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Patentstreit: Samsung muss Apple Schadensersatz in Milliardenhöhe zahlen

Apples iPad neben dem Samsung Galaxy Tab. Quelle: CNET.

Nach nur 21-stündigen Beratungen und innerhalb von weniger als drei Tagen entschieden sie, Samsung habe mit zahlreichen Smartphones absichtlich Patente und geschützte Geschmacksmuster von Apple verletzt. Sie erlegten Samsung dafür eine Schadenersatzzahlung von 1,05 Milliarden Dollar auf.

Apple hatte ursprünglich sogar einen Schadenersatz von 2,7 Milliarden Dollar gefordert. Samsung scheiterte mit seiner Gegenklage völlig und erhielt keinerlei Schadenersatz zugesprochen, obwohl es 421 Millionen Dollar gefordert hatte. Die Jury befand vielmehr, Apple habe die von Samsung angeführten Patente nicht verletzt.

Eindeutiger hätte ein Urteil kaum ausfallen können. Die verbliebenen neun Geschworenen hatten einen 20-seitigen Fragebogen mit rund 700 einzelnen Fragen durchzuarbeiten, die in 33 Gruppen aufgeteilt waren. Sie entschieden dabei in fast allen Punkten zugunsten von Apple. Zu berücksichtigen hatten sie zugleich Anweisungen mit einem Umfang von 109 Seiten. Ihre Entscheidungen betrafen eine ganze Palette von Samsungs Smartphones und Tablets, die sie im Beratungsraum mit iPhone und iPad vergleichen konnten. Sie mussten den von ihnen angesetzten Schadenersatz für jedes einzelne Gerät beziffern.

Die Jury bejahte Samsungs Verstöße gegen Apples Schutzrechte, wenn auch nicht bei allen Produkten. Bei fünf von sechs Patenten erkannte sie auf vorsätzliche Verletzung. Sie folgte nicht der Argumentation Samsungs und zog die Gültigkeit der Schutzrechte nicht in Zweifel, auch nicht der von Apple angeführten Handelsaufmachung, die Samsung durch zu ähnliche äußere Gestaltung verletzt haben soll.

Entscheidend zu seiner Niederlage dürften interne Dokumente Samsungs beigetragen haben, die während des gut dreiwöchigen Verfahrens enthüllt wurden. Zwei interne Studien verglichen detailliert Leistung und Benutzererfahrung von Samsung-Geräten mit iPhone und iPad, zeigten Schwachstellen auf und empfahlen Verbesserungen. Die Geschworenen zogen daraus offenbar den von Apple nahegelegten Schluss, Samsung habe bewusst Geräte und Funktionen kopiert.

“Das heutige Urteil sollte nicht als ein Sieg für Apple betrachtet werden, sondern als ein Verlust für den amerikanischen Verbraucher”, erklärte Samsung nach dem Urteil. “Es wird zu weniger Auswahl führen, weniger Innovation und potenziell höheren Preisen.” Es sei unglücklich, dass das Patentrecht manipuliert werden könne, um einem Unternehmen das Monopol über Rechtecke mit gerundeten Ecken zu geben, oder über Technologien, die täglich von Samsung und anderen Unternehmen weiterentwickelt werden.

Apples Anwalt Harold McElhinny bei einem der Verhandlungstage. Quelle: Vicki Ellen Behringer/CNET.

Samsung ist offenbar entschlossen, die verhängte Schadenersatzzahlung anzufechten und gegebenenfalls in Berufung gegen das Urteil zu gehen. “Dies ist nicht das letzte Wort in diesem Fall oder in den Kämpfen, die in Gerichten rund um die Welt ausgetragen werden, von denen einige Apples Ansprüche bereits zurückgewiesen haben”, betont die Erklärung. “Samsung wird weiterhin innovieren und dem Verbraucher Wahlmöglichkeiten bieten.”

Apple hingegen bedankte sich bei der Jury für ihre Dienste und sprach von einem “Berg von Beweismaterial”, der im Verfahren gezeigt habe, dass “Samsungs Nachahmung sogar weiter ging, als wir es wussten”. Der iPhone-Hersteller will dabei gar nicht das Materielle im Vordergrund sehen: “Bei den gerichtlichen Streitigkeiten zwischen Apple und Samsung ging es um viel mehr als Patente oder Geld. Es ging um Werte.”

“Bei Apple schätzen wir Originalität und Innovation sehr und engagieren uns dafür, die besten Produkte der Welt zu schaffen”, heißt es weiter. “Wir machen diese Produkte, um unsere Kunden zu erfreuen und nicht, damit unsere Wettbewerber sie schamlos kopieren. Wir applaudieren dem Gericht dafür, dass es Samsungs Verhalten als vorsätzlich befunden sowie eine laute und klare Botschaft geschickt hat, dass Stehlen falsch ist.” An der Börse beflügelte das Urteil den Kurs der Apple-Aktie: Nachbörslich stieg das Papier um knapp 12 auf fast 675 Dollar.

[mit Material von Josh Lowensohn, News.com]

Redaktion

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  • Wenn die Produkte mit dem lustigen angebissenen Apfel doch ach' so gut wären, wie deren Hersteller selbst und auch die durch eben diesen (selbst und freiwillig) entmündigten Anwenderschaaren versuchen zu propagieren, wäre eine Nachahmung eigentlich zwecklos.

    Und somit auch dieser in jeder Hinsicht nutzlose Streit um Geschmacksmuster und Patente völlig überflüssig.

    Sollte das Urteil allerdings tatsächlich Bestand haben, würde ich keinen angebissenen Apfel mehr auf der Fensterbank liegen lassen ... könnte ja sein, dass man ein geschütztes Geschmacksmuster verletzt.

    Es ist allerdings zum einen zu befürchten, dass die US-amerikanische Gerichtsbarkeit in gewohnter Weise den heimischen Hersteller und Markt schütz, zum anderen aber auch das die US-amerikanische Praxis, selbst die noch so trivialste Formgebung und Funktion zum Geschmacksmuster oder Patent zu erheben ungehindert so weiter geht.

    Das ist bei den Geschmacksmuster und Patenten genau wie bei den Rating-Agenturen: Glaubt irgendjemand auf dieser Welt die US-Amerikaner würden mal erst vor der eigenen Tür kehren, bevor sie versuchen die Welt zu belehren ?

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