Uwe Hauck

hat Computerlinguistik und Künstliche Intelligenz studiert. Heute ist er Senior Software Engineer bei einem IT Dienstleister.

Ein Plädoyer für das Individuum am Arbeitsplatz

Der optimale Arbeitsplatz sei derjenige, den er nach seinen Bedürfnissen gestalten kann, so silicon.de-Blogger Uwe Hauck. Doch das sei zu selten der Fall.

Immer wieder gerate ich in Diskussionen, wie man richtig zu arbeiten hat. Da wird Getting Things Done propagiert, oder der leere Schreibtisch, da fordert der Chef, dass man ihm regelmäßig ToDo-Listen vorlegt, weil er einem nicht glaubt, dass der digitale Assistent das für einen erledigt (nein kein Witz, das ist mir vor einiger Zeit selbst passiert). Man bekommt die optimale Höhe des Tisches, des Lichts, des Monitors vorgeschrieben (wobei sich das oft von Jahr zu Jahr ändert, abhängig davon, welche wissenschaftliche Sau gerade durch die pseudowissenschaftlichen Medien getrieben wird). Auch verschiedenste Tipps, wie man seinen E-Mail-Eingang am besten sortiert, werden gegeben (wobei es bereits Studien gibt, die behaupten, die Sortierung würde nur Arbeitszeit kosten. Aber vielleicht gehört das bei manchem zum Prinzip? Ordnung schaffen, um auf eine sozial anerkannte Art zu prokrastinieren?

Ich sage, der optimale Arbeitsplatz ist derjenige, den ich nach MEINEN Bedürfnissen gestalten kann. Bei mir ist dieses Bewusstsein schon deshalb so ausgeprägt, weil ich als Linkshänder quasi permanent mit schlecht eingerichteten Arbeitsumgebungen zu kämpfen habe. Egal wo ich bin, egal was ich bediene, ich muss es zunächst für mich als Linkshänder umbauen. Dazu kommt noch, dass ich relativ groß bin und eine sehr gute Nahsicht habe. Also steht bei mir alles sehr viel höher und ich schätze auf dem Display kleine Schriften. Auch dafür habe ich schon das eine oder andere “Wie kannst du so bloß arbeiten” geerntet. Da frage ich mich dann immer, wie anders? Das ist meine optimale Einstellung, die ich im Laufe der Jahre gefunden habe. Aber nein, es muss so sein, wie es der Standard vorgibt. Dabei trifft der Standard meist nur wenige wirklich.

Auch was die Hardware angeht, plädiere ich für ein weitgehenderes “Bring your own Device”. Meine Termine organisiere ich schon seit über 15 Jahren nicht mehr auf Papier sondern elektronisch. Allerdings kann ich meinen privaten und meinen beruflichen Kalender, gerade weil es zwei getrennte Infrastrukturen sind nicht synchronisieren. Das bedeutet einen permanenten Doppelaufwand, will ich private Familien- und berufliche Termine koordinieren.

Wir sollten gerade in Zeiten, in denen uns die Technik so viele Möglichkeiten zur individualisierten Zusammenarbeit bietet, endlich das Individuum auch als Arbeitgeber mehr in seinem Arbeitsumfeld beachten. DEN optimalen Arbeitsplatz für ALLE gibt es nicht, es gibt nur den Arbeitsplatz, den sich jeder nach seinen Bedürfnissen optimal einrichtet. Und bitte, kommt mir nicht mit diesen “Effektiv Arbeiten in 24 Stunden” oder “So schaffen Sie mehr, in weniger Zeit” Ratgebern. Die machen, wenn man sie so anwendet, wie es manche Autoren oder auch Chefs sich vorstellen, die ihren Untergebenen diese Bücher angedeihen lassen, das Ganze nur noch schlimmer. Denn wer kann denn eigentlich sicher sein, dass seine Methode für andere ebenso gut funktioniert. Ich habe schon hinreichend viele Studien und Gegenstudien erlebt um zu wissen, dass der beste Entscheider für die eigene Produktivität man selbst ist. Ich zum Beispiel brauche einen persönlichen Arbeitsplatz, der nicht einfach nur kalt und funktional ist, andere wiederum wollen nichts was sie stört.