Pilotprojekt: Digitalisierung der IT-Infrastruktur im deutschen Stromnetz

Die Digitalisierung der Stromnetze ist eine zentrales Vorhaben der neuen Bundesregierung. Geplant ist ein beschleunigter Rollout von Smart Meter, um die Netze effizienter zu steuern und die Integration erneuerbarer Energien zu erleichtern. ​Nur Höchstspannungsnetze können große Mengen Strom mit geringen Verlusten über weite Strecken transportieren – unter anderem den in der Nordsee erzeugten Offshore-Strom über NRW bis nach Baden-Württemberg. Im Rahmen der Energiewende verschiebt sich die Stromerzeugung von wenigen Großkraftwerken hin zu vielen dynamischen und kleinen Anlagen.

Einsatz von RON-Technologien

„Wir gehen davon aus, dass zukünftig immer mehr Daten schnell übertragen werden müssen“, sagt Georg van de Braak, Leiter Hosting & Anwendungen bei Amprion. „Damit die zum Stromtransport so wichtige Netzinfrastruktur auch in Zukunft stabil funktioniert, testen wir in Partnerschaft mit Cisco den Einsatz von RON-Technologien. Das ist eine bedeutende technische Entwicklung für eine zuverlässige und flexible Stromversorgung in Deutschland.“

Auch neue Anwendungen aus dem Bereich der Virtual Reality, der KI-Einsatz sowie die Aufrechterhaltung der Cybersicherheit erfordern einen immer schnelleren Austausch wachsender Datenmengen. Zur Steuerung und Optimierung der Systemsteuerung kommt heute auch IT-Analyse und Automatisierung zum Einsatz: Aus Wetter-, Produktions- und Verbrauchsdaten wird die Auslastung der Stromnetze prognostiziert. Auf dieser Basis werden die Energieflüsse dynamisch vom IT-Netzwerk gesteuert.

40-mal mehr Datenvolumen

Bislang erfolgt die Datenübertragung für OT- und IT-Netze von Amprion über Glasfasern mit einer Regelgeschwindigkeit von 10 Gbit/s, in wenigen Teilbereichen auch 100 Gbit/s. Um den zu erwartenden Anforderungen an neue Protokolle und Lösungen in der Steuerungs- und Regelungstechnik zu entsprechen, wird eine Weiterentwicklung der bisher eingesetzten Technologie auf Basis von MPLS-TP oder SDH evaluiert. Diese bisherigen Techniken zur Datenübertragung werden in Zukunft voraussichtlich jedoch nicht mehr ausreichen.

Routed-Optical-Network-Technologien (RON) ermöglichen eine erheblich schnellere und einfachere Datenübermittlung – rund 40-mal mehr Datenvolumen kann auf der Glasfaserleitung transportiert werden. Gemeinsam mit Cisco prüft Amprion darum den Einsatz von RON auf seiner Bestandsinfrastruktur. Dabei handelt es sich um Glasfaser auf Freileitungen, die mechanischen und thermischen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Ziel ist es, die Standard-Bandbreite auf mindestens 400 Gbit/s zu erhöhen, ohne auf die bisherige hohe Übertragungsqualität zu verzichten.

Proof of Concept gelungen

Der durchgeführte Proof of Concept (PoC) hat die angestrebten Ergebnisse mit der eingesetzten Technologie von Cisco und Amprion bestätigt. Die circa 60 Kilometer lange Teststrecke mit Teilstücken unterschiedlichen Alters wurde über mehrere Monate unter verschiedenen Wetterbedingungen und energietechnischen Belastungen der Übertragungsleitung betrieben. Alle Werte waren im normalen Bereich und zeigten keine Fehlersituationen oder kritische Zustände auf.

Für die Implementierung der RON-Technologie sind keine neuen Glasfaserleitungen notwendig. Es reicht aus, die bestehende Glasfaserleitung im Höchstspannungsnetz durch neue Technologie an den Anfangs- und Endpunkten zu ertüchtigen. Bisher galt das als technologisch äußerst schwierig. Dazu werden moderne Technologien der Halbleiterfertigung genutzt.

Roger Homrich

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