Von unterstützender zu autonomer KI

“Unsere AI Agents erledigen Aufgaben nicht mehr nur auf Anfrage, sondern agieren proaktiv und eigenständig”, sagt Dorit Zilbershot von ServiceNow im Interview.
Frau Zilbershot, ServiceNow hat KI-Innovationen vorgestellt, darunter AI Agents und das AI Agent Studio. Was haben Unternehmen davon?
Dorit Zilbershot: Bis 2028, so Gartner, werden etwa 33 Prozent aller Unternehmensanwendungen KI-Agents integrieren – ein enormer Sprung von weniger als einem Prozent im Jahr 2024. Unsere neuen AI Agents und das AI Agent Studio adressieren genau diese Zukunftsvision: Wir bieten Unternehmen eine Plattform, die nicht nur eine assistierende, sondern auch eine autonome KI bereitstellt. Das bedeutet, dass unsere AI Agents nicht mehr nur Aufgaben auf Anfrage erledigen, sondern proaktiv und eigenständig agieren können – und das auf einer einzigen, integrierten Plattform, die Daten, Workflows und Systeme nahtlos verbindet.
Wie unterscheiden sich die AI Agents von traditionellen KI-Lösungen, wie sie bisher im Markt verfügbar waren?
Dorit Zilbershot: Viele der bisher verfügbaren Lösungen – denken Sie an einfache Chatbots – sind in ihrer Fähigkeit begrenzt, komplexe Aufgaben zu übernehmen oder verschiedene Systeme zu verbinden. Unsere AI Agents gehen weit darüber hinaus. Mit Workflow Data Fabric, einem integrativen Datenlayer auf der Now Platform, können unsere Agents auf Unternehmensdaten aus sämtlichen Anwendungen und Backend-Systemen zugreifen. Dadurch erhalten sie den Kontext, den sie brauchen, um nicht nur Anfragen zu beantworten, sondern auch intelligente, autonome Aktionen auszuführen.
Ein weiterer Unterschied ist unser Orchestrator Agent: Er sorgt dafür, dass spezialisierte Agents aus verschiedenen Bereichen – IT, Kundenservice, HR – perfekt abgestimmt zusammenarbeiten. Anstatt isoliert zu agieren, tauschen diese Agents Informationen aus, koordinieren sich und erreichen gemeinsam Ziele, die weit über die Fähigkeiten eines einzelnen Agents hinausgehen.
Welche konkreten Anwendungsfälle sehen Sie für die AI Agents in der Praxis?
Dorit Zilbershot: Unsere vorgefertigten Agents decken eine Vielzahl von Szenarien ab. In der IT können sie beispielsweise Tickets automatisch priorisieren und lösen, Anomalien erkennen oder Sicherheitsvorfälle bewältigen. Im Kundenservice übernehmen sie die Bearbeitung von Anfragen, bieten Self-Service-Optionen oder eskalieren Fälle an die richtigen Teams. Im HR-Bereich können sie Onboarding-Prozesse automatisieren, Anfragen von Mitarbeitenden bearbeiten oder Schulungen koordinieren.
Darüber hinaus bietet unser AI Agent Studio Unternehmen die Möglichkeit, maßgeschneiderte Agents für branchenspezifische Anforderungen zu entwickeln. Beispielsweise können in der Fertigungsindustrie Agents eingesetzt werden, um IoT-Daten in Echtzeit zu analysieren und Wartungsarbeiten proaktiv zu planen.
ServiceNow hebt hervor, dass es eine dritte Phase der KI-Innovation einleitet. Was genau bedeutet das?
Dorit Zilbershot: Wir definieren diese Phase als den Übergang von assistierender zu autonomer KI. In der ersten Phase unterstützte KI menschliche Entscheidungsfindungen, etwa durch Datenanalysen. Die zweite Phase war geprägt von generativer KI, die Inhalte erstellen konnte, zum Beispiel Texte oder Bilder.
Die AI Agents gehen noch einen Schritt weiter: Autonome KI bedeutet, dass Agents eigenständig Ziele definieren, planen und umsetzen können – basierend auf umfassenden Datenanalysen und einem tiefen Verständnis der Unternehmensprozesse. Dabei liegt der Fokus auf messbaren Ergebnissen wie gesteigerter Effizienz, niedrigeren Kosten und einer besseren Nutzererfahrung. Wichtig ist hierbei jedoch bei aller Autonomie, dass der Mensch selbstverständlich nach wie vor die Kontrolle über alle Vorgänge behält.
Können Sie mehr über das AI Agent Studio erzählen? Wie erleichtert es die Entwicklung und Bereitstellung von AI Agents?
Dorit Zilbershot: Das AI Agent Studio wurde entwickelt, um die Komplexität der KI-Entwicklung zu reduzieren. Mit einer No-Code-Oberfläche können Nutzer Agents durch natürliche Sprachbefehle erstellen. Das bedeutet: Sie beschreiben einfach, was der Agent tun soll, und das Studio generiert die notwendigen Workflows und Automatisierungen.
Das Studio enthält außerdem integrierte Tools wie Now Assist Skills, Flow Actions und Scripts, die es ermöglichen, Agents genau an die Anforderungen des Unternehmens anzupassen. Zusätzlich sorgt ein integrierter Testmodus dafür, dass Unternehmen ihre Agents direkt validieren und reibungslos in bestehende Prozesse integrieren können.
Wie adressiert ServiceNow Herausforderungen wie fragmentierte Daten und siloartige Systeme, die oft die Einführung von KI erschweren?
Dorit Zilbershot: Fragmentierte Daten und Silos sind tatsächlich ein großes Hindernis für die Einführung intelligenter Systeme. Unser Ansatz ist es, Daten zu vereinheitlichen – und hier kommt Workflow Data Fabric ins Spiel. Workflow Data Fabric ist eine integrierte Datenebene, die strukturierte und unstrukturierte Daten aus verschiedenen Quellen verbindet. Diese zentrale Datenbasis ist entscheidend, damit unsere AI Agents kontextbezogene Entscheidungen treffen können. Ein großer Vorteil ist zudem unsere Zero Copy Integration: Unternehmen können ihre Daten sicher mit der Now Platform verbinden, ohne diese duplizieren oder verschieben zu müssen.
Was ist Ihre langfristige Vision für ServiceNow und die Rolle von KI?
Dorit Zilbershot: Unsere Vision ist es, die zentrale KI-Plattform für Unternehmen zu sein, die Arbeitsabläufe intelligent automatisiert. KI wird dabei immer stärker vom reinen „Helfer“ zum aktiven Teilnehmer in Unternehmensprozessen. ServiceNow sieht sich als „Control Tower“ der KI-Transformation: Wir schaffen Ordnung in der Komplexität, indem wir KI, Daten und Workflows nahtlos verbinden. Unser Ziel ist es, Unternehmen bei der digitalen Transformation zu unterstützen und nachhaltige und skalierbare Lösungen für die Zukunft zu liefern.
Dorit Zilbershot
ist Vice President, Product Management AI, bei ServiceNow.