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Breitbandinternet – Lebensader unserer Wirtschaft

In Deutschland wird vielerorts Breitbandinternet noch als Add-on betrachtet. Als Mensch der viel geschäftlich unterwegs ist, fällt mir das vor allem an Hotelrezeptionen auf: “Möchten Sie Internetzugang in Ihrem Zimmer?” – “Natürlich!” – “Sehr schön, dass kostet Sie nur 20€ pro Tag”. Dieses Gespräch führt man hierzulande immer noch zu häufig. Meine Kollegen aus den USA und Großbritannien reagieren darauf immer etwas ungläubig, da für Sie Internet- und WiFi-Zugang selbstverständlich ist. Die Verfügbarkeit von schnellem Internet wird viel zu oft noch als Sahnehäubchen gesehen, denn als Selbstverständlichkeit, die es eigentlich längst ist.

Und es hört nicht an der Hotelrezeption auf. Laut dem Bericht zum Breitbandatlas Mitte 2014 des TÜV Rheinland (im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur) haben beispielsweise rund 80 Prozent aller deutschen Haushalte eine Übertragungsgeschwindigkeit von 16 Megabit pro Sekunde.

Dabei gibt es jedoch bei der Bereitstellung von Breitbandinternet erhebliche regionale Unterschiede. So sind es in ländlichen Wohngebieten nur noch 50 Prozent der Haushalte, die auf einen vergleichbar leistungsstarken Breitbandanschluss zugreifen können, in der Stadt sind es dagegen an die 92 Prozent. Diese Zahlen machen deutlich, dass der Ausbau eines flächendeckenden Breitbandnetzes, dass allen deutschen Haushalten einen technisch gleichwertigen Zugang zur digitalen Kommunikation liefert, noch lange nicht abgeschlossen ist.

Laut der neuen “Digitalen Agenda” der Bundesregierung sollen bis 2018 flächendeckend Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde erreicht werden. Betrachtet man das derzeitige Szenario, so ist dies ein ambitioniertes Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der weitere Ausbau gefördert werden. Dies ist keine leichte Aufgabe: Die Deutsche Telekom schätzt, dass der Ausbau rund 25 Milliarden Euro kosten wird. Jedoch sollte dabei nicht vergessen werden, dass Breitband-Internet weit mehr ist als schnelles Surfen im Internet – der wirtschaftliche Nutzen liegt auf der Hand. So hat eine Untersuchung der UNESCO/ITU Broadband Commission gezeigt, dass jede Steigerung der Breitbandabdeckung eines Landes um zehn Prozent ein zusätzliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,3 Prozent nach sich zieht.

Als Beleg für die wirtschaftliche Bedeutung lassen sich zahlreiche Beispiele anführen, allen voran die zunehmende Bedeutung des elektronischen Handels in den letzten Jahren. Nach Angaben der BITKOM kaufen heute 94 Prozent der Internet-Nutzer über 14 Jahre online ein. Das sind mehr als 50 Millionen Deutsche. In 2014 wurden in Deutschland mit E-Commerce rund 39 Milliarden Euro Umsatz erzielt, Tendenz steigend – und mit Zalando ging im vergangenen Jahr eines der erfolgreichsten deutschen Start-ups an die Börse – mit dem Verkauf von Schuhen und Kleidung im Internet.

Auch die zunehmend intensive Nutzung von Cloud-Services im Business- und Consumer-Sektor treibt die Nachfrage nach Breitband-Internet an. Beispielhaft sind hier neue Entertainment-Angebote wie Netflix, das kürzlich in den bereits hart umkämpften Markt für Video-Streaming in Deutschland eingestiegen ist und den Wandel und Innovation im Medienmarkt der Zukunft weiter vorantreibt.

So veröffentlichten BITKOM und Deloitte im September 2014 eine Prognose, dass sich das Geschäft mit Video-Streaming bis zum Jahr 2020 vervierfachen wird. Ein durchschnittlicher Netflix-Abonnement verbraucht momentan monatlich 45 GB an Daten – das ist nur mit einer Hochgeschwindigkeitsverbindung möglich.

Nicht zuletzt ist Breitband-Internet auch von entscheidender Bedeutung für das Bildungswesen. Großbritannien kann hier als Vorbild für andere europäische Länder dienen: Bereits in der Grundschule werden die Kinder in den Fächern Informatik und Programmierung unterrichtet.

Dabei geht es nicht etwa darum, eine ganze Nation potenzieller Software-Entwickler heranzuziehen. Vielmehr sollen die Kinder frühzeitig lernen, wie das Internet funktioniert und wie sie mit den damit verbundenen Datenfluten umgehen können. In der heutigen Informationsgesellschaft sind diese Kenntnisse entscheidend für den späteren Erfolg. Allerdings müssen die Schüler nicht bis zur Berufstätigkeit warten, um diese Fähigkeiten nutzen zu können.

Neue Konzepte des E-Learnings, die beispielsweise Videokonferenzen oder Online-Videos einbeziehen, ermöglichen völlig neue Formen des Unterrichts – aber nur für diejenigen, die eine Schule in einem Gebiet mit Breitbandabdeckung besuchen. Schüler in Ballungsräumen haben damit einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Altersgenossen in ländlichen Gebieten – ein unhaltbarer Zustand in einer Gesellschaft, die auf Wissen, Innovation und Information aufbaut.

Daher ist es gut, dass die Debatte über den Breitbandausbau wieder in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Die Diskussion darüber ist notwendig und muss intensiv weitergeführt werden. Schließlich hängen Erfolg und Wohlstand dieses Landes auch von der Verfügbarkeit von Breitband-Internetverbindungen ab. Und irgendwann gibt es dann auch Gratisinternet in unseren Hotels.

Redaktion

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