Nur 6 Prozent präferieren US-Cloud-Anbieter

Bitkom-Umfrage: In der deutschen Wirtschaft wächst die Sorge vor zu hoher Abhängigkeit von Cloud-Diensten aus dem Ausland.
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Fast zwei Drittel (62 Prozent) der Unternehmen in Deutschland würden ohne Cloud-Dienste stillstehen. Zugleich halten mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Betriebe Deutschland für zu abhängig von US-Cloud-Anbietern, 82 Prozent wünschen sich große Cloud-Anbieter, sogenannte Hyperscaler, aus Deutschland oder Europa, die es mit den außereuropäischen Marktführern aufnehmen können.
Und: Jedes zweite Unternehmen (50 Prozent), das Cloud-Computing nutzt, sieht sich aufgrund der Politik der neuen US-Regierung gezwungen, die eigene Cloud-Strategie zu überdenken. Das sind Ergebnisse des „Cloud Report 2025“ des Digitalverbands Bitkom, für den 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland repräsentativ befragt wurden.
Vertrauensranking
Für praktisch alle Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen oder dies in Betracht ziehen (97 Prozent), spielt ein vertrauenswürdiges Herkunftsland des Cloud-Anbieters bei der Auswahl eine Rolle. Für 67 Prozent der Befragten ist es sogar eine zwingende Voraussetzung, 2024 war das nur für 58 Prozent der Fall. Alle (100 Prozent) würden einen Anbieter aus Deutschland bevorzugen, dahinter folgen mit 61 Prozent Anbieter aus der EU. Die USA liegen mit 6 Prozent gleichauf mit Großbritannien auf Platz 6, noch hinter den europäischen Nicht-EU-Staaten (14 Prozent), Japan (12 Prozent) und Indien (8 Prozent).
„Die Cloud ist für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar. Angesichts der geopolitischen Veränderungen ist der Cloud-Standort Deutschland in den Fokus gerückt“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Deutschland muss sich aus einseitigen Abhängigkeiten lösen, auch bei digitaler Infrastruktur. Das wird eine zentrale Aufgabe der neuen Bundesregierung sein.“
Allerdings müsse ein Cloud-Dienst, der Daten ausschließlich in Deutschland und vor ausländischem Zugriff geschützt verarbeitet, konkurrenzfähig sein, so die Studie weiter. Nur 12 Prozent der Befragten würden ein solches Angebot nutzen, wenn man länger als bei internationalen Wettbewerbern auf neue Funktionen warten muss. Für 8 Prozent wäre es akzeptabel, wenn nicht alle Funktionen von internationalen Anbietern vorhanden sind, 7 Prozent wären bereit, etwa 10 bis 20 Prozent mehr zu bezahlen und 6 Prozent würden Abstriche bei der Bedienbarkeit oder dem Service hinnehmen. Zwei Drittel (65 Prozent) würden allerdings keine dieser Nachteile akzeptieren.
Nachfrageentwicklung
Ausnahmslos alle befragten Unternehmen sind inzwischen in der Cloud oder ziehen dies zumindest in Betracht. Aktuell nutzen 9 von 10 Unternehmen (90 Prozent) Cloud-Anwendungen, vor einem Jahr betrug der Anteil 81 Prozent. Weitere 10 Prozent der Unternehmen planen die Cloud-Nutzung oder diskutieren darüber (2024: 14 Prozent). Für praktisch kein Unternehmen (0 Prozent) ist Cloud kein Thema, vor einem Jahr war das noch bei 5 Prozent der Fall.
In der Nutzung liegt die Private Cloud mit 74 Prozent deutlich vor Public-Cloud-Angeboten (59 Prozent). Viele setzen dabei auf mehr als eine Cloud. 29 Prozent der Befragten nutzen eine Hybrid-Cloud, also sowohl private als auch öffentliche Cloud-Dienste. Und 41 Prozent setzen auf Multi-Cloud, beziehen also Cloud-Dienste von unterschiedlichen Anbietern.
Insgesamt werden in der deutschen Wirtschaft rund die Hälfte (47 Prozent) aller IT-Anwendungen aus der Cloud betrieben, 2024 waren es noch 38 Prozent. In fünf Jahren soll der Anteil bereits bei 58 Prozent liegen, so die Studie weiter. Zugleich nutzen heute noch 10 Prozent der Unternehmen weniger als 10 Prozent ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud, in fünf Jahren wird das bei keinem Unternehmen mehr der Fall sein. Der Anteil der Unternehmen, die mehr als die Hälfte ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud beziehen wird sich gleichzeitig von 34 Prozent auf 63 Prozent fast verdoppeln.
Investitionspläne
Sechs von zehn Unternehmen (60 Prozent) fühlen sich allerdings auch gezwungen, Cloud-Dienste zu nutzen, weil die benötigte Software nur noch Cloud-basiert angeboten wird. Entsprechend steigen die Cloud-Investitionen. Rund die Hälfte der Befragten (46 Prozent) will im laufenden Jahr verglichen mit dem Vorjahr mehr investieren. Bei 14 Prozent sollen die Investitionen stark zunehmen, bei 32 Prozent eher zunehmen. 39 Prozent rechnen mit zum Vorjahr unveränderten Investitionen. Nur bei 8 Prozent sollen sie eher, bei 4 Prozent stark abnehmen.
Eine besondere Rolle kommt der Cloud auch beim Thema Künstliche Intelligenz zu. Aktuell nutzt jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) KI-Dienste aus der Cloud – aber für fast doppelt so viele (51 Prozent) wird KI aus der Cloud in fünf Jahren interessant sein. Ebenfalls stark zunehmen soll die Cloud-Nutzung des CRM (plus 19 Prozentpunkte, von 38 auf 57 Prozent), Webconferencing (plus 15 Prozentpunkte, von 50 auf 65 Prozent), Softwareentwicklung (plus 14 Prozentpunkte, von 31 auf 45 Prozent), Sicherheitssoftware (plus 14 Prozentpunkte, von 56 auf 70 Prozent) sowie Datenbanken (plus 13 Prozentpunkte, von 62 auf 75 Prozent).
Am häufigsten werden derzeit Lösungen für Personal, Buchhaltung und Finanzplanung (77 Prozent, Anstieg auf 79 Prozent) sowie klassische Office-Software (77 Prozent, Anstieg auf 78 Prozent) in der Cloud betrieben. Dahinter folgen E-Mail und Speicherplatz für Dateien (je 76 Prozent, Anstieg auf 81 Prozent). 62 Prozent nutzen die Cloud als Zugang zu Rechenleistung für unterschiedliche Anwendungen, für 68 Prozent ist das in Zukunft interessant. Verglichen mit der heutigen Nutzung rückläufig ist das Interesse an IoT-Diensten (um 2 Prozentpunkte, von 39 auf 37 Prozent), Kollaborationstools (um 8 Prozentpunkte, von 56 auf 48 Prozent) sowie an ERP-Lösungen aus der Cloud (minus 7 Prozentpunkte, von 44 auf 37 Prozent).
Anbieterpräferenzen
Die einfache Wechselmöglichkeit des Cloud-Anbieters ist aktuell nur für 41 Prozent der befragten Unternehmen, die die Cloud nutzen oder dies in Erwägung ziehen, ein zwingendes Kriterium bei der Auswahl. Ganz oben rangieren hingegen Vertrauen in IT-Sicherheit, Datenschutz und Compliance sowie Leistungsfähigkeit und Stabilität (je 99 Prozent) und die Möglichkeit zur Datenverschlüsselung (96 Prozent).
Mit deutlichem Abstand folgen dann Interoperabilität (69 Prozent), Nachhaltigkeitsthemen wie Klimaneutralität (67 Prozent), das Herkunftsland des Anbieters (67 Prozent) und Rechenzentrums-Standorte in Deutschland oder der EU (64 Prozent). Für eine knappe Mehrheit (55 Prozent) ist die Innovationsstärke einer Cloud entscheidend, 45 Prozent legen besonderen Wert auf niedrige Kosten und 39 Prozent auf weltweite Verfügbarkeit.