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Embedded Insurance: Bis zu 12-mal mehr Kunden-Touchpoints

Online einkaufen und direkt eine passende Versicherung abschließen. Welche Vorteile dies hat, erklärt Hanna Bachmann, CRO des digitalen Versicherer hepster, im Interview.

Was ist das Neue bei Embedded Insurance?
Die Customer Journey wird dadurch denkbar einfach: Der Kunde bucht, mietet, least oder kauft ein Produkt oder eine Dienstleistung. Je nach Konfiguration passt sich das im Checkout integrierte Versicherungsprodukt im Hintergrund automatisch an die Bedürfnisse des Kunden an und kann dann während der Buchung mit einem Klick zu- oder abgewählt werden. Alles andere – vom Payment über den Versand der notwendigen Dokument oder eine etwaige Schadenabwicklung – passiert im Hintergrund und in Echtzeit.

Warum sollten Versicherer und Unternehmen gerade jetzt den Fokus auf dieses Geschäftsfeld setzen?
Heutzutage suchen Handelsunternehmen und Dienstleister nach Alleinstellungsmerkmalen und der Abgrenzung von der Konkurrenz. Im Zuge der Digitalisierung sind alle Produkte und Leistungen durch den Kunden transparent vergleichbar geworden. Eine radikal verbesserte digitale Customer Journey hat da das Zeug zum Alleinstellungsmerkmal.

Mit der Versicherungsbranche haben wir auf der anderen Seite eine Branche, die nahezu alle gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ignoriert hat. Sie hat sich viel zu lange auf ihren Lorbeeren und ihrem sehr gut laufenden Geschäft ausgeruht und es verpasst, die neuen Kundenbedürfnisse in ihre strategischen Entscheidungen einzubeziehen. Der Kunde von heute konsumiert alles in Realtime: Das Einkaufen passiert online und mit „Same Day Delivery“. Der gesamte Medienkonsum funktioniert nahezu ausschließlich „on demand“ und selbst Banken kommen heute ohne Filialnetz und Kontoauszugsdrucker aus.

Was folgt daraus?
Diese Entwicklungen in den Unternehmen und in den Versicherungen lassen sich vereinen: Das Versicherungsprodukt der Zukunft wird sich klar an die Touchpoints der Endkunden annähern und dort andocken. Wir sind schon heute in der Lage, mittels Daten und Schnittstellen genau die Police zu bauen, die für eine bestimmte Situation gebraucht wird, angepasst auf modularen Leistungsumfang und mit flexibler Laufzeit.

Verlieren die Versicherer durch dieses „Andocken“ nicht an Identität – und werden vom Endkunden, der nur noch ein Gesamtpaket kauft, gar nicht mehr sichtbar?
Mit diesem Trend, der unserer Meinung nach nicht mehr aufzuhalten sein wird, verlieren die Marken der Versicherungskonzerne an Stellenwert. Das ist so. Aber welcher Kunde interessiert sich wirklich dafür, welcher Risikoträger z.B. bei Apple Care im Hintergrund steht? Damit werden Versicherungsanbieter leben müssen – und ich halte das für einen geringen Preis, den es zu zahlen gilt. Was wir als Branche damit gewinnen, ist ein unendliches globales Neukundenpotenzial und die Sicherheit, dass wir auch für die Zukunft eine relevante Rolle am Markt spielen werden.

Inwiefern verändert sich mit solchen Angeboten die Loyalität der Kundschaft?
Kunden, die zuvor nur einmal mit der Marke interagiert haben, treten nach unseren Beobachtungen nun wiederholt mit dem Unternehmen in Kontakt. Durch die meist monatlich gezahlten, kleinen Beiträge für den Versicherungsschutz können Marken nicht nur durchschnittlich ein Prozent mehr Gewinn (nicht Umsatz!) verbuchen, sie können auch die zusätzlichen Kundenkontakte monetarisieren. Die Händler erreichen bis zu 12-mal mehr Touchpoints mit ihren Kunden. Die Interaktion kann so auf ein neues Level gehoben werden und ermöglicht damit einhergehend weitere wichtige Wachstumsmöglichkeiten für Händler und Unternehmen. Da die meisten Anbieter für Embedded Insurance sich um die komplette Abwicklung von der technischen Integration über die Produktentwicklung, den Kundenkontakt bis hin zur Schadenabwicklung kümmern, haben die Händler viele Vorteile ohne höhere eigene Aufwendungen und Investitionen.

Welche IT-Basis braucht es, damit solche Lösungen möglich werden?
Entscheidend für eine erfolgreiche Integration des Versicherungsschutzes ist ein funktionierender Datenaustausch über APIs. Ein elementarer Bestandteil ist zu Beginn eine ordentliche Aufbereitung der Kundendaten. Diese sollten eine gute Struktur vorweisen, sowohl in der Aufbereitung als auch Speicherung. Für eine rasche Bearbeitung müssen die gewonnenen Daten zudem unkompliziert geteilt und weitergeleitet werden können. Darauf aufbauend entstehen Schnittstellen, die wiederum eine zentrale Rolle bei der Integration von Embedded Insurance Lösungen spielen.

Ganz wichtig: Plattformen, die langfristig erfolgreich sein möchten, müssen leicht kompatibel sein. Je unabhängiger und einfacher künftige Änderungen integriert werden können, desto effizienter wird die gemeinsame Weiterentwicklung der einzelnen Komponenten vonstattengehen. Und ganz zu Beginn muss eine strategische Grundsatzentscheidung geklärt sein: Gibt es mehr Argumente für die Eingliederung in ein bestehendes Ökosystem – oder  soll besser ein eigenes Ökosystem geschaffen werden?

Hanna Bachmann

CRO von hepster

Roger Homrich

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