Uwe Hauck

hat Computerlinguistik und Künstliche Intelligenz studiert. Heute ist er Senior Software Engineer bei einem IT Dienstleister.

Lässt sich Social Media kommerzialisieren? Nein, aber ernst nehmen!

Wenn sich in Unternehmen nach einem Social-Media-Projekt die Katerstimmung einstellt, dann hat das ganz bestimmte Gründe, weiß silicon.de-Blogger Uwe Hauck, denn die Methoden aus den Lehrbüchern von der Uni helfen hier meist nicht weiter. Es sei wichtiger denn je, mit guten Produkte zu überzeugen.

Social Media ist keine Technologie, sondern eine Geisteshaltung
Social Media ist keine Technologie, sondern eine Geisteshaltung

Oft werde ich mit der Frage konfrontiert, ob man mit diesem Social Media Krams überhaupt als Unternehmen Geld verdienen kann. Die Antwort ist bei weitem nicht so einfach, wie viele glauben. Zum einen ist Social Media ein schwieriges Medium (schön wird das in einem brillianten Artikel von Mirko Lange in der Huffington Post), das sich nicht so einfach mit den “klassischen Marketingmethoden” aus den Lehrbüchern bearbeiten lässt. Zum anderen sehend das viele Entscheider zwar als etwas, das man mal tun sollte, setzen sich dann aber nicht wirklich damit auseinander, was dies bedeutet. Resultat oft, es gibt zwar ein Social Media Budget aber kein Konzept. Oder ein Social Media Budget, ein Konzept, aber niemanden, der das zu 100% umsetzen kann.

Und hier gleich mal die schlechte Nachricht. Auch wenn viele Social Media immer noch für eine Spielerei halten, es ist ein schwieriges Geschäft.

Denn im Gegensatz zu allen anderen Kanälen ist Social Media interaktiv. Ja, das mag so manchen befremden, aber es reicht nicht, in die Social Media Kanäle seine Verkaufsbotschaften hinauszublasen, die will schon kaum jemand in Fernsehen und Print ernsthaft sehen, in Social Media können zu platte Werbemaßnahmen aber völlig nach hinten los gehen.

Vergleichen wir doch mal eine beliebige Social Media Plattform mit einer großen privaten Party. So abwegig ist das gar nicht, denn die primäre Funktion von Social Media Diensten wie Facebook und Twitter FÜR DEN KUNDEN ist nicht, darüber Werbung zu bekommen, sondern mit Freunden und Bekannten Bilder, Nachrichten, Botschaften auszutauschen.

Man stelle sich vor, ein in den Farben des Unternehmens verkleideter Marketingfuzzi würde auf einer privaten Feier herumtänzeln, jedem, der es sehen will oder auch nicht seine Werbeflyer aufdrängen und immer mal wieder zum Xten Mal ein IPad verlosen. Denn würden wir doch alle achtkant rauswerfen? Ja, und das machen wir alle halt auch in den Social Media Plattformen. Wir blockend die Werbebanner, “unliken” die Firmenseite, wenn außer Marketinglügen, die immer alles schön und toll und viel besser als die Konkurrenz und unschlagbar anpreisen. (Eine Keynote eines beliebigen Herstellers zu einem neuen Produkt und man kann für zig Runden Buzzword Bingo leere Werbeworthülsen wie “fantastic”, “gorgeous”, “gamechanging” aufschnappen)

Bestand hat in Social Media nur ein Unternehmen, das sich ernsthaft mit den Belangen der Kunden auseinandersetzt. Das Kritik annimmt, auf Augenhöhe kommuniziert und mit den Kunden ehrlich umgeht.

Allen anderen kann ich nur sagen: Blast ruhig weiterhin euer Werbebudget in Print Anzeigen und verblödende TV Werbung. Die wollen wir zwar auch nicht sehen, aber da bekommt ihr das wenigstens nicht so direkt mit ;)

Wer sich weiterhin beklagt, dass die Kunden diese bösen Adblocker nutzen soll bitte nur einen ganzen Tag durchs Netz surfen und mir dann sagen, ob ihn die Flut an dummer Werbung annervt, die zum Teil genauso hirnverbrannt daherkommt wie die Printwerbung.

Sich in Social Media zu bewegen bedingt, dass man die Mechanismen versteht, dass man sich vernetzt, sich kümmert, aktiv ist, Blogger und Twitterer ernst nimmt, sie mit einbezieht und zu Fürsprechern fürs Unternehmen macht. Nicht durch plumpes Kaufen, sondern dadurch, das man sie ernsthaft vom Produkt ÜBERZEUGT! Was ich hier im Blog teste, habe ich wirklich in Händen gehalten, ausprobiert, getestet und meine Bewertungen dazu sind objektiv. Das ist Bedingung, das vergessen aber leider manche bei der Anfrage. Denn ich kann als Blogger nicht ernst genommen werden wollen, wenn ich mich von Unternehmen für positive Urteile bezahlen lasse. Meine erste Frage bei jeder Kooperationsanfrage ist deshalb auch: Darf ich auch darüber schreiben, wenn mir das Produkt nicht gefällt?

Das ist der Lackmustest für die Unternehmensanfrage. Nur, wer hier souverän genug ist, dieses Risiko einzugehen, hat bei mir eine Chance im Blog besprochen zu werden. Und, Achtung, das überrascht jetzt manche Unternehmen vielleicht, das ist bei JEDEM guten Blogger so. Also wenn euch jemand freudestrahlend sein Blog anbietet für eine geschönte Werbemaßnahme, tja, dann könnt ihr das Geld auch gleich verbrennen. Viel wert ist so ein Beitrag nicht.

Wenn man aber auch mit Bloggern auf Augenhöhe kommuniziert, dann hat man einen Marketinggewinn, der mit nichts sonst zu vergleichen ist. Ehrlich, offene und vor allem mit Reichweite gesegnete Mitglieder der Community. Ich kenne einige Firmen, die das begriffen haben. Aber viele stehen noch vor einem langen Weg.

Man kann wirklich sagen. Social Media ist in der Gesellschaft angekommen. In den Unternehmen bis auf ganz wenige Ausnahmen noch lange nicht.