neue Arten, wie soziale Interaktionen und finanzielle Dienstleistungen miteinander verbunden werden können. Wer diese Brücke schlägt, tut sich leicht, die jüngeren sozial- und technik-affinen Generationen als dauerhafte Kunden zu gewinnen.

 

Srikumar Ramanathan

Senior Vice President bei Mphasis