Categories: KI

Kann generative KI das Kundenerlebnis verbessern?

Der Löwenanteil entfiel dabei in visuelle Medien mit einem Schwerpunkt auf soziale Medien und Marketinginhalte, KI-Avatare für Unternehmen und funktionsübergreifende APIs. Eine weitere große Investitionskategorie sind generative Schnittstellen mit den Unterkategorien für Mensch-Maschine-Schnittstellen, allgemeine Suche und Produktivität sowie Wissensmanagement. Diese Kategorien veranschaulichen die zukünftigen Vorteile der generativen KI im Vertrieb, bei Dienstleistungen, Marketing, Kundenservice und E-Commerce. Aber wie kann generative KI das Erlebnis von Mitarbeitern und Kunden konkret verbessern?

Wir haben mit Michael Maoz von Salesforce über die Auswirkungen von generativer KI auf die Verbesserung des Kundenerlebnisses gesprochen.

Warum erleben wir plötzlich einen Hype um generative KI? Was ist das genau, und warum sollten wir uns dafür interessieren?

Michael Maoz: In den nächsten fünf Jahren wird die generative KI mit dem traditionellen CRM verschmelzen. So wird in Zukunft eine intuitive Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden entstehen, die nie zuvor möglich war. Zunächst aber müssen wir das „Warum jetzt“ hinter dem Hype verstehen. Die KI-Technologien sind verwirrend. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Arten hilft.

Basic KI, also grundlegende KI, ist das schlussfolgernde Denken über einen Datensatz, unabhängig von seiner Größe. Diese KI kann jede einfache mathematische Routine schneller und genauer durchführen als ein Mensch und jederzeit arbeiten. Entwickler:innen können diese superschnellen und präzisen Fähigkeiten nutzen und Anwendungen wie die Berechnung von Routen, die Erstellung von Zeitplänen oder die Messung und Vorhersage der Motorleistung schreiben. Die künstliche Intelligenz blieb keineswegs dabei stehen. Sie entwickelte sich weiter, um aus der Vergangenheit abzuleiten, wie sie sich in der Gegenwart verhalten soll, um sich auf der Grundlage jeder künftigen Interaktion kontinuierlich zu verbessern. Ein Beispiel dafür ist ein selbstfahrendes Fahrzeug. Seine aktuellen Fähigkeiten sind das Ergebnis von Hunderten von Milliarden früherer Berechnungen und werden ständig verbessert. Dasselbe geschieht mit Alexa von Amazon und Siri von Apple. Die gleichen Prinzipien werden angewandt, um zu verstehen, welche Emotionen eine Person gerade hat, und zwar auf der Grundlage der KI-Analyse von Stimme, Tonfall, Intonation und Veränderungen im Atemmuster.

Jetzt kommt die generative KI ins Spiel. Künstliche Intelligenz hat sich an mehreren Fronten weiterentwickelt. Mit dem maschinellen Lernen wurde die Software befähigt, selbständig zu lernen und von Menschen oder anderer Software trainiert zu werden. Die Verarbeitung natürlicher Sprache ermöglicht es, Text oder Bilder auf der Grundlage von Texteingaben zu erzeugen. KI kann nun Bilder, Sprache oder Bewegungen erkennen.

Generative KI kann Kunstwerke, wie das Cover der Zeitschrift Cosmopolitan im letzten Jahr, Artikel, Videos und ein ganzes Gespräch zwischen KI und Mensch erschaffen. Diese Bilder und Texte sind so weit fortgeschritten, dass sie einen Menschen davon überzeugen, dass sie von anderen Menschen und nicht von Computern erstellt wurden.

Zusammengefasst bedeutet das: Generative KI hat die Möglichkeit, die Kreativität und Entscheidungsfindung in Unternehmen zu verändern, sobald sie für die Geschäftsanwendungen genutzt wird, die Wachstum und Effizienz unterstützen.

Wenn man sich die Aufmerksamkeit für generative KI in den Medien ansieht, scheint es das nächste große Ding zu sein. Warum halten Sie generative KI und KI dennoch für einen weniger wichtigen Faktor für den Unternehmenserfolg?

Michael Maoz: KI ist in den letzten fünf Jahren so weit gereift, dass sie in jede Software eindringen wird. In vielerlei Hinsicht hat sie das bereits getan. Es gibt aber noch ein großes Hindernis bei der Nutzung der neuen Technologie zu überwinden: die Verknüpfung von fortschrittlicher KI mit Personalisierung.

Es ist nicht die KI, die das Unternehmenswachstum und die Kundenbindung am meisten beeinflusst. In jeder Branche legt das Marketing sein Augenmerk auf diejenigen Faktoren, die den Kund:innen am wichtigsten sind. Bei Fluggesellschaften sind dies zum Beispiel die Flugkosten, die emotionale Bindung der Kunden an die Marke, die Verfügbarkeit von passenden Flügen und das Erlebnis beim Flug. Um diese Kundenerwartungen zu erfüllen, setzen Airlines auf Werbung, konkurrenzfähige Entlohnung des Flugpersonals, guten Kundenservice und operative Exzellenz.

Das heißt aber nicht, dass KI nicht wichtig ist. Sobald ein Unternehmen die Schlüsseldimensionen von Wachstum und Kundenbindung verstanden hat, lässt sich KI sinnvoll in Geschäftsprozesse einbetten, um diese leistungsfähiger zu gestalten. So kann, um beim Beispiel von vorhin zu bleiben, eine Fluggesellschaft generative KI nutzen, um Web-Erlebnisse, Videoinhalte und Nachrichten individuell zu personalisieren.

Zunächst müssen Unternehmen einen Plan entwickeln, um das richtige Team zusammenzubringen und generative KI in die bestehenden Customer Experience-Programme zu integrieren.

Wie passen Marketing und klassisches CRM mit KI zusammen?

Michael Maoz: Der Traum von der Personalisierung des Kundenerlebnisses ist schon 30 Jahre alt. Er war früher technisch limitiert. Die Unternehmen konnten ihre Visionen nicht in großem Umfang verwirklichen. Denn es gab keine Möglichkeit, alle Kund:innen auf ihren jeweils bevorzugten Kommunikationskanälen auf der Grundlage zuverlässiger Echtzeitdaten individuell zu behandeln. Da sich die digitalen Kanäle weiter ausbreiten und heute TikTok, WhatsApp, Websites, Geräte und mobile Apps umfassen, ist es eine große Herausforderung, diese mit den traditionellen Kanälen zu synchronisieren und die richtigen Kunden- und Geschäftsdaten zusammenzubringen.

Abgesehen von den Herausforderungen, die mit der Einführung der generativen KI verbunden sind, wo liegen die großen Chancen für Unternehmen, wenn sie es richtig machen?

Michael Maoz: Es ist unglaublich spannend, wie die generative KI mit den neuen Möglichkeiten der Datenverwaltung konvergiert und wie dies mit der Zukunft des CRM und der Kundeninteraktion verbunden ist. Das hat enormes Potenzial.

Die Vision, dass ein Unternehmen die Daten sammeln, sie für jede:n Kund:in und für mehrere Kundensegmente nach Prioritäten ordnen und dann anhand der Analyse dieser Informationen über den von den Kund:innen bevorzugten Kanal in Echtzeit mit ihnen interagieren, wird erst jetzt Realität.

Man kann sich das als eine Customer Data Cloud vorstellen. Bisher war es unmöglich, alle Kundendaten in großem Umfang zu verbinden. Sie kamen in zu vielen Formaten, von zu vielen Geräten, Anwendungen und Systemen. Außerdem waren es zu viele Daten für ein Unternehmen mit einem großen Kundenstamm. Allein für die Datenverwaltung waren Dutzende von Datenwissenschaftler sowie speziell entwickelte Konnektoren erforderlich. Bei Salesforce haben wir all das mit der Einführung von Salesforce Genie Customer Data Cloud geändert. Wir haben die Kundendaten miteinander verbunden, sie in einem Kundendiagramm harmonisiert und allen Abteilungen im Unternehmen zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis ist die Grundlage für ein personalisiertes Kundenerlebnis.

Was empfehlen Sie abschließend Unternehmen, um den Einsatz neuer KI-Technologien zu beschleunigen?

Michael Maoz: Zunächst gilt es klarzustellen, dass die KI, wie auch die Automatisierung und Analytics, das Leben der Menschen erleichtern soll. Es wird Gewinne geben, aber es geht nicht darum, Gewinne über Menschen zu stellen. Die Angst vor KI ist noch groß. Ein Großteil davon betrifft die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsplatz. Denn sie ersetzt alle einfachen, sich wiederholenden Tätigkeiten wie das Ausfüllen von Formularen, die Bewertung von Verträgen, Prognosen, Materialbestellungen und andere. Diese mathematischen Aufgaben eignen sich perfekt für KI. Für die Beschäftigten ergeben sich daraus zwei Szenarien: Entweder erledigen sie niedere Tätigkeiten, für die es teuer ist, KI und Robotik zu entwickeln, oder sie sind Wissensarbeiter, die ständig mit hochkomplexen Aufgaben konfrontiert sind, für die es keine einzige richtige Antwort gibt.

Das heißt, wenn KI nicht durchdacht eingesetzt wird, werden die Arbeitnehmer der Zukunft entweder schlecht bezahlt und gelangweilt oder gut bezahlt und gestresst sein. Die einzige Möglichkeit, KI in ein positives Ergebnis zu verwandeln, besteht darin, sie als unterstützendes Werkzeug einzusetzen, das Arbeiten produktiver und erfüllender macht.

Seien Sie deshalb kreativ und erstellen Sie eine kurze Liste mit den wichtigsten Prozessen, die Sie in Ihrem Unternehmen verbessern möchten, und prüfen Sie, ob KI eine Lösung bietet. Verantwortliche in Unternehmen sollten sich über die Auswirkungen von KI informieren. Sie müssen nicht nur die Technologie verstehen, sondern auch die Effekte auf bestehende Prozesse und damit auf die Unternehmenskultur.

Der Ratschlag lautet also: Um ein vertrauenswürdiges Unternehmen mit einem starken KI-Fußabdruck aufzubauen, sollten KI-Programme so formuliert werden, dass sie das Leben von Mitarbeitenden und Kund:innen verbessern.  Richtig gemacht – unter Beachtung ethischer und humaner Nutzungsrichtlinien zur Verringerung der mit KI-Technologien verbundenen Risiken – wird generative KI, die in Kundenprozesse integriert wird, die Kundenerfahrung verbessern und einzigartige neue Erfolgsmomente schaffen. Gehen Sie dabei mit Bedacht vor und machen Sie kleine Schritte in die KI-Zukunft. Die Kombination von KI-Technologien, Automatisierung im großen Maßstab und Echtzeit-Datenanalyse, Visualisierung und Berichterstattung ist der Schlüssel zur Verbesserung des Kundenerlebnisses.

Michael Maoz

ist  Senior Vice President of Innovation Strategy bei Salesforce und Experte für Kundenservice und Kundenerlebnismanagement. Er war zuvor bei Gartner als Forschungsleiter für den Bereich Kundenservice- und Supportstrategien tätig.

Roger Homrich

Recent Posts

Excel als Rückgrat deutscher Lieferkettenplanung

Lieferkettenplanung in Deutschland auf Basis von Excel bei 37 Prozent der befragten Unternehmen im Einsatz.

11 Stunden ago

Siemens automatisiert Analyse von OT-Schwachstellen

Bedienpersonal von Fertigungsanalagen soll mögliche Risiken auch ohne Cybersecurity-Fachwissen erkennen und minimieren können.

2 Tagen ago

Cyberabwehr mit KI und passivem Netzwerk-Monitoring

Schiffl IT: Anomalien im Netzwerkverkehr und in den Systemen in Echtzeit identifizieren.

3 Tagen ago

Zero Trust bei Kranich Solar

Absicherung der IT-Infrastruktur erfolgt über die Zero Trust Exchange-Plattform von Zscaler.

3 Tagen ago

KI in der Medizin: Mit Ursache und Wirkung rechnen

Maschinen können mit neuen Verfahren lernen, nicht nur Vorhersagen zu treffen, sondern auch mit kausalen…

4 Tagen ago

Sicherheit für vernetzte, medizinische Geräte

Medizingeräte Hersteller Tuttnauer schützt Gerätesoftware mit IoT-Sicherheitslösung.

4 Tagen ago