Soap Opera: Sun ist der heimliche SCO-Lizenznehmer

Das seit Monaten andauernde Drama um Unix, Linux, Urheberrechte und Lizenzen hat eine überraschende Wendung genommen.

Das seit Monaten andauernde Drama um Unix, Linux, Urheberrechte und Lizenzen hat eine überraschende Wendung genommen: Sun Microsystems ist der bisher unbekannte zweite Lizenznehmer von SCOs Unix-Software System V Release 4. Bekannt wurde der Deal, der schon im Februar geschlossen wurde, erst jetzt durch eine Pflichtmitteilung von SCO an die Börsenaufsicht: Mehrere große Anteilseigner des Unternehmens wollen ihre Beteiligungen reduzieren.

Mit der Vereinbarung werden die bereits bestehenden Rechte auf Unix erweitert. Benötigt wurden die weiteren Lizenzen nun für Treiber für die X86-Solaris-Plattform, bestätigte Sun.
Seit 1994 nutzt Sun Unix-Lizenzen für sein Solaris. Man habe sich seitdem immer sehr darum bemüht, die Lizenzzierung “extrem sauber” zu halten, so ein Sun-Sprecher. Insgesamt 82 Millionen Dollar seien bisher in die Unix-Rechte geflossen. Sie ermöglichen es Sun sogar, den Source-Code gegenüber bestehenden Kunden offen zu legen.

Auch für seine Linux-Produkte hat Sun bis vor kurzem seine eigene Distribution verwendet, die somit von den Unix-Lizenzen gedeckt gewesen wäre, wenn SCOs Ansprüche denn zutreffen sollten. Seit drei Monaten aber arbeitet Sun mit anderen Distributoren wie Redhat zusammen. Der Unternehmenssprecher räumte ein, derzeit sei noch unklar, ob die rechtliche Absicherung der Unix-Produkte sich nun auch auf die gemeinsam mit Partnern entwickelten Linux-Produkte erstrecke oder nicht.

Sun hat mit SCO aber noch weitere Vereinbarungen getroffen, die von strategischer Bedeutung sein könnten. Scott McNealy hat sich die Option zusichern lassen, bis zu 210.000 Aktien des Softwareunternehmens zum Preis von 1,83 Dollar zu kaufen. Bisher war darüber spekuliert worden, dass SCO mit seinen Klagen möglicherweise eine Akquisition durch IBM erzwingen wolle.

Mit dem Lizenzvertrag schlägt sich Sun auf die Seite von SCO und Microsoft. Der Softwareriese hat erst vor zwei Monaten einen Unix-Lizenzvertrag unterschrieben. Im gegnerischen Lager stehen, so betrachtet, IBM und die Open-Source-Community. SCO verklagt Big Blue inzwischen auf 3 Milliarden Dollar Schadenersatz, weil Weiterentwicklungen von Unix, die für IBMs Derivat AIX gedacht waren, an die Linux-Gemeinde weitergegeben haben soll. Bisher ist SCO jeden Beleg dafür schuldig geblieben.

Die Lizenzierung wird auch deshalb mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, weil Sun keine Scheu gezeigt hat, die Unsicherheit im Markt für sich zu nutzen. Nachdem SCO IBM im März auf Schadenersatz verklagte, hieß es von Sun noch am selben Tag, man biete den Kunden einen “sicheren Hafen”, wenn es um Unix und Linux gehe.

In der Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC wird nun außerdem deutlich, wie angeschlagen SCO sein muss. Interessenten für die zum Verkauf stehenden Aktien werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Lizenzgeschäft mit Unix-Rechten keinen stetigen Umsatzstrom verspreche. Außerdem mache das Unternehmen bis auf eine Ausnahme in jedem Quartal Verluste.

silicon meint: Wenn sich Scott McNealy da mal nicht die Finger verbrennt. Auf der sicheren Seite stehen ist ja grundsätzlich nicht schlecht. Aber sich damit so provokativ gegen Big Blue aufzustellen, wozu soll das gut sein? Bisher werden den Klimmzügen von SCO keine guten Chancen attestiert, und auch Microsofts Lizenzierungs-Motive werden eher in die Intrigen-Kiste einsortiert. Aber vielleicht weiß Mr. McNealy einfach mehr als alle anderen?