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Aus dem sozialen Netz gefallen?

Die Mitgliedschaft gilt immer noch als eine Art digitales Statussymbol: Ohne Facebook-Konto wird man nicht gefunden – und findet mithin gar nicht statt in der weltweiten Kommunikation, ist regelrecht aus dem sozialen Netz gefallen. Doch dass die Facebookisierung der Welt unmittelbar bevorstünde, darf man inzwischen bezweifeln. Denn selbst die “Generation Internet” ist des Dauernd-online-Seins mittlerweile etwas überdrüssig: Insbesondere unter jungen Leuten in den USA, Großbritannien und Kontinentaleuropa verliert Facebook ständig an Zulauf, wie Studien der Marktbeobachter SocialBakers in diesem Jahr ergaben. Dabei könnte auch der Faktor Langeweile (“boredom factor”) eine Rolle spielen, so ein von der britischen Zeitung The Guardian zitierter New-Media-Spezialist. Viele App-affine Jugendliche, denen es vor allem um das Teilen und Verbreiten von Fotos ging, hatten sich ohnehin gleich bei Instagram angemeldet, bevor der Dienst von Facebook übernommen wurde.

Andere, reine Jugend-Netzwerke wie die VZ-Verzeichnisse in Deutschland sterben ganz aus, und während die Besucherkurve bei Wer-kennt-wen, Lokalisten und StayFriends zwischen August 2011 und August 2013 in den Keller rauschte, hat sie sich bei Xing auf recht überschaubarem Niveau stabilisiert – wobei gelegentlich zu hören oder zu lesen ist, dass die Macher des Business-Netzwerks sich mehr Aktivitäten ihrer Nutzer wünschen würden. Und damit sind nicht unbedingt die Event-Einladungen gemeint, die so manches Xing-Mitglied mit anstrengender Hartnäckigkeit versendet.

Nachhaltige Kontaktpflege ist mehr als online netzwerken

Gleichwohl geht “Event” grundsätzlich in die richtige Richtung. Denn um solide, nachhaltige Kontaktpflege zu betreiben, ist das persönliche Kennenlernen nach wie vor unverzichtbar. Es hat eben auch seine Vorteile, nicht zu den digitalen Eingeborenen zu gehören, die mit ständiger Online-Präsenz aufgewachsen sind: Die etwas ältere Generation weiß noch, wie man Kontakte knüpft und aufrechterhält, ohne dafür Mails oder permanente Statusmeldungen zu schicken. Was wäre ein Netzwerk wert, das nur virtuell existiert? Den Menschen hinter dem Profilfoto zu kennen, ist unverzichtbar.

Würde etwa die digitale Gemeinde ein Konferenz-Event wie die re:publica ausrichten (und per Videostream für die zugänglich machen, die keine Karte mehr bekommen hatten), wenn sie der Meinung wäre, der mehrtägige Austausch ließe sich genauso gut komplett online abhalten? Die Zahl der in Berlin präsenten Teilnehmer steigt seit Einrichtung der re:publica 2007 kontinuierlich an, und 2012 war selbst Regierungssprecher Steffen Seibert Interviewgast auf dem Podium – der, wie man vermuten darf, sehr genau über die Bedeutung persönlicher Kontakte Bescheid weiß. Für die “digital natives” verspricht die re:publica ein ähnlich obligatorisches Klassentreffen zu werden, wie es etwa die Hannover-Messe für Unternehmen aus den klassischen Industrien schon seit Jahrzehnten darstellt.

Soziale Netzwerke nach dem Hype

Verschwinden werden Facebook & Co deswegen noch lange nicht; es ist sehr unwahrscheinlich, dass Facebook einmal das Schicksal von MySpace blühen könnte. Manche Anforderungen und Tätigkeiten in der heutigen Welt sind ja ohne soziale Netzwerke gar nicht mehr vorstellbar. Wer beispielsweise mit einem über den ganzen Globus verteilten Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis in ständigem Austausch bleiben will, wird kaum auf die Netzwerkzeuge verzichten können, falls er nicht gerade über die Möglichkeit verfügt, im Flugzeug permanent um die Welt zu jetten.

Nutzer werden nur lernen müssen, zielgerichteter und zweckmäßiger mit sozialen Netzwerken umzugehen. So manch einer betrachtet im Rückblick die Zeit, die er in den letzten Jahren in ihnen verbracht hat, als gigantische Verschwendung. Dabei erkennen auch die Vertreter  der Nicht-Online-Generation ihre augenfälligen Vorteile für die Kommunikation durchaus an: In Sachen Termine ankündigen oder Inhalte teilen sind soziale Netzwerke so gut wie unschlagbar. Und auf diese Weise lassen sie sich auch ganz selbstverständlich in den Alltag integrieren, ohne ihn zu dominieren.  Da kann es dann durchaus vorkommen, dass Geschäftsfreunde beim Arbeitsessen allen Freunden, Bekannten und Kollegen, die dieses Mal nicht dabei sein konnten, via Smartphone oder Tablet eine Restaurantempfehlung schicken – garniert mit Fotos der Köstlichkeiten, die man gerade im Begriff ist zu sich zu nehmen.

Redaktion

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  • Das es ohne den persönlichen Kontakt einfach nicht geht wissen wir. Die Experimente der Teilnehmer der sozialen Netzwerke, um den AGB und der NSA ein Schnippchen zu schlagen tun ein weiteres, dadurch verschwinden die Herrschaften sehr schnell im Nirvana. Aber 2000 Facebook Kontakte habe ich auch echt nicht gebraucht ;-)

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