Gartner

Das Team der deutschen Gartner Analysten bloggt für Sie über alles was die IT-Welt bewegt. Mit dabei sind Christian Hestermann, Frank Ridder, Bettina Tratz-Ryan, Christian Titze, Annette Zimmermann, Jörg Fritsch, Hanns Köhler-Krüner, Meike Escherich und Helen Poitevin.

Künstliche Intelligenz – eine Bestandsaufnahme

Welche Folgen hat der flächendeckende Einsatz von künstlicher Intelligenz für den Arbeitsmarkt und wie wird sich dadurch die Wirtschaft weiterentwickeln? Antworten darauf gibt Peter Sondergaard, Executive Vice President, Research bei Gartner in diesem silicon.de-Blog.

Das Interesse an Technologien mit Künstlicher Intelligenz (KI) ist enorm und steigt auch weiterhin rapide an, aber man muss dabei stets bedenken, dass die Technologie immer noch in den Kinderschuhen steckt. Auch der praktische Einsatz von KI ist nach wie vor äußerst begrenzt: Nur wenige CIOs haben bereits ein flächendeckendes, unternehmensweites Projekt oder eine große Initiative implementiert. Allerdings plant eine große Anzahl dies in Zukunft zu tun. Wenn man bedenkt, was die Zukunft für die KI noch so bereithält, ist es auch wichtig, einmal innezuhalten. Wir sollten öfter mal Bilanz ziehen und schauen, auf welchem Stand wir uns aktuell befinden.

Künstliche Intelligenz und Arbeitsmarkt – schafft KI Arbeitsplätze oder schafft sie diese ab?

Beim diesjährigen World Economic Forum, welches vom 23.-26. Januar in Davos stattfand, war Künstliche Intelligenz (KI) ein Dauerbrenner-Thema. Ich persönlich fand die Diskussionen darüber am interessantesten, ob Künstliche Intelligenz in ihrer weitesten Definition Arbeitsplätze ersetzen oder aber den Menschen bei seiner Arbeit unterstützen wird.

Peter Sondergaard, Executive Vice President, Research Gartner ist Autor dieses silicon.de-Blogs. (Bild: Gartner)
Peter Sondergaard, Executive Vice President, Research Gartner ist Autor dieses silicon.de-Blogs. (Bild: Gartner)

Die aktuellen Schlagzeilen vermitteln oft den Eindruck, dass nur katastrophale Szenarien möglich sind – je mehr Unternehmen KI übernehmen, desto mehr Arbeitsplätze werden angeblich hinfällig. Aber KI ist nicht binär. Ja, einige Arbeitsplätze werden verlorengehen, das ist nicht zu leugnen. Es gibt jedoch keine Eins-zu-Eins-Korrelation zwischen dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und dem massiven Abbau oder dem Ersatz von Arbeitsplätzen. Nein, im Gegenteil: Künstliche Intelligenz steigert die menschlichen Fähigkeiten – sie erhöht unsere Genauigkeit, beschleunigt unsere Entscheidungsfindung und steigert unsere Produktivität. Und ebenso wie bei der industriellen Revolution wird auch dieser technologische Fortschritt die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern. Im Jahr 2020 werden voraussichtlich 2,3 Millionen Arbeitsplätze durch KI geschaffen, während 1,8 Millionen wegfallen – dies entspricht insgesamt einem Nettozuwachs von einer halben Million neuer Arbeitsplätze. Und damit nicht genug: Durch die Erweiterungen um KI werden im Jahr 2021 2,9 Billionen Dollar an Geschäftswert generiert und 6,2 Milliarden Stunden Arbeitsproduktivität eingespart.

Wenn die Produktivität steigt und die KI einige Arbeitsplätze übernimmt, werden sich die Menschen auch gegenüber neuen Skills öffnen. Denn Künstliche Intelligenz erfordert natürliche Intelligenz – und zwar die des Menschen. Hierin besteht die Herausforderung: Wie entwickelt man die Fähigkeiten, das Wissen und die neue Denkweise, die Künstliche Intelligenz braucht und verlangt? Und was noch wichtiger ist: Wer trägt die Verantwortung für die Umschulung der Arbeitnehmer? Sind es Unternehmen, Regierungen oder die Einzelpersonen selbst? Die letztere Frage löste bei einer meiner Sessions intensive und lebhafte Diskussionen aus. Die Antwort variierte je nach Land und Kulturkreis: Teilnehmer aus den USA sahen die Verantwortung eher bei den Großkonzernen. In China wiederum könnte die Regierung gemeinsam mit der Gesellschaft die Gewährleistung übernehmen, während in Europa der Ansatz einer Dreiergruppe aus Wirtschaft, Regierung und Individuen möglich sein könnte.

Daten sind das neue Öl – über „Datenverzerrung“ oder gar „Datensklaverei“

Eine weitere lebhafte und interessante Diskussion rund um Künstliche Intelligenz drehte sich um das Thema „Datenverzerrung“. Als wir darüber sprachen, was KI in Zukunft alles leisten könnte, kam in uns die Vorstellung auf, dass die Daten, die in KI-Umgebungen eingegeben und gesammelt werden, die Vorurteile ihrer Programmierer oder Anwender erben könnten. Wenn die Mehrheit der Programmierer nicht repräsentativ für die breitere Bevölkerung ist, dann laufen wir Gefahr, die gleichen menschlichen Vorurteile, die die Gesellschaft plagen, aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Diese berechtigte Frage bringt sehr unterschiedliche Meinungen hervor. Eines ist klar: Wir müssen Kinder viel früher darüber aufklären, wie man Daten liest und interpretiert und wie die potenzielle Verzerrung von Codes aussehen kann. Heutzutage wird den Schülern beigebracht, Literatur aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu interpretieren. Zukünftig sollten die Schulen den Kindern beibringen, Daten und Codes aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Oder wir könnten das Thema Diversität zu einer Priorität für die KI machen – Vielfalt in Bezug auf Menschen, Datenquellen und Problemauswahl wären dann Schlüsselkomponenten für den Erfolg einer KI.

Zudem haben wir uns ausgiebig mit dem Konzept des Dateneigentums beschäftigt. Wenn wir unsere persönlichen Daten weitergeben und sie in KI-basierten Umgebungen verwendet werden, sind wir dann „Datensklaven“ für diejenigen, die unsere Daten kontrollieren? Das ist eine interessante und lohnende Diskussion, da Daten – insbesondere unsere persönlichen Daten – in der Kontrolle einiger weniger liegen. Aber diese Daten sind auch ein integraler Bestandteil in den kritischsten Bereichen unseres Lebens: Gesundheitsfürsorge, Finanzen, Beschäftigung, um nur die wichtigsten zu nennen. Wir sind heute alle viel sachkundiger, schützender und selektiver in Bezug auf die Art und Weise, wie unsere Daten gesammelt und verwaltet werden. In der nächsten KI-Welle werden wir vielleicht unsere Daten besitzen und die Macht haben, sie wie jedes andere persönliche Gut zu behandeln. Wir könnten sie verkaufen oder tauschen und so die Wertgleichung für uns selbst in die Höhe treiben.

Falls dies weit hergeholt klingt, denken Sie doch daran: Vor nicht allzu langer Zeit war eine Welt mit interaktiven Robotern, in der wir dank Algorithmen Befehle sprechen und Einkäufe über einen Bot in unseren Schlafzimmern tätigen können, nicht mehr als eine Vorstellung.

Ausgewähltes Whitepaper

So lassen sich Risiken bei der Planung eines SAP S/4HANA-Projektes vermeiden

Ziel dieses Ratgebers ist es, SAP-Nutzern, die sich mit SAP S/4HANA auseinandersetzen, Denkanstöße zu liefern, wie sie Projektrisiken bei der Planung Ihres SAP S/4HANA-Projektes vermeiden können.