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Besitzerwechsel bei ERP-Anbieter Epicor

Apax Partners verkauft den ERP-Anbieter Epicor nach rund fünf Jahren in seinem Besitz an KKR. Zum Volumen der Transaktion haben die beiden Finanzinvestoren offiziell keine Angaben gemacht. Laut Bloomberg, das sich dabei auf Insider beruft, soll es bei rund 3,3 Milliarden Dollar liegen. Das Wall Street Journal hatte bereits Anfang Mai berichtet, dass Apax einen Käufer für Epicor sucht. Damals standen als Kaufsumme rund 3,5 Milliarden Dollar im Raum.

Epicor in seiner jetzigen Form wurde von Apax aus dem etwa gleichzeitig übernommenen Activant und dem ursprünglichen Epicor geschmiedet. Der fusionierte Unternehmen kam zu Beginn auf einen Umsatz von rund 840 Millionen Dollar. Durch Zukäufe, vor allem in Großbritannien (Solarsoft Business Systems und XKO Software im Jahr 2012) wurde das Geschäft erweitert.

Allerdings lief es offenbar nicht immer, wie von Apax erwartet: 2013 wurde für Beobachter überraschend der CEO ausgetaucht. Doch auch danach legten die Umsätze kaum zu (die zuletzt bei etwa 900 Millionen Dollar lagen), während andererseits ein Schuldenberg angehäuft wurde, der zuletzt weit über eine Milliarde Dollar betrug. Falls der mit dem kolportierten Kaufpreis verrechnet wird, geht Apax aus dem Deal unter Umständen mit etwas Glück also lediglich mit einer schwarzen Null heraus.

Technologisch setzte Epicor auf Microsofts .Net und baute das Engagement dann immer weiter aus. 2014 stellte das Unternehmen dann mit Epicor ERP Version 10 die Code-Basis auf Microsoft-Umgebungen um. Diese Ausrichtung wurde zuletzt noch einmal untermauert, als Epicor das britische Unternehmen Dot Net IT, einen bisherigen Channel-Partner, übernahm, der sich auf Cloud spezialisiert hat. Damit sollte der Cloud-Bereich gestärkt werden, in dem Epicor sich ohnedies schon länger positioniert hat.

Genau hier setzt auch Herald Chen, Mitglied der Private-Equity-Sparte und Head of Technology bei KKR, in der Pressemitteilung zur Übernahme an: “Aufgrund seines herausragenden Teams, der führenden Cloud-fähigen Technologie und dem klaren Kundenfokus ist das Unternehmen hervorragend aufgestellt, seine lange Erfolgsgeschichte fortzuführen.” KKR freue sich nun, zusammen mit Epicor die „nächste Phase des globalen Wachstums zu beschleunigen”. Offen bleibt, ob damit organisches Wachstum, was in dem Umfeld, in dem Epicor tätig ist, schwierig ist, oder das Wachstum durch weitere Zukäufe gemeint ist.

Zweit-ERP mit Cloud-Fähigkeit

Epicor hat sich auf branchenspezifische Lösungen für Kunden aus der Fertigungsindustrie, Handel und Großhandel ausgerichtet. Eigenen Angaben zufolge kann es auf Kunden in mehr als 150 Ländern verweisen, denen es lokalisierte Lösungen für diverse Märkte anbietet. Seine Stärke sei es, so das Wachstum von Unternehmen unterstützen zu können, die in andere Länder expandieren.

Der Haken an der Sache ist, dass diese Firmen Epicor oft nur als Zweit-ERP verwenden. Während die Zentrale weiterhin mit SAP oder einem anderen System arbeitet, kommt Epicor in neuen Landesgesellschaften zum Einsatz. Dieses Vorgehen hat Epicor vor wenigen Jahren zwar selbst noch propagiert, dürfte ihm aber nun nicht mehr passen. Denn in dem Maße, wie auch die großen ERP-Anbieter bei der Cloud-Fähigkeit nachzuziehen um solche – aus ihrer Sicht – “Lücken” abzudecken oder Cloud-fähige, kleinere Varianten ihrer Kernprodukte liefern könne, wird es Epicor zunehmend schwer haben, sich im Auswahlprozess durchzusetzen.

Dennoch erklärt Joe Cowan, President und CEO von Epicor: “Es bleibt unser oberstes Ziel, Cloud-fähige, marktführende Lösungen gepaart mit herausragendem Kundenservice zu liefern. KKR teilt unsere Vision innovative Lösungen mit einem klaren Fokus darauf zu bieten, das Unternehmenswachstum von Kunden zu fördern und nicht nur Software zu erweitern. Dies ist eine aufregende Zeit für Epicor und meine Wertschätzung gilt Apax für seine Unterstützung in den vergangenen fünf Jahren.“

KKR hat in der Vergangenheit in Deutschland schon recht widersprüchliche Reaktionen hervorgerufen. Die Hedge-Funds-Abteilung geriet durch ihre Filetierung von Tenovis, dem drastischen Stellenabbau und den Verkauf der Telekommunikationsfirma an Avaya stark in die Kritik. Allerdings hatte es zuvor auch zusammen mit Goldman Sachs Wincor Nixdorf vom Siemens-Konzern übernommen und bis zum Wiederverkauf aller Anteile im Januar dort die Anzahl der Mitarbeiter nahezu verdoppelt. Auch der Einstieg von KKR beim TK-Unternehmen 2011 Versatel, der im Oktober 2014 mit dem Verkauf an United Internet endete, verlief deutlich allgemeinverträglicher als das Engagement bei Tenovis.

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Redaktion

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