Die neue EU-Verordnung European Deforestation Regulation (EUDR) soll verhindern, dass in der EU gehandelte Waren zur fortschreitenden Entwaldung beitragen. Wer zum Beispiel ein Holzprodukt in den EU-Markt einbringt, muss dokumentieren, welche Holzarten zur Herstellung verwendet wurden, und dessen legale Herkunft belegen.
Schon die erste Überprüfung der deklarierten Holzart ist – je nach Material – allerdings keine leichte Aufgabe. So muss etwa Papier zeitaufwändig von Spezialistinnen und Spezialisten untersucht werden. Eine KI-Analysesoftware zur Holzartenbestimmung soll diesen Prozess künftig vereinfachen und beschleunigen: Forschende des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM entwickeln das automatische Bilderkennungssystem für die großflächige Überprüfung der Holzartendeklaration in enger Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut für Holzforschung.
Die weltweit wachsende Nachfrage nach Holz führt auch zum illegalen Schlagen von Bäumen. Um die gesetzeswidrige Holzverwendung einzugrenzen, trat schon 2013 die EU-Holzverordnung in Kraft. Sie gilt als Vorgängerin der jetzigen EUDR. Seither müssen Handelsunternehmen die Holzarten in ihren Produkten sowie deren Ursprungsort dokumentieren und so die legale Herkunft des Holzes in von ihnen in den EU-Markt eingebrachten Waren sicherstellen. Das betrifft auch Holzprodukte wie Spanplatten, Faserplatten, Papier und Pappe. Doch wie können Holzarten in Fasermaterialien zweifelsfrei identifiziert werden?
Die Prüfung der Holzprodukte wird derzeit zum Beispiel von den Mitarbeitenden des Thünen-Instituts, einem Forschungsinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), durchgeführt. Diese bekommen zahlreiche Warenmuster von der Industrie und den Behörden zur Holzartenkontrolle zugesandt – Tendenz steigend.
Die Muster müssen dann von Expertinnen und Experten unter dem Mikroskop analysiert werden – ein äußerst zeitaufwändiger Vorgang. Bei Papier und Faserplatten werden die Holzzellen aus dem Material gelöst, gefärbt und auf einen Objektträger präpariert. Im Mikroskop können die Zellen an ihrem Erscheinungsbild klassifiziert werden. Angesichts dieses zeitintensiven Präparations- und Prüfprozesses und der stetig zunehmenden Menge an Prüfaufträgen können die Mitarbeitenden nur eine begrenzte Anzahl an Gutachten bearbeiten.
Hier soll die neue KI-Analysesoftware unterstützen, das hochqualifizierte Fachpersonal entlasten, den Prüfprozess beschleunigen und automatisieren und so schnelle und effiziente Kontrollen ermöglichen. Entwickelt wird das neue automatisierte Bilderkennungssystem zur Holzartenbestimmung gemeinsam von Forschenden des Fraunhofer ITWM und des Thünen-Instituts für Holzforschung in Hamburg mittels Machine Learning im Projekt KI_Wood-ID. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL gefördert.
Im Projekt fokussieren sich die Forschenden zunächst auf Laubhölzer, insbesondere auf Plantagenhölzer, die weltweit für die Zellstoffproduktion angebaut werden. Anhand deren Gefäßzellen mit ihrer unterschiedlichen Struktur, Form und Größe lässt sich die Holzart mithilfe von Künstlicher Intelligenz bestimmen. Mit den Referenzpräparaten aus dem riesigen Holzfundus des Thünen-Instituts trainieren die Forschenden des Fraunhofer ITWM solange neuronale Netze, bis die KI in der Lage ist, eigenständig die charakteristischen Merkmale der Holzart zu identifizieren, zu klassifizieren und so die im mikroskopischen Bild einer unbekannten Probe enthaltenen Holzarten aufzuspüren.
Dabei wird jede Art wie etwa Birke, Buche oder Pappel einzeln trainiert. In den Bildern markiert die Analysesoftware zunächst die Zellen, die wesentlich für die Erkennung der Holzarten sind. »Die Probe ist dann auffällig, wenn sie Merkmale enthält, die nicht zu den deklarierten Holzarten passen«, sagt Dr. Henrike Stephani, Projektleiterin KI_Wood-ID und stellvertretende Abteilungsleiterin Bildverarbeitung am Fraunhofer ITWM in Kaiserslautern.
Übergeordnetes Ziel sei es, mithilfe der KI-Software den legalen Handel mit Holz zu stärken und infolgedessen den Verbraucher zu schützen. Besonderen Artenschutz genießt die Holzart Ramin. Ramin-Wälder sind der Lebensraum der Orang-Utans, z.B. auf Borneo. »Vor einigen Jahren wurden Hackschnitzel dieser Holzart zur Identifizierung ans Thünen-Institut gesandt, die von Greenpeace auf dem Lagerplatz einer asiatischen Zellstofffabrik gesammelt worden waren«, weiß Dr. Stephani. »Werden nicht nur Plantagenhölzer, sondern auch geschützte Arten wie Ramin zu Zellstoff und anschließend weiter zu Papier verarbeitet, sollen diese in Zukunft mithilfe unserer Methode im Produkt identifiziert und so die Hersteller zur Verantwortung gezogen werden.«
Ein erster Prototyp des Analysesystems kann bereits elf Laubhölzer erkennen, mit deren Referenzen er trainiert wurde. Im nächsten Schritt geht es an die Identifizierung von Nadelhölzern. Der Prototyp mit einer grafischen Benutzeroberfläche steht zunächst dem Thünen-Institut zur Verfügung. Langfristig soll die KI-basierte Bilderkennung jedoch Prüflabore und Behörden weltweit bei der Kontrolle des internationalen Holzhandels unterstützen. »Entwaldung und illegaler Holzhandel lassen sich letztendlich nur auf globaler Ebene verhindern, daher hoffen wir, dass künftig weltweit zugelassene Prüforganisationen von unserem System profitieren«, sagt die Forscherin.
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