Deutsche Wirtschaft räumt Versäumnisse ein

82 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, die aktuelle Konjunkturkrise sei auch eine Krise zögerlicher Digitalisierung.
73 Prozent sagen, durch zu langsame Digitalisierung habe die deutsche Wirtschaft Marktanteile verloren, und 78 Prozent befürchten, ohne Digitalisierung werde Deutschland wirtschaftlich absteigen. Zugleich gibt eine Mehrheit (53 Prozent) an, Probleme bei der Bewältigung der Digitalisierung zu haben. Vor einem Jahr waren es noch 48 Prozent, 2023 erst 39 Prozent und 2022 sogar nur 34 Prozent. Das sind Ergebnisse einer Befragung von 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Deutschland im Mittelfeld
Nur noch 32 Prozent der Befragten sehen das eigene Unternehmen als Vorreiter bei der Digitalisierung (2024: 37 Prozent), aber 64 Prozent als Nachzügler (2024: 62 Prozent) und 2 Prozent meinen sogar, sie haben den Anschluss verpasst (2024: 0 Prozent). 7 Prozent der Unternehmen sehen ihre Existenz durch die Digitalisierung gefährdet, nach 4 Prozent vor einem Jahr.
Die Mehrheit der Unternehmen (53 Prozent) sieht Deutschland bei der Digitalisierung im Mittelfeld, ein Fünftel (22 Prozent) unter den Nachzüglern, weitere 5 Prozent halten Deutschland sogar für abgeschlagen. Umgekehrt verorten 13 Prozent der Befragten Deutschland in der Spitzengruppe und 1 Prozent als weltweit führend. Als Spitzen-Nationen bei der Digitalisierung gelten die USA (23 Prozent) und China (20 Prozent).
Neue Geschäftsmodelle
Deutschlands Unternehmen hingegen tun sich weiterhin schwer damit, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Zwar geben 46 Prozent der Unternehmen an, dass sich aufgrund der Digitalisierung ihr Geschäftsmodell verändert. Aber nur 3 Prozent der Befragten fällt die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle leicht und 13 Prozent eher leicht. Umgekehrt fällt dies 28 Prozent eher schwer, 23 Prozent sehr schwer – und 31 Prozent entwickeln überhaupt keine digitalen Geschäftsmodelle.
Aktuell machen nur 7 Prozent der Unternehmen mindestens die Hälfte ihrer Umsätze mit digitalen Produkten und Dienstleistungen – und dieser Anteil wird auch in den kommenden fünf Jahren den Erwartungen zufolge nicht steigen. Einen Anteil von 30 bis 50 Prozent am Gesamtumsatz haben Digital-Umsätze derzeit bei 19 Prozent der Unternehmen. Auch hier ändert sich das Bild nicht, wenn man nach den Erwartungen in fünf Jahren fragt: Ebenfalls 19 Prozent rechnen dann mit 30 bis 50 Prozent Digital-Umsätzen. Etwas anders sieht es am unteren Ende der Skala aus. Haben heute 13 Prozent der Unternehmen keine Digital-Umsätze, so rechnen in fünf Jahren nur noch 4 Prozent damit. Bei einem Umsatzanteil bis 10 Prozent sind es heute 18 Prozent, in fünf Jahren 19 Prozent. Und zwischen 10 und 30 Prozent erzielen heute 26 Prozent Digitalumsätze, in fünf Jahren wollen es 33 Prozent sein.
Nutzung von Technologien
Eine Reihe digitaler Technologien ist inzwischen in den Unternehmen angekommen oder steht kurz vor der Einführung. So nutzen 44 Prozent bereits Big Data, nach 37 Prozent vor einem Jahr. Weitere 38 Prozent sind in der Planungs- oder Diskussionsphase. Robotik nutzen 38 Prozent (2024: 36 Prozent), 34 Prozent überlegen dies derzeit. Das Internet of Things (IoT) kommt in 37 Prozent der Unternehmen zum Einsatz (2024: 30 Prozent), 45 Prozent denken darüber nach.
Virtual und Augmented Reality (VR/AR) verwenden derzeit 32 Prozent (2024: 29 Prozent), 24 Prozent planen es oder diskutieren darüber. 22 Prozent nutzen autonome Fahrzeuge (2024: 18 Prozent), 32 Prozent überlegen noch. Auf Künstliche Intelligenz setzen inzwischen 17 Prozent (2024: 13 Prozent), 40 Prozent sind in der Planungs- oder Diskussionsphase. Kaum verbreitet ist noch Blockchain-Technologie mit 6 Prozent Nutzung (2024: 3 Prozent) und 19 Prozent, die sich derzeit damit auseinandersetzen. Das Metaverse steht bei 1 Prozent Nutzung (2024: 2 Prozent) und 5 Prozent, die es planen oder diskutieren, sowie Quantencomputing mit unverändert 0 Prozent Nutzung und 2 Prozent, die darüber zumindest nachdenken.
Ungeachtet der teilweise geringen Nutzung digitaler Technologien nimmt deren Bedeutung für die künftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stark zu. So äußern 97 Prozent aller befragten Unternehmen die Ansicht, dass Big Data eine große oder sehr große Bedeutung hat. 92 Prozent sagen das für IoT, 90 Prozent für KI, 89 Prozent für Robotik, 73 Prozent für VR/AR, jeweils 66 Prozent für Blockchain und autonome Fahrzeuge sowie 58 Prozent für Quantencomputing. Am Ende rangiert das Metaverse mit 38 Prozent.
52 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass Unternehmen, die frühzeitig auf KI gesetzt haben, einen Wettbewerbsvorteil haben. Die Bedeutung der KI geht aber deutlich über die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit hinaus. So sagen 56 Prozent der Unternehmen, dass KI die Wirtschaft ganz grundsätzlich verändern wird. 45 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass KI Geschäftsmodelle in der eigenen Branche verändern wird. 35 Prozent rechnen mit einem Stellenabbau im eigenen Unternehmen durch KI. 51 Prozent warnen, dass die deutsche Wirtschaft bei KI den Anschluss an die Weltspitze verliert – und ein Viertel (26 Prozent) sieht sogar die Existenz des eigenen Unternehmens durch KI bedroht.