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“Digitale Nomaden” – ein Modell mit Zukunft?

Homeoffice-Regelungen und Teilzeitmodelle sind längst bewährter Alltag in modernen, digitalen Unternehmen. Die Grundlagen für einen zunehmend flexiblen Arbeitsalltag kommt meistens von den Mitarbeitern: Die Work-Life-Balance wird immer mehr Menschen wichtig und sie setzen sich für neue Regelungen ein. Arbeitnehmer und -geber, die diesen Wandel nicht aktiv mitgestalten, drohen attraktive Stellen einerseits und qualifizierte Nachwuchskräfte andererseits zu verlieren.

Hermann Roden, der Autor dieses Gastbeitrags für silicon.de, ist Senior Director Customer Success EMEA bei Jive Software, einem Unternehmen von Aurea (Bild: Jive Software)

Aktuellen Zahlen zufolge würde mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer ihre Anstellung kündigen, sofern sie bei einem anderen Unternehmen mehr Flexibilität, zum Beispiel in Form von Homeoffice-Regelungen eingeräumt bekämen. Die Bedürfnisse einiger Arbeitnehmer, vor allem Freelancer, gehen sogar noch einen Schritt weiter: Als digitale Nomaden arbeiten sie ortsunabhängig und zu jeder Zeit. Sie verzichten dank Technologie komplett auf ein Büroleben und verlagern ihren Arbeitsplatz auf gemütliche Almhütten in den Bergen oder eine Strandbar auf Bali. Ihre Arbeitszeiten sind ungebunden und stets über alle Zeitzonen hinweg vernetzt.

Ein Modell für die Zukunft – doch wie zuverlässig ist es? Wie können ganze Teams als digitale Nomaden zusammenarbeiten? Wie lassen sich gemeinsam Projekte umsetzen, wenn das Team über den Erdball verstreut ist? ? Und welche Stellschrauben muss man drehen, damit dieses Arbeiten erfolgreich ist?

Wie das Homeoffice salonfähig wurde

Homeoffice scheint vielerorts schon etabliert: Einer repräsentativen Umfrage des Bitkom zufolge kommt dieses Modell zunehmend zur Anwendung. Boten 2014 nur 20 Prozent der Unternehmen das Arbeiten von Zuhause an, waren es zwei Jahre später bereits 30 Prozent – Tendenz steigend. Dennoch bleiben einige Unternehmen skeptisch: Sie fürchten Kontrollverlust, Vertrauensmissbrauch, sinkende Produktivität und unzureichende Kommunikation.

Einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Bitkom zufolge setzt inzwischen jedes dritte Unternehmen auf Mitarbeiter im Homeoffice. (Grafik: Statista)

Diese weit verbreiteten Vorurteile sind sehr bedauerlich, wenn man das große Potenzial des Homeoffice betrachtet: Das Arbeiten von Zuhause ist ein Konzept, das den Mitarbeitern entgegenkommt und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf schafft. Auch Unternehmen profitieren von diesem Modell: Bei manchen Mitarbeitern steigt die Produktivität, weil sie das Homeoffice entlastet und der Heimarbeiter einen ablenkungsarmen Ort findet, um seine Aufgaben in Ruhe zu bearbeiten. Gleichzeitig trägt es zur Zufriedenheit der Belegschaft bei und damit auch zur Bindung an den Arbeitgeber.

Mittlerweile gibt es zudem eine Vielzahl von technologischen Möglichkeiten, die Zusammenarbeit von Teams über zeitliche und räumliche Distanzen hinweg zu ermöglichen – ohne Verluste von Professionalität oder Zeit. Arbeiten von zuhause ist heute einfacher denn je. Was für die Arbeit aus dem Home-Office gilt, lässt sich natürlich auch auf ortsungebundenes Arbeiten übertragen. Das ist allein eine Frage der Organisation und digitalen Infrastruktur.

Eine gute Organisation ist die halbe Miete

Was gilt es nun von Unternehmensseite umzusetzen? Die Schlüsselwörter lauten: Organisation und Infrastruktur. In diesen Bereichen müssen Anpassungen vorgenommen werden, will man das Unternehmen fit für den Arbeitsalltag im 21. Jahrhundert und Arbeitsmodelle wie das der digitalen Nomaden möglich machen. Auch sollte zunächst definiert werden, welche Positionen überhaupt dafür infrage kommen. Innerhalb eines Unternehmens können sicher nicht alle Mitarbeiter in den Genuss kommen, von zuhause oder unterwegs aus zu arbeiten. Der Empfang eines Unternehmens beispielsweise muss persönlich besetzt sein und kann nicht in die Ferne verlegt werden.

Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitern zunehmend, zumindest gelegentlich aus dem Homeoffice zu arbeiten, wie eine 2016 vorgelegte Erhebung des Bitkom zeigt. (Bild: Bitkom)

Die erste Stellschraube dreht man am besten im Bereich Organisationstruktur: Sollen die Arbeitsabläufe aufgebrochen und geändert werden, müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern erst einmal viel Vertrauen entgegenbringen. Unternehmen dürfen insofern keine zwanghaften Kontrollmechanismen für digitale Nomaden und Heimarbeiter einführen, sondern müssen auf Vertrauen setzen. Grundsätzlich werden Mitarbeiter, unabhängig von ihrem Arbeitsort vordergründig an ihrer Leistung gemessen und im Regelfall sagt die Anwesenheit weder im Büro, noch im Homeoffice oder sonst wo etwas über die Produktivität aus. Insbesondere am flexiblen Arbeitsplatz, zuhause oder unterwegs, schaffen Mitarbeiter ihre Aufgaben aufgrund der ruhigeren beziehungsweise selbstgewählten Umgebung sogar schneller als im Büro.

Die begleitende Kernfragen bei der Umsetzung: Gibt es bestimmte Anwesenheitspflichten, zum Beispiel zu den Kernarbeitszeiten? Inwieweit müssen die mobil arbeitenden Mitarbeiter erreichbar sein? Was gilt es für die Teamkommunikation zu beachten? Falls es doch mal zu einem Vertrauensmissbrauch kommt, müssen Unternehmen klar kommunizieren, dass die Flexibilisierung des Arbeitsplatzes nicht von beruflichen Verantwortlich- und Verbindlichkeiten freistellt.

Falls nötig, kann in diesem Fall auch ein täglicher Arbeitsplan aufgesetzt werden, der zu schaffende Aufgaben umfasst und so mehr Transparenz schafft. Auf welche Art und Weise auch immer: Modelle für flexible Arbeitszeiten funktionieren nur durch klare Vereinbarungen.

IT-Infrastruktur für mobiles Arbeiten nachrüsten

Um als digitaler Nomade erfolgreich umherzuziehen, kommt es auch auf die entsprechende IT-Infrastruktur an. Unternehmen sollten daher die aktuellen technologischen Möglichkeiten nutzen, um den eigenen Mitarbeitern mobiles Arbeiten möglichst nutzerfreundlich zu ermöglichen.

Entsprechende Hardware wie leistungsstarke Laptops und Smartphones sind eine Komponente. Dazu kommt es vor allem auf die Software an: Sogenannte Social-Collaboration-Software ist speziell auf die Bedürfnisse des mobilen Arbeitens ausgelegt, da diese meist dank cloudbasierten Lösungen den einfachen, sicheren Zugriff auf Daten und Informationen auch außerhalb des unternehmenseigenen Netzwerks ermöglichen.

Zudem bieten interaktive Intranets wie diese eine Vielzahl an Funktionen, zum Beispiel Messenger-Tools, die den Austausch von Wissen, Dokumenten und Informationen zwischen einzelnen Mitarbeitern und verschiedenen Teams ermöglichen. Gleichzeitig gibt es dazugehörige Apps, wodurch Mitarbeiter alle Anwendungen und Zugänge auch auf mobilen Endgeräten nutzen können. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter noch immer mit herkömmlichen stationären PCs ausstatten, müssen also unbedingt nachrüsten, um die für ein Arbeiten von zuhause oder unterwegs notwendige technologische Ausstattung bereitzustellen.

Was Arbeitnehmer beachten sollten

Die To-Do-Liste für die Arbeitgeberseite sind das eine. Aber auch Mitarbeiter, die ortsunabhängig ihre Aufgaben erledigen, müssen ihren Teil der Abmachung erfüllen. Nur wer die entsprechende Organisationsfähigkeit und effektives Zeitmanagement mitbringt, kann die Aufgaben auch außerhalb des Büros erledigen. Manch einer wird das noch aus der Studienzeit kennen: Jenseits des gewohnten Arbeitsplatzes warten vielerlei Ablenkungen – wie also den Überblick darüber behalten, was wann gemacht werden muss?

Hilfreich können hier Projektmanagement-Tools und digitale To-Do-Listen sein, die dabei helfen, sich und seinen Workload zu sortieren und die Erledigung der eigenen Aufgaben zu planen. Es gilt umgekehrt auch Eigenverantwortung für sich selbst zu übernehmen, sodass die Flexibilität nicht zu einem Zwang von ständiger Verfügbarkeit wird.

Feierabend, Wochenende oder Urlaub unterliegen besonderen Umständen – die Erholungszeiten dürfen nicht leiden und man muss auch nicht immer und ständig verfügbar sein. Es muss fixiert werden, dass Arbeitszeit, Arbeitszeit und Pausenzeit, Pausenzeit ist. Dafür sollten beide Seiten klare Strukturen schaffen, auf die man sich verlassen kann.

Als einer der wichtigsten Tipps gilt: Kommunikation ist alles, vor allem bei flexiblen Arbeitszeitmodellen. Wer als digitaler Nomade arbeitet, sollte sich stets eng mit Vorgesetzten und Kollegen abstimmen sowie zu jeder Zeit klar und transparent kommunizieren. Nur so kann man Missverständnissen vorbeugen. Eine kurze Info an den Vorgesetzten und das Team darüber, an welcher Aufgabe man gerade arbeitet und wie man seine Zeit einteilen möchte, bewirkt manchmal Wunder.

Über den Autor

Hermann Roden ist als Senior Director Customer Success bei Jive Software, einem führenden Unternehmen für Social-Collaboration-Software, verantwortlich für den Dienstleistungsbereich in Europa, dem Nahne Osten und Afrika. Er kann auf umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Beratung, Vertrieb und Einführung von Enterprise-Softwarelösungen zurückblicken. Zuvor war der in München ansässige Diplom-Kaufmann bereits in verschiedenen international agierenden Unternehmen im Dienstleistungs- und Vertriebsmanagement tätig, unzer anderem neun Jahre bei Oracle, wo er zuletzt als Director Application Consulting gearbeitet hat. Hermann Roden hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg studiert.

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Redaktion

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