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Infrastruktursoftware ist tot

Ich habe sehr lange gebraucht um es zu bemerken, doch jetzt zweifle ich nicht mehr im Geringsten daran: Infrastruktursoftware hat ausgedient. Somit sind die Tage jener Unternehmen gezählt, deren Kerngeschäft sehr eng mit dem Verkauf von Lizenzen oder Abonnements für Infrastruktursoftwarekomponenten verknüpft ist. Es sieht fast so aus, als sei die gesamte Branche in einem sich immer wieder erneuernden Zyklus gefangen, der die eigene Existenz rechtfertigen soll. Zudem wiederholt sich dieser Zyklus immer schneller. Und wenn wir so weitermachen wie bisher, werden auch wir das Zeitliche segnen.

(Bild: Shutterstock.com/fotoscool)

Lassen Sie mich kurz einen Blick in die Vergangenheit werfen und den Kontext skizzieren. Wir sind spät auf den OpenStack-Zug aufgesprungen. Damals hatten Software-Start-ups wie Piston und Cloudscaling und etablierte Unternehmen wie Red Hat und HP die Nase vorn im Rennen um den Titel “OpenStack-Software-Champions”. Heute, nur fünf Jahre später, blicken wir auf die weltweit größten OpenStack-Implementierungen mit Mirantis, und wir sind in der Lage, uns im Kampf um große Projekte gegenüber einem hoch kompetenten Mitbewerber mit 20 Jahren Open-Source-Historie durchzusetzen.

Nur allzu gerne könnte ich jetzt behaupten, es läge daran, dass die OpenStack-Software von Mirantis einfach viel besser ist als die OpenStack-Software der Mitbewerber, dann würde ich jedoch glatt lügen. Alle OpenStack-Versionen sind gleichermaßen kompliziert. Sie sind genauso komplex wie jede andere Infrastruktursoftware: Softwaredefinierte Netzwerke (SDN), softwaredefinierte Speicher (SDS), Cloud-Management-Plattformen, Platform-as-a-Service (PaaS), Container-Orchestrierer, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle Softwarelösungen sind mit Bugs gespickt, sie sind nur mit großem Aufwand upgradefähig und entwickeln sich im Alltag nicht selten zum Alptraum für Administratoren. Alles sehr vergleichbar komplex.

Es ist an der Zeit einmal ehrlich zu sein: All das spielt keine ausschlaggebende Rolle. Kunden interessieren sich heute nicht für Software. Was für sie zählt, sind Ergebnisse. Der Erfolg von Mirantis beruht darauf, dass wir als Einziger in der Lage sind, unseren Kunden Ergebnisse zu liefern, indem wir auf schlechter OpenStack-Software (ja, mir ist bewusst, dass Software generell fehlerhaft ist) mit unzähligen talentierten Infrastrukturgurus liefern können und diese die Mängel ausbügeln.

Unser Erfolg ist nicht der Software zu verdanken. Er ist darauf zurückzuführen, dass wir alle Mühen, die mit der Umwandlung von OpenStack-Software in Ergebnisse für den Kunden einhergehen, auf uns nehmen.

Vor 17 Jahren transformierte Salesforce.com als Vorreiter für die Anwendung des SaaS-Modells den Markt für Businessanwendungen. Vor zehn Jahren tat AWS dasselbe im Infrastrukturbereich. Keine dieser Transformationen hatte etwas mit der Software selbst zu tun, es ging um das Modell zur Softwarebereitstellung.

Als Salesforce.com startete, war Siebel ein 2-Milliarden-Dollar-Softwareunternehmen. Mit einer besseren Version seiner Software hätte Siebel damals SFDC nicht schlagen können, weil SFDC nicht mit Softwareinnovation aufwartete, sondern ein Bereitstellungsmodell entwickelte, das Kunden die Mühen ersparte, die mit dem Betrieb von (ewig mangelhafter) Enterprise-Software einhergehen.

Im Nachhinein kein Wunder, oder? Wie erklärt es sich dann, dass es heute, nachdem AWS das Infrastrukturbereitstellungsmodell vor zehn Jahren revolutionierte, immer noch Infrastruktur-Start-ups und alteingesessene Unternehmen gibt, die durch die Auslieferung einer besseren Version ihrer Infrastruktursoftware versuchen, Marktanteile zu gewinnen? Ist es nicht dasselbe wie wenn Siebel versuchte hätte, SFDC zu schlagen, indem es “bessere” CRM-Software entwickelt und diese weiterhin auf CDs ausliefert?

Von Analysten werde ich immer wieder gefragt: “Ist OpenStack reif für den Einsatz im Unternehmen?” Nur ein paar Jahre noch, dann ist es soweit. Mitnichten. OpenStack ist fundamentale Unternehmenssoftware. Keine Unternehmenssoftware, die mit Standardsoftwarekomponenten ausgeliefert wird, ist heute reif für Unternehmen, die vom Cloud-Betriebsmodell abhängig sind. Dies trifft insbesondere auf Cloud-Software selbst zu.

Mirantis ist mit einem “Services zuerst”-Ansatz in den Markt gegangen und hat sich darauf konzentriert, Kunden in Sachen Entwicklung und Betrieb von OpenStack zu unterstützen, bevor eine OpenStack-Software-Distribution freigegeben wurde. Bis dato verstehen viele das Geschäftsmodell nicht. “Möchten Sie ein Produkt- oder ein Services-Unternehmen sein?”, werden wir gefragt. “Ist AWS ein Produkt- oder ein Services-Unternehmen?”, entgegne ich.

Wer über Cloud spricht, muss den Begriff “Produkt” neu definieren. Software ist das Produkt von gestern. Das Produkt von heute ist eine Kombination aus Software und, was noch wichtiger ist, Service, um die Software zu betreiben, sodass der Kunde die gewünschten Ergebnisse erzielt. Wenn Mirantis also primär als Services-Unternehmen angesehen wird, antworte ich darauf: “Ja, das sind wir, worauf Sie sich verlassen können!”

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Redaktion

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