Hat CRM auf Mietbasis überhaupt eine Chance?

ASP-Modelle gewinnen an Popularität, doch etablierte Hersteller beginnen langsam, die Nachteile ihrer teuren Suiten in Vorteile umzuwandeln.

Während Siebel Systems, Marktführer bei Software für das Customer Relationship Management (CRM), mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hat, florieren die Geschäfte bei Salesforce.com. Der Markt hat sich binnen weniger Jahre grundlegend verändert. Als Geheimnis gelten neue Vertriebs- und Geschäftsideen, die den oft holprigen und daher verschrieenen CRM-Projekten den Schrecken nehmen sollen. Das ursprünglich als Anbieter von Vertriebsinformationssystemen gestartete Unternehmen hat also sein Portfolio auf Webservices rund um das Customer Relationship Management ausgebaut. Doch noch geben sich die Großen der Branche nicht geschlagen.
Den Vorsprung vor diesen Alteingesessenen machen die Salesforce-Manager vor allem vom Geschäftsmodell abhängig. Im Gegensatz zu den herkömmlichen, meist umfangreichen CRM-Suiten der großen Hersteller sei beispielsweise das angebotene CRM zur Miete einfacher zu handhaben, zu portionieren und – besonders wichtig – auch noch billiger.

Das Geschäftsmodell beruht aber auf einer breit gefächerten Kombination aus mietbaren CRM-Tools und gehosteten Service-Angeboten. Der Anwender bezahlt dabei einen Jahresbeitrag und überlässt die Administration der Tools sowie die Datenverwaltung dem Dienstleister. “Niemand muss eine Zeile Programmcode schreiben”, trommelt Ariel Lüdi, Senior Vice President für Europa von Salesforce, “unsere Kunden erhalten eine individualisierbare CRM-Umgebung via Netzanschluss.”

<b>Lernkurve steigt an</b>

Keine Softwarelizenzen, keine teure Implementierung und die Integration in die bestehende Hard- und Softwarelandschaft wird mitgeliefert – das klingt nach Schnäppchen in den Ohren kostengebeutelter IT-Verantwortlicher. Der Ansatz ist allerdings so neu nicht. Er stammt aus Zeiten, als Application Services Provider (ASP) erstmals begannen, Software-Funktionen über das Internet als Dienst “aus der Steckdose” anzubieten. Spektakuläre Pleiten und der fehlende Nachweis über einen echten Mehrwert ihrer meist gleichen und nicht branchenorientierten Angebote haben dem ASP-Boom ein jähes Ende bereitet.

Online-Provider und Anwender haben aber inzwischen dazugelernt, will zumindest der “Online-CRM-Anbieter” beweisen. Eine bessere Software-Technik, die sich mit wenig Aufwand auf branchenspezifische Anforderungen einstellen lässt, und ein höheres Maß an Skalierbarkeit seien die Trümpfe, mit denen Salesforce gegen die etablierten Hersteller antrete.

<b>Dickschiffe wiegen sich in Sicherheit</b>

Gegen den Ansturm fühlen sich aber die etablierten CRM-Schwergewichte gut gewappnet. Die Vertreter aus dem Lager des Enterprise Ressource Planning (ERP) verfolgen argwöhnisch die ASP-Ambitionen und antworten so selbstsicher wie Dieter Roskoni, Director Strategic Product Marketing EMEA bei Peoplesoft: “Ich kenne kein Unternehmen, das seine sensiblen Kundendaten aus dem Haus gibt.”

Es spreche vieles dafür, die Kompetenz für das Management von Kundenbeziehungen unter dem eigenen Dach zu halten, ergänzt Christian Schmidt, Vertriebsleiter mySAP CRM aus dem Hause SAP. “Beispielsweise setzen wettbewerbsstarke Firmen ERP-Komponenten ein, um Geschäftsprozesse nicht nur abzubilden, sondern um sie zu steuern und darüber mehr Tempo in die Abläufe zu bekommen”, sagt er. Das CRM-Umfeld muss mit dieser Entwicklung Schritt halten und neben der Verwaltung von Kundenstammdaten auch analytische Fähigkeiten zur Auswertung von Daten aus dem Kundenportfolio zur Verfügung stellen sowie Angaben über Absatzverteilung, Umsatz- und Marktanteilsentwicklung. “Das ist mit heutigen ASP-Lösungen kaum zu realisieren”, versichert Schmidt.

Für Uwe Ritter, Executive Director Architecture bei Siebel Systems Deutschland, steckt hinter CRM nicht nur mehr Software. “Man muss von der Kundenanfrage über Kampagnenmanagement bis zur Markenpflege alle Prozesse beherrschen”, sagt Ritter. Das erfordere eine enorme Flexibilität der CRM-Umgebung, die sich laufend an geänderte Kundenwünsche und Marktbewegungen anpassen muss. “Wer CRM auf ein Produkt reduziert”, schlussfolgert Ritter, “fährt das Projekt an die Wand.”

<b>Kundentransparenz auf allen Kanälen</b>

Siebel verfolgt mit seinem CRM-Ansatz ein Multichannel-Modell auf Portal-Basis, das eine Rundumsicht auf alle Kundenbeziehungen und -aktivitäten erlaubt. Das zugrundeliegende Datenmodell berücksichtigt Hunderte von Geschäftsprozessen, die sich je nach Branche und Unternehmensgröße in zahllose Datenobjekte mit unterschiedlichen Sichten und Funktionen unterteilen. Hinzu kommen Schnittstellen zu anderen Unternehmensanwendungen, die Informationen aus Call-Centern oder anderen Quellen wie Verkaufsabteilung und Marketing weiterleiten und verarbeiten. Kein Wunder, dass solche Implementierungen schnell an Komplexität zunehmen und von den IT-Verantwortlichen ein hohes Maß an Know-how und Weitsicht erfordern.

Dagegen wirkt Online-CRM wie ein Softwarezwerg, der zwar Vertriebs- und Marketingaufgaben unterstützt, aber bei umfangreichen Kampagnen mit hohem Abstimmungsbedarf zwischen den Fachabteilungen und mobilen Außendienstmitarbeitern kaum mithalten kann. Branchenerfahrene Online-Anbieter offerieren deshalb bereits vordefinierte Prozessmodule, die sich mit wenig Aufwand mit vorhandenen Geschäftsapplikationen integrieren lassen.

Das kommt kleinen und mittleren Unternehmen entgegen, die sich keine umfassende ERP-Umgebung leisten können, aber ihre Marketing- und Vertriebsaktivitäten mit denselben Methoden verbessern wollen wie die Großen der Branche. Für diese Firmen sind Online-Serviceangebote durchaus attraktiv. “Wichtig ist bei manchen Kunden nur, dass schnell ein funktionsfähiger CRM-Backbone läuft, der die wesentlichen Prozesse unterstützt,” erklärt diesen Ansatz Eric Bruin, Senior Analyst European Solution Services bei dem Marktforschungsinstitut IDC.