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2004: Das Jahr der Bewährung für Linux

Die Triebwerke sind gezündet, die Passagiere haben Platz genommen und der Tower hat Starterlaubnis erteilt. Es kann los gehen mit Linux und seiner Reise in die große weite Welt der Unternehmens-IT. Bitte gut anschnallen, es könnte etwas turbulent werden.
Das abgelaufene Jahr war für Linux ein Jahr der Selbstfindung, was seine künftige Rolle in der Industrie betrifft. Ein notwendiger Prozess, denn wenn das Betriebssystem im Unternehmen Erfolg haben soll, muss es strukturell innerhalb der Industrie eingebettet sein, auch im kommerziellen Sinn. Es muss klar sein, wer was leistet und wie er davon profitiert.

Schwergewichtige Hersteller von Hardware und Anwendungen, allen voran IBM, können bestimmte Dinge nicht mehr der schwer fassbaren Open-Source-Gemeinde überlassen. Microsofts Behauptung, dass ein Softwarehersteller mit Tausenden von Entwicklern auf Sicherheitslücken beispielsweise schneller reagieren kann als die Diaspora von freiwilligen Entwicklern rund um den Globus, soll ins Leere laufen.

Seit IBM sich Linux auf die Fahnen geschrieben und den eigenen Erfolg vom Erfolg von Linux abhängig gemacht hat, ist viel passiert. Kein Zufall also, dass Linux-Vater Linus Torvalds einen Vollzeit-Job beim OSDL (Open Source Development Lab) übernehmen musste. Kein Zufall, dass Suse mit IBMs Segen bei Novell unterkommt und dass Big Blue sich finanziell bei Novell engagiert. Sogar eine aufwändige Werbekampagne hat sich IBM für das Open-Source-Betriebssystem geleistet.

Ordnung ist also angesagt, kommerzielle Strukturen und wirtschaftlicher Erfolg. Das gilt insbesondere für die beiden Großdistributionen Suse und Red Hat. Red Hat ist schon an der Börse notiert, erzielt bereits Profite und wird künftig daran gemessen und nicht an der Anzahl der Allianzen und Kooperationsabkommen mit Industrieschwergewichten. Und Suse wird Novell beweisen müssen, dass die paar Hundert Millionen Dollar gut investiert waren.

Die Voraussetzungen für den Erfolg stehen gut, für alle Beteiligten. Technisch gesehen hat Linux überhaupt nichts zu befürchten. Das Betriebssystem ist bereits jetzt solide, leistungsfähig und stabil genug für die meisten Anwendungen, und der neue Kernel wird alles nur besser machen. Es wird zwar immer noch nicht die Skalierbarkeit von Solaris besitzen und nicht die Bandbreite an Anwendungen von Windows, doch dafür hat es einen anderen entscheidenden Vorteil: Es wird gewollt, und zwar von allen Seiten. Von der Industrie gleichermaßen wie von den Anwendern und den Regierungen.

Doch die neuen Strukturen für Linux müssen sich auch auf längere Sicht als tragfähig erweisen. Passen sie wirklich mit dem zusammen, was Linux und die Open Source bisher groß gemacht haben? Wie gut funktioniert das Zusammenspiel zwischen Open-Source-Gemeinde und kommerziellen Interessen? Werden die Großdistributionen aus Gründen der Differenzierung eines Tages auch die gemeinsame Basis auseinanderreißen? Droht Linux gar dasselbe Schicksal wie Unix vor zwanzig Jahren? Das kommende Jahr wird es zeigen.

Silicon-Redaktion

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