Categories: NetzwerkeUnternehmen

Fußball-WM 2006: Datenschützer sehen Fans unter Generalverdacht

Wer sich ein Spiel der Fußball-WM in Deutschland 2006 ansehen will, muss sich vorher komplett durchleuchten lassen, sagt der Bielefelder FoeBuD e.V., ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern und Datenschützern. Der Verein hatte im März 2004 für Aufsehen gesorgt, als er den Handelskonzern Metro zwang, die RFID-Chips aus den Kundenkarten des Future Store in Rheinberg zu entfernen.

Jetzt haben die Datenschützer das Organisationskomitee der Fußball-WM 2006 im Visier. Bislang sei durchgesickert, dass die Tickets ab 1. Februar per Internet beantragt werden können. In einem Fragebogen müssten die Fans persönliche Daten preisgeben, darunter Bank- oder Kreditkarten-Daten, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, Pass- oder Personalausweis-Nummer und die Präferenz für einen bestimmten Verein.

Diese Daten würden dann nicht nur dem Organisationskomitee, sondern auch den Sponsoren und an der WM beteiligten Drittländern zugänglich gemacht. “Wen in Nigeria geht meine E-Mail-Adresse etwas an? Wieso soll Sponsor Philips erfahren, welchem Verein mein Herz gehört? Und was berechtigt mich, die Daten meines Freundes, für den ich ein Ticket mit ordere, preiszugeben?”, hieß es von FoeBuD-Vorstand ‘padeluun’.

In die Tickets seien RFID-Chips integriert, die angeblich die Sicherheit bei der WM erhöhen sollten. Die Chips verhinderten jedoch kein Attentat oder Schlägerei, so padeluun. “Im Gegenteil, sie vermitteln die Illusion, Überwachung sei das gleiche wie Sicherheit.”

Bei dieser Technik gehe es ums Ausspionieren der Fans, meinte Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, in einem ARD-Interview: “Es kommt gar nicht mehr drauf an, wer die Karte hat, die Karte ist nicht das Entscheidende. Welche Person ist im Stadion, das will man damit feststellen können. Und so sehr ich Verständnis dafür habe, dass man Rowdies rechtzeitig abwehren und erkennen möchte, hier sieht man ganz genau, wohin diese Technologie führt, nämlich zur Überwachung von Menschen.”

Es sei ein Unding, dass DFB und FIFA die Tickets nur ausgeben, wenn man vertrauliche Daten preisgebe, so der FoeBuD. Diesem Zwang sollten sich die Fans nicht aussetzen. FoeBuD-Mitglied Rena Tangens: “Die Fans sollten vom DFB fordern, dass dieses Verfahren geändert und der Fragebogen auf die Bestell-Adresse reduziert wird. Bis dahin sollten sie die WM aus Sicherheitsgründen boykottieren. Die Gefahren für die Privatsphäre sind erheblich, denn Daten, die man einmal abgegeben hat, holt man nie wieder zurück.”

Silicon-Redaktion

Recent Posts

Axel Springer und Microsoft vertiefen Partnerschaft

Mit gemeinsamen Angeboten in den Bereichen Vermarktung, KI, Content und Cloud will man "unabhängigen Journalismus…

2 Stunden ago

Keine Angst vor Phishing

Bereits seit einigen Jahren führt die RGF Staffing Germany Schulungen durch, um die eigenen Mitarbeiter…

8 Stunden ago

Blick ins Innenleben industrieller KI

Das Europäische Forschungsprojekt XMANAI hat den Blick in die KI geöffnet und macht ihre Entscheidungsprozesse…

8 Stunden ago

Wie Hacker Large Language Models für ihre Zwecke nutzen

Hacker nutzen LLM weniger als visionäre Alleskönner-Technologien, sondern als effiziente Werkzeuge zum Verbessern von Standardangriffen,…

9 Stunden ago

Software AG entwickelt KI-gestütztes Process-Mining-Tool

Der "ARIS AI Companion" soll alle Mitarbeitenden darin befähigen, Prozesse zu analysieren und Ineffizienzen aufzudecken.

11 Stunden ago

EM 2024: Fußballfest für Cyberangriffe

Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland nehmen die Cyberbedrohungen für Sportfans zu, warnt Marco Eggerling…

2 Tagen ago