Palm und Nokia fahren auf Linux ab

Mit neuen Plattformtechniken versuchen Palm und Nokia ihre Smartphones aufzupolieren – unabhängig voneinander. Beide Konzerne setzen dabei auf Linux. Nicht ohne Grund, denn die Plattform hat sich im mobilen Geschäftsbereich bewährt.

Palm lässt sich zwar noch etwas mehr Zeit, will aber noch vor Ende dieses Jahres ein lauffähiges Betriebssystem für die erfolgreiche Treo-Reihe auf den Markt bringen. Sie soll dafür sorgen, dass die gewohnte Umgebung ‘Palm OS’ auf einem reinen Linux-Kernel läuft.

Palms CEO Ed Colligan wollte aber übereilten Schlussfolgerungen vorbeugen. Wie er sagte, werde dies keinen kompletten Umstieg oder Kurswechsel nach sich ziehen. Palm werde weiterhin die Windows-basierten Smartphone-Systeme weiterentwickeln und ausliefern. Diese seien vor allem bei Business-Kunden und Carriern beliebt.

Die Linux-basierte Ausgabe soll allerdings für mehr Stabilität und bessere Performance der Smartphone-Systeme sorgen – daran ließ der Manager auf einer Analystenkonferenz in New York keinen Zweifel. Die neue Ausrichtung steht dafür, dass Palm sich von einem PDA- zu einem Smartphone-Hersteller entwickelt oder zumindest beide Wege geht – ähnlich wie bei den Plattformen.

Verglichen mit den Handheld-Verkäufen hat sich der Smartphone-Bereich – geführt von Bestseller-Modellen aus der Treo-Reihe – gemausert. Laut aktuellen Zahlen habe der Hersteller im dritten Quartal des Fiskaljahres 2004 erst 28 Prozent des Umsatzes mit Smartphones erwirtschaftet, im dritten Quartal des Jahres 2006 waren es hingegen 86 Prozent, sagte Colligan.

Die neue Linux-Plattform soll als Upgrade der Palm-OS-Plattform zu diesem wachsenden Erfolg beitragen. Und damit, dass die Linux-Version nicht an andere Smartphone- oder Handheld-Hersteller linzenziert werden soll, sondern im Haus bleibt, soll der ehemalige “Kauf-Kandidat” seine Unabhängigkeit am Markt behaupten.

Das Zugeständnis an die Linux-Fans in kleinen Unternehmen kommt nicht von ungefähr, wie Marketing-Chef Brodie Keast betonte. Die Umsätze mit Geschäftskunden seien eingebrochen. Daher wolle Palm mit Linux-Angeboten zum einen für mehr Attraktivität bei den Business-Usern sorgen und zum anderen sogar mehr Privatanwender ansprechen. Der Verkauf an diese Kunden, wie auch an Mittelständler und User in Kleinunternehmen, brächte zweistellige Umsatzzuwächse.

Das Linux-Angebot von Nokia verfolgt hingegen ganz andere Ziele: Ein neues Plug-in richtet sich an Entwickler und soll die eingesetzte Symbian-Plattform für Linux-Fans öffnen. Nokia ist ein Vorreiter dabei, die immer noch dominante Plattform Symbian und die Linux-basierten Mobilfunkanwendungen miteinander zu verknüpfen. Dafür sorgt ‘Nokia Open C Plug-in’, eine Erweiterung des Entwicklerwerkzeugs (SDK) ‘S60’ 3rd Edition. Entwickler, die mit offenen Werkzeugen und Anwendungen arbeiten, sollen damit ihre Software leichter auf Symbian portieren können. Schließlich läuft die verbreitete Smartphone-Version des Nokia-eigenen Systems ‘S60’ auf Basis von Symbian.

Allerdings war die Verbindung von Symbian und Linux nicht so unproblematisch und ging nicht ohne Zwischenstufen vor sich: Wie es in US-Medien heißt, war die Anpassung von Symbian und die Kompatibilität mit der Umgebung PIPS vorausgegangen. Da Linux PIPS-kompatibel ist und PIPS mit Symbian kann, ergab sich nun der Weg, den Nokia als erster Mobilfunk-Gerätehersteller beschreitet. Open C ist schließlich eine POSIX-Komponente (Portable Operating System Interface for Unix). Und PIPS heißt ‘PIPS is POSIX for Symbian’.

Nokia unternahm damit den Versuch, einerseits den Programmierern Wege für die Verbindung hin zu Symbian aufzuzeigen und diese Anwendergruppe mit einzubeziehen. Zum anderen soll das Plug-in die Weiterverwendung von bereits bestehender Software erleichtern. Aufgrund des Engagements von Nokia erwarten Entwickler einen Schub für Linux auf Smartphones.