Die US-Amerikaner Jimmy Wales und Larry Sanger hatten zuvor mit dem Projekt Nupedia experimentiert, bei der die Auswahl der Autoren strengen Kriterien unterlag. Das Projekt kam jedoch nur schleppend voran. So setzten Wales und Sanger auf das gegenteilige Prinzip – sie öffneten die Enzyklopädie. Fortan durfte jeder mitschreiben – egal ob Schüler oder Professor – um eine Quelle frei verfügbaren Wissens zu schaffen.

Am 15. Januar 2001 ging die englische Version unter wikipedia.org online. Die deutsche Variante folgte einen Tag später. Die ersten Artikel waren nicht gerade beeindruckend. Zu Schweden hieß es etwa: “Land in Nordeuropa. Einwohner werden Schweden genannt. Es wird Schwedisch gesprochen. Hauptstadt ist Stockholm.” Und zu Physik wurde mitgeteilt: “Sehr großes Fachgebiet.”


David Peters & Lane Hartwell für Wikimedia Foundation

Doch bald begann ein phänomenales Wachstum. Nach einem Monat waren bereits 1000 Artikel online. In den folgenden Jahren kamen immer neue Texte und Sprachversionen hinzu. Zehn Jahre später sind nach Wikipedia-Angaben 17 Millionen Artikel in 270 Sprachen verfügbar. Rund 100.000 Menschen arbeiten mit. Laut comScore wurde die Enzyklopädie im November 2010 von 400 Millionen Menschen aufgerufen – damit sei Wikipedia die fünftgrößte Webseite der Welt.

Wikipedia hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich – die vor allem durch die Debatte um die Qualität der Einträge bestimmt war. Diese Debatte wurde zuletzt immer leiser – auch das akademische Umfeld scheint seine vornehme Zurückhaltung nach und nach aufzugeben. Die Zeitschrift Nature hatte bereits im Dezember 2005 eine Untersuchung veröffentlicht, aus der hervorging, dass die Qualität von Wikipedia nicht schlechter sei als die der Encyclopaedia Britannica.

Eine Million der 17 Millionen Einträge sind in Deutsch verfasst – damit ist die deutsche Wikipedia die zweitgrößte Sprachversion. Nach einer aktuellen Umfrage, die Forsa im Auftrag des Bitkom unter rund 1000 Bundesbürgern durchgeführt hat, ist die Enzyklopädie für 93 Prozent der deutschen Internetnutzer ein Begriff.

Vor allem für junge Deutsche ist die Wikipedia demnach nicht mehr wegzudenken. Bei jedem Dritten in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen ist die Seite erster Anlaufpunkt für Recherchen im Netz. Bei den über 50-Jährigen sind es mit 17 Prozent nur halb so viele. Die kostenlose Teilhabe ist offenbar ein wichtiger Erfolgsfaktor. Denn nur 20 Prozent der Wikipedia-Nutzer wären bereit, für den Zugang zur Seite zu bezahlen. Zu den größten Herausforderungen gehört neben der Finanzierung die Qualitätssicherung der Inhalte.

Den zehnten Geburtstag feiert die Wikipedia rund um den Globus. Für die kommenden Jahre hat die Community anspruchsvolle Ziele. “Im Jahr 2015 wollen wir eine Milliarde Menschen erreichen”, sagte Sue Gardner, Executive Director des Wikipedia-Trägers Wikimedia Foundation. “Wir wollen mehr Leser davon überzeugen, selbst zu schreiben. Mehr Frauen und mehr Menschen aus dem globalen Süden sollen mitmachen. Je facettenreicher die Community wird, desto umfassender, genauer und reicher wird auch die Enzyklopädie.” Auch Jimmy Wales ermunterte zum Mitmachen:



Lesen Sie auch : CRM: Die Qual der Wahl
Silicon-Redaktion

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  • Ahahahahahh!!
    Ich habe einen Artikel in der englischsprachigen Wikipedia, abgefaßt etwa 2004; der lebt noch, stark erweitert und von mir zu einem späteren Zeitpunkt mit Literaturangaben versehen, als diese Pflicht wurden.

    Alle späteren Versuche meinerseits, später das, was meiner Auffassung nach fehlte, anzulegen und zu ergänzen, ist an der Relevanzpolizei gescheitert. Das Problem liegt hier hauptsächlich bei den Einträgen über Personen, zumal lebende.

    Ich finde, daß jeder Autor, der bei einem 'normalen' Verlag erscheint, zumindest einen Eintrag in der Wikipedia haben dürfen sollte, jeder professionelle Künstler, der einen Galeristen hat, und jeder Firmengründer, der es auf mehr als 50 Mitarbeiter geschafft hat, und jeder Fachwissenschaftler, der eine Habil abgegeben hat, sowie Personen, die irgendwo in der Schnittmenge zwischen diesen Definitionen stehen. Sogar Journalisten und Blogger mit größerer Reichweite könnte man dazunehmen.

    Die deutschsprachige Wikipedia dagegen hat irgendeine schnelle Eingreiftruppe, die innerhalb von Minuten alles als irrelevant rauswirft, wovon der passende Wikipedianer noch nie gehört hat. Wenn sich irgendein Spezialexperte im Fernsehen über sein Thema verbreitet, und ich nachgucken will, was seine Kompetenz ist, hat es schon fast keinen Sinn mehr, in der Wikipedia nachzugucken -- sie werden ihn wegen Irrelevanz und/oder Verdacht der Selbstdarstellung eh rausgeworfen haben.

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