Christoph Volkmer

ist Regional Vice President DACH bei Alfresco.

Mehr “Schengen” für die IT

Strukturierte Daten hier, Dokumente da: Enterprise Content Management (ECM) und Customer Relationship Management (CRM) werden noch immer als getrennte Applikationsbereiche angesehen. In der Arbeit mit Kunden in Vertrieb und Service laufen alle Informationen zusammen, aber in den Systemen sind die Daten noch strikt getrennt. Das muss nicht sein, meint silicon.de-Blogger Christoph Volkmer.

Manchmal, wenn ich im Ausland vom Flughafen-Gate zum Ausgang gehe, komme ich noch an den  Passkontroll-Häuschen vorbei. Das waren noch Zeiten, als man an jeder Staatsgrenze seinen Ausweis vorzeigen musste! Für mich als Bürger eines Schengen-Landes ist Reisen heute viel einfacher geworden. Denn die Staaten in Europa haben ihr “Silo-Denken” aufgegeben. Klar definierte Regelungen und Prozesse an den Grenzen sorgen für einen reibungslosen Verkehr von Personen und Waren zwischen den Staaten. Auch bei den Daten ist die IT dabei immer mehr Barrieren niederzureißen oder zumindest durchlässiger zu machen. Um im Bild des Grenzverkehrs zu bleiben: Die Visa-Pflicht ist heute schon abgeschafft, der systemübergreifende Datenverkehr geht leichter von statten. Richtig reibungslos gelingt es allerdings vielerorts noch nicht.

Vertrieb, Marketing und Kundendienst sind hier ein typisches Beispiel. Kaum ein Arbeitsgang, bei dem heute neben strukturierten Daten, wie beispielsweise Kunden-Stammdaten, nicht auch Dokumente im Spiel sind. So werden Dokumentenentwürfe in einem ECM-System erstellt, im Team bearbeitet und finalisiert, um sie anschließend mit den CRM-Informationen zu verknüpfen.

Die Wege, die dabei beschritten werden, um Dokumente mit Kunden-Daten zu verknüpfen, könnten aber gegensätzlicher nicht sein. Während die einen sich weitestgehend in die Hände eines Herstellers begeben, setzen andere auf ein Geflecht von Lösungen verschiedenster Anbieter, die für das Unternehmen und die jeweilige Aufgabe gezielt ausgewählt werden und somit bestens passen.

Alles auf eine Karte? Das lohnt nicht immer!

Zugegeben, es ist verlockend, so viele Anwendungen wie möglich aus einer Hand zu beziehen. Die Arbeit mit einem der “Dickschiffe” der Branche bringt zweifelsohne Vorteile. Die Anwendungen sind aufeinander abgestimmt, von der Hardware bis hoch zum Web-Interface und der Cloud-Anwendung. Das macht das Leben der IT einfach und bequem. Aber es birgt auch Risiken. Denn es ist nicht zwingend gesagt, dass die im “Bundle” gelieferte Lösung auch die Anforderungen des Business abdeckt. Hohe Kosten für Anpassungen sind die Folge – soweit es der Hersteller zulässt

Und so manches Unternehmen hat diese Bequemlichkeit mit langen Projektlaufzeiten und -kosten teuer bezahlt. Von den hohen Total Cost of Ownership über “sportliche” Wartungsverträge gar nicht zu reden.

Integration als Kostenfalle

Unternehmen, die diese Hersteller-Abhängigkeit scheuen, setzen daher auf Integration. Ihr Vorteil: Mit dem sogenannten “Best-of-breed”-Ansatz holen sie sich die jeweils technisch beste und für die eigenen Anforderungen optimal geeignete Anwendung ins Haus. Der Nachteil: Eine Schnittstelle für den Austausch von Daten und Dateien zwischen Systemen, wie beispielsweise einem ECM- und CRM-System, ist in der Regel nicht vordefiniert, eine Integration zwischen den Anwendungen muss erst geschaffen, sprich: programmiert, werden.

Und auch nach diesen Anfangsinvestitionen verursacht Integration immer wieder neue Kosten. Auch hier müssen Schnittstellen laufend geprüft und getestet werden. Da sich die Anforderungen des Geschäftsalltags kontinuierlich ändern, müssen im Rahmen des Change Managements ständig Anpassungen konzipiert, eingeplant und umgesetzt werden. Zahlreiche Beratungs- und Integrationshäuser haben hier ihren Honigtopf gefunden.

Mit der sprichwörtlichen Hand am Arm

Unternehmen, die den Aufwand (und die Risiken) individuell programmierter Schnittstellen scheuen, überlassen daher selbst im 21. Jahrhundert die Pflege von Systemen einfach ihren Mitarbeitern. Der Transfer von Daten und Files aus einer Applikation in die andere vollzieht sich auch heute noch an erstaunlich vielen Stellen über das “Interface Mensch”. So werden aktuelle Preislisten und andere, vertriebsrelevante Informationen von fleißigen Händen in Marketing und Vertrieb munter von einem Directory ins nächste kopiert oder in das Intranet, Extranet und das CRM-System kopiert.

Mal ehrlich: Zeitgemäß ist das nicht mehr. Wenn wir uns wirklich in einem Wettbewerbsumfeld befinden, in dem der “first mover” gewinnt, in dem Effizienz und Kosten entscheidende Erfolgsfaktoren sind, dann sind durchgängige Lösungen zu vertretbaren Kosten gefordert. Also doch alles aus einer Hand?

Stärken bewahren statt verwässern

Die Anforderung nach der Integration unterschiedlicher Datenformate und Dateitypen bedeutet nicht zwingend, dass sich CRM-Anbieter jetzt ECM-Funktionalität einverleiben müssten, oder umgekehrt. Eleganter löst dies der Cloud-Anbieter Salesforce. Das kalifornische Unternehmen setzt in seiner AppExchange auf Apps und Konnektoren, die die Salesforce-Community erstellt und  – wichtig! – auch pflegt und wartet. Diese Bindeelemente erlauben, dass Arbeitsabläufe optimal unterstützt werden. Außerdem helfen sie, mühsame Doppelarbeit zu vermeiden.

Innovative ECM-Hersteller haben solche Konnektoren bereits im Lieferumfang. So synchronisiert man beispielsweise die im ECM-System erstellten Dokumente mit Salesforce und stellt sicher, dass Vertrieb und Kundendienst stets mit den aktuellesten Dokumenten arbeiten. Gleichzeitig vermeidet man Datenredundanz. Die Gefahr, das CRM-System zu einem Datensilo für veraltetete Dokumente zu machen, ist damit passé – und das ohne zeitlichen Mehraufwand. Das “Interface Mensch” kann sich dann wertschöpfenden Aufgaben zuwenden. Denn die relevanten Dokumente sind von alleine im kleinen Grenzverkehr zwischen ECM und CRM unterwegs, automatisiert und ganz ohne Schranken.