Michael Freudenberg

ist Ditalisierungsexperte bei Avanade

Auch für die Digitalisierung gilt: Hausaufgaben machen!

Michael Freudenberg berät als Digital Advisor für Avanade Unternehmen bei der Strategie und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Die lassen sich oft mit dem sprichwörtlichen Griff nach den Sternen vergleichen. Der gelingt jedoch nur, wenn die Grundlage dafür stimmt.

Als ich noch ein kleiner Junge war, wollte ich tatsächlich eine Zeit lang Astronaut werden. Wie so viele andere Kinder habe ich jedoch auch den Satz gehört “Jetzt machst Du erstmal Deine Hausaufgaben”. So ähnlich ist es heute auch in der IT: Die Technologien existieren, um nach den sprichwörtlichen Sternen zu greifen – zuerst wollen jedoch die Hausaufgaben erledigt sein.

Digitalisierung (Bild: Shutterstock/Peshkova)

Niemand würde heute in eine Mercury-Kapsel aus den späten 1950-er Jahren steigen und damit einen Flug in den Weltraum wagen. Das Erstaunliche: Die Unternehmens-IT hingegen mutet in der entsprechenden Relation bisweilen durchaus historisch bis verstaubt an. Dennoch soll sie die Mitarbeiter innovativ auf die Reise Richtung Digitalisierung & Co. schicken.

So viele Möglichkeiten mit dem Siegeszug der Cloud auch entstanden sind, an der Umsetzung hapert es bisweilen nach wie vor. Und das liegt in der Tat nicht selten daran, dass ebendiese grundlegenden Möglichkeiten (Hausaufgaben) noch nicht in einem ausreichenden Maße nutzbar in den Unternehmen angekommen sind.

Entgegen der ersten Impulse handelt es sich hierbei nicht einmal um ein “deutsches Problem”: Das Meinungsforschungsinstitut Vanson Bourne hat im Auftrag von Avanade eine weltweite Studie zum Zustand und der Zukunftsfähigkeit der IT-Systeme in Unternehmen durchgeführt – eines der Ergebnisse lautet, dass rund um den Globus 65 Prozent der befragten IT-Entscheider beim Blick auf ihre Infrastruktur Zweifel in Sachen Digitalisierung haben; in Deutschland liegt diese Zahl übrigens bei 61 Prozent. Die große Frage stellt sich also: Wie kann diese unbefriedigende Situation geändert werden?

Zweigleisige Strategie erforderlich

Auch hier haben die Befragten der besagten Studie recht eindeutige Vorstellungen: 93 Prozent der IT-Entscheider befürworten weltweit eine zweigleisige Modernisierungsstrategie – das bedeutet die Optimierung des Kernsystems und das Erproben innovativer Technologien zur Umsetzung neuer Geschäftsmodelle. Interessant ist, dass lediglich 81 Prozent der in Deutschland interviewten Teilnehmer diesem Gedanken folgen, was jedoch für sich genommen immer noch ein sehr hoher Wert ist.

IT-Vorteile allein werden allerdings nicht zur Rechtfertigung der Modernisierung reichen – das sehen 93 Prozent der IT-Entscheider weltweit und immer noch 75 Prozent in Deutschland so. Und das ist aus meiner Sicht auch ganz nachvollziehbar, denn die IT ist ja Mittel zum Zweck, sie soll neue Geschäftsmodelle ermöglichen und voranbringen.

Dessen ungeachtet hat die Studie ergeben, dass sich allein durch die Modernisierung der vorhandenen Systeme in den existierenden Business-Konzepten bereits ein Umsatzwachstum von 14 Prozent realisieren lässt; zugleich besteht die Option, die Betriebskosten um bis zu 13 Prozent zu senken. Das bedeutet: Der ROI stimmt, und wer seine Hausaufgaben nicht macht, verschenkt bares Geld.

Immer wieder: Cloud

Ein Lichtstreif am Horizont ist die Tatsache, dass die Cloud dabei nicht mehr in Frage steht. Wie sie in die Unternehmen kommt, dazu gibt es verschiedene Ansätze und Vorgehensweise, aber das “ob” haben wir glücklicherweise überwunden. Auch das belegt die erwähnte Studie: 87 Prozent der Befragten weltweit und 88 Prozent in Deutschland gaben an, dass ihre Unternehmen dabei auf hybride Cloud-Technologien setzen, um vorhandene Rechenzentrumskapazitäten mit Cloud-Systemen wie etwa Microsoft Azure zu koppeln.

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Das ergibt durchaus Sinn, denn die Alternative wäre quasi ein Start auf der grünen Wiese für die neue Infrastruktur, parallel betrieben zur bestehenden. Ein Übergang ist sicher praktikabel. Eine solche Evolution hin zu einer “Cloud-first-Welt” ermöglicht ja auch sehr gut, die vielfach bevorzugte zweigleisige Strategie (siehe oben) kostengünstig umzusetzen. Gerade das Antesten von Ideen, die schnelle Umsetzung, schnelles Scheitern – ja, auch das gehört dazu – und resultierende Änderungen lassen sich so zügig umsetzen.

NASA-Astronaut Barry Wilmore (Bild: NASA)

Wo sind nun die Sterne?

Hier nähern wir uns dann natürlich erneut der Thematik, neue Geschäftsmodelle durch die IT zu ermöglichen. Denn auch das ist wie früher: Die Hausaufgaben waren ja nicht zu erledigen, um Erziehungsberechtigte oder Lehrkörper glücklich zu machen.

Für Unternehmen bedeutet das: Die Modernisierung der IT ist nicht die aufregendste aller Aufgaben; sie ist das A und O, um die echten Herausforderungen erfolgreich anzugehen. Wenn sich dabei im Vorbeigehen noch Kosten sparen beziehungsweise zusätzliche Umsätze erwirtschaften lassen, dann ist das eine mehr als willkommene Dreingabe.

Ich persönlich bin zwar kein Astronaut geworden, meine Hausaufgaben haben mir aber dennoch dabei geholfen, nach meinen ganz eigenen Sternen zu greifen.

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