Gartner: Über 40 Prozent der Projekte mit agentischer KI werden bis Ende 2027 eingestellt

Gründe dafür sind unter anderem steigende Kosten, unklare wirtschaftliche Vorteile und unzureichende Maßnahmen zur Risikokontrolle.
„Die meisten dieser Projekte befinden sich noch in einer frühen Phase – es sind meist Experimente oder Proof-of-Concepts, die durch den aktuellen Hype entstanden sind und häufig fehlgeleitet eingesetzt werden“, erklärt Anushree Verma, Senior Director Analyst bei Gartner. „Das führt oft dazu, dass Unternehmen die tatsächlichen Kosten und die Komplexität der Einführung von KI-Agenten in großem Maßstab unterschätzen – viele dieser Projekte schaffen es deshalb gar nicht erst in den produktiven Betrieb. Es ist wichtig, den Hype zu durchschauen und strategisch kluge Entscheidungen zu treffen, wo und wie diese neue Technologie wirklich sinnvoll eingesetzt werden kann.“
Eine Gartner-Umfrage unter 3.412 Teilnehmenden eines Webinars im Januar 2025 zeigt: 19 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen bereits signifikant in agentische KI investiert hat. 42 Prozent berichteten von eher vorsichtigen Investitionen. 8 Prozent hatten bislang gar nicht investiert. Das restliche Drittel zeigte sich entweder unentschlossen oder abwartend.
Agent Washing
Ein zusätzlicher Treiber des Hypes: Viele Anbieter betreiben sogenanntes „Agent Washing“ – also die Umbenennung bestehender Technologien wie KI-Assistenten, robotergestützter Prozessautomatisierung (RPA) oder Chatbots zu angeblich agentenbasierten Lösungen – obwohl diesen oft die entscheidenden Merkmale echter Agenten fehlen. Gartner schätzt, dass von den Tausenden Anbietern lediglich rund 130 tatsächlich authentische agentenbasierte KI-Technologien anbieten.
„Den meisten derzeit verfügbaren Angeboten fehlt es an substanziellen Vorteilen oder einem echten Return on Investment (ROI)“, betont Verma. „Die zugrunde liegenden Modelle sind technisch noch nicht ausgereift. Sie verfügen weder über die nötige Handlungsfähigkeit, um komplexe Geschäftsziele eigenständig zu erreichen, noch sind sie in der Lage, über längere Zeit hinweg nuancierte Anweisungen zu befolgen. Viele Anwendungsfälle, die heute als agentenbasiert positioniert werden, erfordern keine agentenbasierten Implementierungen.”
Agentische KI mit Potenzial
Trotz dieser Anfangshürden markiert agentische KI laut Gartner einen bedeutenden Entwicklungsschritt bei den KI-Fähigkeiten und eröffnet neue Marktchancen. Sie bietet das Potenzial, Ressourcen effizienter zu nutzen, komplexe Aufgaben zu automatisieren und Innovationen im Geschäftsalltag voranzutreiben – und das weit über das hinaus, was klassische, skriptbasierte Automatisierungs-Bots oder virtuelle Assistenten heute leisten.
Gartner prognostiziert, dass bis 2028 mindestens 15 Prozent aller täglichen Geschäftsentscheidungen autonom durch agentische KI getroffen werden. Zudem sollen bis 2028 rund ein Drittel aller Unternehmenssoftware-Anwendungen über agentische KI-Komponenten verfügen.
Mehrwert und ROI muss belegbar sein
In der derzeitigen Frühphase empfiehlt Gartner, agentische KI nur dort einzusetzen, wo sie einen klaren Mehrwert oder einen belegbaren ROI liefert. Die Integration in bestehende (Alt-)Systeme ist oft technisch anspruchsvoll, kann bestehende Abläufe erheblich stören und erfordert nicht selten kostspielige Anpassungen. In vielen Fällen ist eine grundlegende Neugestaltung der Arbeitsprozesse die bessere Strategie für eine erfolgreiche Implementierung.
„Um den wahren Nutzen agentischer KI auszuschöpfen, sollten Unternehmen nicht nur auf die Automatisierung einzelner Aufgaben schauen, sondern die Produktivität auf Unternehmensebene in den Fokus stellen“, so Verma. „Ein guter Einstieg ist der Einsatz von KI-Agenten für Entscheidungssituationen, zur Automatisierung routinemäßiger Abläufe oder zur Bearbeitung einfacher Anfragen. Ziel ist es, den geschäftlichen Nutzen zu maximieren – sei es durch geringere Kosten, bessere Qualität, höhere Geschwindigkeit oder bessere Skalierbarkeit.“