Andreas Zipser

ist Managing Director Central Europe bei Sage

Digitalisierung im Mittelstand: analytisch geplant und mit klarer Roadmap

Die Bereitschaft zum Handeln im deutschen Mittelstand in Bezug auf den digitalen Wandel wächst. Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erkennen die Vorteile der Digitalisierung.

KMUs sehen in der digitalen Weiterentwicklung von Unternehmensprozessen und Geschäftsmodellen die Basis für künftigen Unternehmenserfolg und spürbare Wettbewerbsvorteile. Dem „Digitalisierungsindex 2018“ zufolge hat bereits fast jeder zweite Unternehmer die digitale Transformation seines Betriebs als strategisches Ziel definiert. Im Rahmen der Studie wurden rund 2.500 KMUs aus 13 Branchen befragt. Immer mehr Verantwortliche berücksichtigen demnach Investitionen in die digitale Transformation ihres Unternehmens als eigenen Posten bei der jährlichen Budgetplanung.

Solide Analysen und planvolles Vorgehen

Nach der Sicherstellung der Finanzierung – wofür entsprechende Förderprogramme des Bundes, der Länder und der EU im Übrigen zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten bieten – geht es im nächsten Schritt an die Planung und Umsetzung der Digitalisierungsmaßnahmen. Diese sollten genau auf das Unternehmen und seine Bedürfnisse zugeschnitten sein. Das erfordert eingehende Prozessanalysen im Vorfeld, aus denen klar hervorgeht, welche strukturellen Veränderungen in der Betriebsorganisation wirklich notwendig sind. Digitale Transformationsprojekte greifen meist tief in alle Bereiche eines Unternehmens ein – von der Verwaltung über die Fertigung bis hin zu Betreuung der Kunden. Eine Roadmap zur Digitalisierung kann hier wertvolle Orientierung bieten, wenn es darum geht, wichtige Meilensteine bei der Digitalisierung eines mittelständischen Betriebes festzulegen. Hierbei empfiehlt sich ein Vorgehen in vier Schritten.

Schritt 1: Künftige Handlungsfelder bestimmen

Generell gibt es fünf Handlungsfelder, die für ein Unternehmen bei der digitalen Transformation relevant sind. Besonders in diesen Bereichen empfiehlt es sich, bestehende Abläufe genau zu überprüfen und Optimierungspotentiale zu identifizieren.

1. Strategie und Geschäftsmodell: Der Einsatz digitaler Systeme versetzt KMUs in die Lage, profitabel zu wachsen, da sich dadurch neue Möglichkeiten ergeben, innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln – ohne dabei mehr Ressourcen zu verbrauchen. Gleichzeitig führt die Digitalisierung zu einer deutlichen Effizienzsteigerung und damit zu einer beachtlichen Kostensenkung.
2. Ansprache und Betreuung von Kunden: Moderne Kommunikationstechnologien steigern die Qualität in der Kundenansprache und optimieren den Kundenservice. Der Zugriff auf vernetzte Daten macht den Kontakt schneller, direkter und einfacher. Zudem lassen sich viele servicebezogene und operative Routineaufgaben durch eine moderne IT-Infrastruktur elektronisch steuern und automatisieren. Ein weiterer Vorteil: Mit Hilfe digitaler Marketing-Methoden können Unternehmen gezielt und mit wesentlich weniger Aufwand Neukunden akquirieren.
3. Fertigungsabläufe: Durch untereinander vernetzte Anlagen und Systeme in der Produktion erhalten Unternehmen in Echtzeit wertvolle Informationen – beispielsweise zu Auslastung der Fertigungskapazitäten, zu Fehlern und Störungen im Betriebsablauf oder zu notwendigen Wartungsarbeiten. Damit kann schnell und flexibel auf Veränderungen im Produktionsprozess, in der Lieferkette und auf individuelle Kundenwünsche reagiert werden – ein wichtiger Schritt in Richtung Losgröße 1.
4. Geschäftsprozesse: Digitale Prozesse im Unternehmen lassen sich effizienter und gezielter kontrollieren als analoge. ERP-Systeme unterstützen dabei, sämtliche Geschäftsprozesse im Betrieb zu vernetzen und zentral zu steuern. Damit verbessert sich das Geschäftsergebnis insgesamt.
5. Mitarbeiter: Mitarbeiter profitieren sehr stark vom digitalen Wandel. Er ermöglicht zeit- und standortunabhängige Teamarbeit, bietet Vorteile bei der Weiterbildung und entlastet von Routineaufgaben. Auf Arbeitgeberseite können Arbeitszeiten so eingeteilt werden, wie es die Praxis erfordert und auch E-Recruiting bietet Unternehmen große Vorteile bei der Suche neuer Mitarbeiter.

Schritt 2: Start-Vorbereitungen treffen

Nach Abschluss aller Prozessanalysen und nach erfolgter Definierung aller notwendigen Digitalisierungsmaßnahmen geht es an deren praktische Umsetzung. Hierbei empfiehlt es sich, die anstehenden Schritte kommunikativ und hinsichtlich der Verantwortlichkeiten gut vorzubereiten. Zum einen sollten von Anfang an alle am digitalen Transformationsprozess beteiligten Mitarbeiter abteilungsübergreifend informiert werden. Zum anderen ist es wichtig, die Verantwortung für die Implementierung neuer digitaler Systeme in die richtigen Hände zu legen. Im Idealfall sind hierfür die entsprechenden Kompetenzen in der eigenen IT-Abteilung bereits vorhanden. Aber auch externe Berater und Dienstleister, die sich auf das Thema IT und Digitalisierung spezialisiert haben, bieten hier wertvolle Unterstützung.

Schritt 3: Neue Geschäftsmodelle entwickeln

Die digitale Transformation eines Unternehmens verbessert nicht nur seinen bisherigen Leistungsstandard, sondern bietet auch große Chancen, völlig neue Wachstumsfelder und Gewinnmöglichkeiten zu erschließen. Der Schlüssel hierfür liegt in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Als entscheidende Erfolgsfaktoren für ein digitales Geschäftsmodell haben sich drei strategische Ansatzpunkte herausgebildet: Zum einen die starke Vernetzung mit Kunden und Partnern, zum anderen die Konzentration auf ein Angebotsspektrum mit praxisgerechten Lösungen und Systemen und schließlich der Ausbau von Serviceleistungen zum Nutzen der Kunden.

Schritt 4: Innovative Anwendungen entdecken

Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor bei der digitalen Transformation eines Betriebs ist die Auswahl passgenauer Systeme und Tools. Anbieter von digitalen Systemen stellen eine Vielzahl von Möglichkeiten bereit, die Unternehmen die Arbeit erleichtern. Immer mehr Verantwortliche greifen dabei auf Software aus der Cloud zurück. Mehr als 85 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich bereits aktiv mit dem Thema und gut ein Viertel setzt schon heute Cloud-Services als Teil der IT-Strategie ein. Durch die Auslagerung der eigenen IT-Infrastruktur werden Betriebe nachhaltig von unproduktiven Arbeiten entlastet und haben damit wieder mehr Kapazitäten für Tätigkeiten mit unmittelbarem Wertschöpfungsbezug.

So entfällt durch Cloud-Hosting der Aufwand für Installation, Wartung, Aktualisierung und Sicherung der zahlreichen, verwendeten Programme im Unternehmen. Darüber hinaus erhöht sich durch die Nutzung von Software aus der Cloud auch die Sicherheit der IT – vor allem wenn auf System-Anbieter zurückgegriffen wird, deren Cloud-Lösungen ausschließlich in deutschen Rechenzentren gehostet werden. Denn: Diese entsprechen höchsten Sicherheitsstandards, die damit selbstverständlich nicht nur für die Software selbst, sondern auch für die Daten und Workloads der Anwender gelten, die diese über die Systeme eines Software-Providers in die Cloud geben.

Strukturiertes Vorgehen bei der digitalen Transformation eines Unternehmens auf Basis einer klar definierten Roadmap spart am Ende nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Zum einen lassen sich mit genau definierten Meilensteinen die entscheidenden Schritte auf dem Weg zur Digitalisierung eines Betriebes spürbar effizienter gehen. Zum anderen verringert sich durch gut geplantes Vorgehen die Wahrscheinlichkeit von strategischen oder lösungsbezogenen Fehlentscheidungen und damit verbundenen kostenintensiven Korrekturen um ein Vielfaches.